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Dokumentas 62022CJ0005

    Urteil des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 30. März 2023.
    Green Network SpA gegen SF u. a.
    Vorlage zur Vorabentscheidung – Elektrizitätsbinnenmarkt – Richtlinie 2009/72/EG – Art. 37 – Anhang I – Aufgaben und Befugnisse der nationalen Regulierungsbehörde – Verbraucherschutz – Verwaltungskosten – Befugnis der nationalen Regulierungsbehörde, die Rückzahlung von Beträgen anzuordnen, die Endkunden aufgrund von Vertragsklauseln gezahlt haben, wegen deren die Behörde eine Sanktion verhängt hat.
    Rechtssache C-5/22.

    Europos teismų praktikos identifikatorius (ECLI): ECLI:EU:C:2023:273

    Rechtssache C‑5/22

    Green Network SpA

    gegen

    SF
    und
    YB
    und
    Autorità di Regolazione per Energia Reti e Ambiente (ARERA)

    (Vorabentscheidungsersuchen des Consiglio di Stato)

    Urteil des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 30. März 2023

    „Vorlage zur Vorabentscheidung – Elektrizitätsbinnenmarkt – Richtlinie 2009/72/EG – Art. 37 – Anhang I – Aufgaben und Befugnisse der nationalen Regulierungsbehörde – Verbraucherschutz – Verwaltungskosten – Befugnis der nationalen Regulierungsbehörde, die Rückzahlung von Beträgen anzuordnen, die Endkunden aufgrund von Vertragsklauseln gezahlt haben, wegen deren die Behörde eine Sanktion verhängt hat“

    Rechtsangleichung – Angleichungsmaßnahmen – Gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt – Richtlinie 2009/72 – Regulierungsbehörden – Aufgaben und Befugnisse – Befugnis der nationalen Regulierungsbehörde, die Rückzahlung von Beträgen anzuordnen, die Endkunden aufgrund von Vertragsklauseln gezahlt haben, wegen deren die Behörde eine Sanktion verhängt hat – Rückzahlungsanordnung wegen Verletzung von Tariftransparenzanforderungen – Zulässigkeit

    (Richtlinie 2009/72 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 36 Buchst. g, Art. 37 Abs. 1 Buchst. i und n, Abs. 3, Abs. 4 Buchst. d und Abs. 6 sowie Anhang I)

    (vgl. Rn. 22, 24‑26, 28, 30 und Tenor)

    Zusammenfassung

    Die nationalen Energieregulierungsbehörden können befugt sein, Elektrizitätsunternehmen die Rückerstattung von Beträgen aufzuerlegen, die unter Verstoß gegen die Erfordernisse des Verbraucherschutzes erhoben wurden

    Der Verbraucherschutz gehört nämlich zu den Aufgaben dieser Behörden

    Im Jahr 2019 verhängte die Autorità di Regolazione per Energia Reti e Ambiente (Regulierungsbehörde für Strom, Netze und Umwelt, Italien) gegen Green Network, ein Strom- und Erdgasversorgungsunternehmen, eine Geldbuße in Höhe von 655000 Euro wegen Verletzung von Tariftransparenzanforderungen. Die Behörde wies Green Network außerdem an, ihren Endkunden einen Betrag von 13987495,22 Euro zurückzuzahlen, der diesen aufgrund einer von der Behörde für rechtswidrig gehaltenen Vertragsklausel als Verwaltungskosten in Rechnung gestellt worden war.

    Nach erfolgloser Anfechtung dieser Entscheidung vor einem Verwaltungsgericht legte Green Network beim Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) Berufung ein, vor dem sie geltend machte, dass die im italienischen Recht vorgesehene Befugnis der nationalen Regulierungsbehörde, die Rückerstattung der den Kunden in Rechnung gestellten Beträge zu verlangen, gegen die Richtlinie 2009/72 ( 1 ) verstoße.

    Vor diesem Hintergrund hat der Staatsrat dem Gerichtshof zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, die sich auf Art. 37 Abs. 1 und 4, der die Befugnisse der Regulierungsbehörden regelt, und auf Anhang I der Richtlinie 2009/72 beziehen, der die von den Mitgliedstaaten zum Schutz der Verbraucher zu ergreifenden Maßnahmen aufführt.

    In seinem Urteil stellt der Gerichtshof klar, dass Art. 37 Abs. 1 Buchst. i und n ( 2 ) und Abs. 4 Buchst. d ( 3 ) sowie Anhang I der Richtlinie 2009/72 einen Mitgliedstaat nicht daran hindern, der nationalen Regulierungsbehörde die Befugnis zu übertragen, Elektrizitätsunternehmen anzuweisen, ihren Endkunden den Betrag der Gegenleistung zurückzuzahlen, die diese aufgrund einer von dieser Behörde für rechtswidrig gehaltenen Vertragsklausel als „Verwaltungskosten“ gezahlt haben. Das Gleiche gilt in den Fällen, in denen die Rückzahlungsanordnung nicht auf Gründen der Qualität der betreffenden, von den Unternehmen erbrachten Dienstleistung beruht, sondern auf der Verletzung von Tariftransparenzanforderungen.

