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Document 62021TJ0281

Urteil des Gerichts (Dritte Kammer) vom 16. März 2022.
Nowhere Co. Ltd gegen Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum.
Unionsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Unionsbildmarke APE TEES – Nicht eingetragene ältere nationale Bildmarken mit Darstellung eines Affen – Relatives Eintragungshindernis – Art. 8 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 4 der Verordnung [EU] 2017/1001) – Regeln des Common Law für die Klage wegen Kennzeichenverletzung (action for passing off) – Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs aus Union und Euratom.
Rechtssache T-281/21.

ECLI identifier: ECLI:EU:T:2022:139

Rechtssache T‑281/21

Nowhere Co. Ltd

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum

Urteil des Gerichts (Dritte Kammer) vom 16. März 2022

„Unionsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Unionsbildmarke APE TEES – Nicht eingetragene ältere nationale Bildmarken mit Darstellung eines Affen – Relatives Eintragungshindernis – Art. 8 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (jetzt Art. 8 Abs. 4 der Verordnung [EU] 2017/1001) – Regeln des Common Law für die Klage wegen Kennzeichenverletzung (action for passing off) – Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs aus Union und Euratom“

  1. Unionsmarke – Definition und Erwerb der Unionsmarke – Relative Eintragungshindernisse – Für die Prüfung eines relativen Eintragungshindernisses relevanter Zeitpunkt – Anmeldezeitpunkt – Austritt des betreffenden Mitgliedstaats aus der Union – Keine Auswirkung

    (Art. 50 EUV; Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 8; Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft, Art. 126 und 127)

    (vgl. Rn. 28-30)

  2. Unionsmarke – Definition und Erwerb der Unionsmarke – Relative Eintragungshindernisse – Widerspruch des Inhabers einer nicht eingetragenen Marke oder eines sonstigen im geschäftlichen Verkehr benutzten Zeichens – Widerspruch aus der im Vereinigten Königreich geschützten Marke – Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Union – Auswirkung – Nach dem Übergangszeitraum ergangene Entscheidung der Beschwerdekammer – Fortbestand des Rechtsschutzinteresses während des Zeitraums zwischen dem Tag der Anmeldung und dem Ablauf des Übergangszeitraums

    (Art. 50 EUV; Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 8 Abs. 4 und Art. 42 Abs. 2 und 3; Verordnung 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 51 und 52; Verordnung Nr. 2868/95 der Kommission, Art. 1 Regel 19 Abs. 1 und Regel 20 Abs. 1; Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft, Art. 126 und 127)

    (vgl. Rn. 34, 36-39, 41-43, 45, 46)

  3. Unionsmarke – Beschwerdeverfahren – Klage beim Unionsrichter – Befugnis des Gerichts zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung – Grenzen

    (Verordnung 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 72 Abs. 3)

    (vgl. Rn. 47)

Zusammenfassung

Herr Junguo Ye meldete für verschiedene Waren und Dienstleistungen beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) die Unionsbildmarke APE TEES an. Die Nowhere Co. Ltd legte gegen die Eintragung dieser Marke Widerspruch ein, der auf drei im Vereinigten Königreich im geschäftlichen Verkehr benutzte nicht eingetragene ältere Bildmarken gestützt war, die es ihr nach dem dort geltenden Recht erlauben würden, die Benutzung der Anmeldemarke zu unterbinden.

Mit Entscheidung vom 10. Februar 2021 wies die Beschwerdekammer des EUIPO den Widerspruch zurück, weil sich die Nowhere Co. nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union und nach dem Ablauf des im Austrittsabkommen ( 1 ) vorgesehenen Übergangszeitraums nicht mehr auf die Regeln des Common Law für die Klage wegen Kennzeichenverletzung (action for passing off) nach dem Recht des Vereinigten Königreichs berufen könne. Zum einen sei für das Bestehen der älteren Rechte auf den Tag des Erlasses der angefochtenen Entscheidung abzustellen, die im vorliegenden Fall nach dem Ablauf des Übergangszeitraums ergangen sei. Zum anderen könne es ab dem Ende des Übergangszeitraums keinen Konflikt mehr zwischen der angemeldeten Marke und den nicht eingetragenen älteren Marken geben, soweit sie im Vereinigten Königreich im geschäftlichen Verkehr benutzt würden.