    Würdigung durch den Gerichtshof

    Der Gerichtshof stellt zunächst fest, dass die Richtlinie 2009/72 zur Verfolgung der oben genannten Ziele von den Mitgliedstaaten verlangt, dass sie ihren nationalen Regulierungsbehörden weitgehende Befugnisse im Bereich der Regulierung und Überwachung des Elektrizitätsmarkts übertragen, um u. a. den Verbraucherschutz zu gewährleisten.

    Sodann weist er darauf hin, dass in Art. 37 der Richtlinie 2009/72, der die Aufgaben und Befugnisse der Regulierungsbehörde regelt, nicht die Befugnis genannt wird, von den Elektrizitätsunternehmen die Rückzahlung aller Beträge zu verlangen, die sie als Gegenleistung für eine als rechtswidrig angesehene Vertragsklausel erhalten haben. Der Gebrauch der Wendung „die Regulierungsbehörde [muss] unter anderem über folgende Befugnisse verfügen“ in Art. 37 Abs. 4 der Richtlinie 2009/72, weist darauf hin, dass einer solchen Behörde andere als die in Art. 37 Abs. 4 der Richtlinie ausdrücklich genannten Befugnisse übertragen werden können, damit sie die Aufgaben nach Art. 37 Abs. 1, 3 und 6 der Richtlinie erfüllen kann.

    Außerdem gehört zu den Aufgaben der nationalen Regulierungsbehörden nach Art. 37 Abs. 1, 3 und 6 der Richtlinie 2009/72, zu gewährleisten, dass die den Elektrizitätsunternehmen obliegenden Transparenzanforderungen erfüllt werden, und die Verbraucher zu schützen.

    Der Gerichtshof stellt daher fest, dass ein Mitgliedstaat einer Regulierungsbehörde die Befugnis übertragen kann, von diesen Wirtschaftsteilnehmern die Rückzahlung der Beträge zu verlangen, die sie unter Verstoß gegen die Erfordernisse des Verbraucherschutzes, insbesondere hinsichtlich der Transparenzanforderungen und der Genauigkeit der Abrechnung, erhoben haben.

    Diese Auslegung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass Art. 36 der Richtlinie 2009/72 im Wesentlichen vorsieht, dass die nationale Regulierungsbehörde erforderliche Maßnahmen „gegebenenfalls in engem Benehmen mit anderen einschlägigen nationalen Behörden, einschließlich der Wettbewerbsbehörden, und unbeschadet deren Zuständigkeiten“ trifft, oder dass Art. 37 Abs. 1 Buchst. n dieser Richtlinie die Wendung „zusammen mit anderen einschlägigen Behörden“ enthält.

    Aus diesen Bestimmungen ergibt sich nämlich nicht, dass in einem Fall wie der Rechtssache des Ausgangsverfahrens nur eine dieser anderen nationalen Behörden die Rückerstattung der von den Elektrizitätsunternehmen bei den Endkunden zu Unrecht erhobenen Beträge anordnen kann. Die Verwendung des Wortes „gegebenenfalls“ bedeutet vielmehr, dass eine solche Rücksprache nur dann erforderlich ist, wenn die Maßnahme, deren Erlass beabsichtigt ist, für andere einschlägige Behörden Auswirkungen haben kann.

    Schließlich stellt der Gerichtshof klar, dass – wie ausgeführt – der Verbraucherschutz und die Erfüllung der Transparenzanforderungen zu den Aufgaben nach Art. 37 der Richtlinie 2009/72 gehören und daher der genaue Grund, aus dem – zur Erfüllung einer dieser Aufgaben – ein Elektrizitätsunternehmen angewiesen wird, seinen Kunden Rückzahlung zu leisten, unerheblich ist.


    ( 1 ) Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (ABl. 2009, L 211, S. 55).

    ( 2 ) Diese Bestimmungen betreffen die Aufgaben der Regulierungsbehörden in Bezug auf die Erfüllung von Transparenzanforderungen bzw. den Verbraucherschutz.

    ( 3 ) Diese Bestimmung sieht vor, dass die Regulierungsbehörden die Befugnis haben, wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen gegen Elektrizitätsunternehmen zu verhängen, die ihren aus dieser Richtlinie oder allen einschlägigen rechtsverbindlichen Entscheidungen der Regulierungsbehörde erwachsenden Verpflichtungen nicht nachkommen, oder vorzuschlagen, dass ein zuständiges Gericht derartige Sanktionen verhängt.

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