Das Gericht hebt die Entscheidung der Beschwerdekammer des EUIPO auf. Nach seiner Auffassung hat die Nowhere Co. trotz des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union und des Endes des Übergangszeitraums für die Zeit zwischen der Anmeldung der Unionsmarke und dem Ablauf des Übergangszeitraums ein berechtigtes Interesse am Erfolg ihres Widerspruchs.

Würdigung durch das Gericht

Vorab weist das Gericht darauf hin, dass für die Beurteilung, ob ein relatives Eintragungshindernis vorliegt, auf den Zeitpunkt der Anmeldung der mit dem Widerspruch angegriffenen Unionsmarke abzustellen ist. Insoweit ist der Umstand, dass ein nach Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 ( 2 ) eingelegter Widerspruch auf nicht eingetragene ältere Marken, die im Vereinigten Königreich im geschäftlichen Verkehr benutzt werden, und auf das im Vereinigten Königreich geltende Recht hinsichtlich Kennzeichenverletzungen gestützt wird, irrelevant für einen Widerspruch, der gegen die Eintragung einer vor dem Inkrafttreten des Austrittsabkommens und dem Ablauf des Übergangszeitraums angemeldeten Unionsmarke gerichtet ist.

In Bezug auf die These des EUIPO, dass im vorliegenden Fall für das Bestehen der älteren Rechte auf den Tag des Erlasses der angefochtenen Entscheidung abzustellen sei, stellt das Gericht fest, dass erstens allein aus der Verwendung des Indikativ Präsens in Art. 8 Abs. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 keine Rückschlüsse für dessen Auslegung gezogen werden können. Da diese Vorschrift mit den Worten „[a]uf Widerspruch des Inhabers einer nicht eingetragenen Marke“ beginnt, kann nicht ausgeschlossen werden, dass das nachfolgend in dieser Vorschrift verwendete Präsens eher auf den Zeitpunkt der Einlegung eines Widerspruchs als auf den des Erlasses einer angefochtenen Entscheidung abstellt.

Zweitens betont das Gericht, dass die vom EUIPO festgesetzte Frist, bis zu der ein Beleg des Bestehens, der Gültigkeit und des Schutzumfangs der älteren Marke hätte erbracht werden müssen, vor dem Inkrafttreten des Austrittsabkommens und dem Ablauf des Übergangszeitraums endete. Zudem stellt Art. 42 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009, wonach der Widersprechende die ernsthafte Benutzung der älteren Marke nachzuweisen hat, auf die letzten fünf Jahre vor der Veröffentlichung der Anmeldung der Unionsmarke ab und nicht auf den mit dem Erlass der endgültigen Entscheidung des EUIPO über den Widerspruch endenden Zeitraum.

Drittens hätte ein Konflikt zwischen den in Rede stehenden Marken, selbst wenn man annähme, dass er nach dem Ende des Übergangszeitraums nicht mehr eintreten könne, im Fall einer Eintragung der angemeldeten Marke in der Zeit von der Anmeldung der Unionsmarke bis zum Ablauf des Übergangszeitraums bestehen können. Folglich hat die Nowhere Co. in Bezug auf diesen Zeitraum ein berechtigtes Interesse am Erfolg ihres Widerspruchs. Allerdings hätte Herr Ye mit dem Ablauf des Übergangszeitraums eine neue Anmeldung für die Marke einreichen können, der dann jedenfalls kein Konflikt mit den nicht eingetragenen älteren Marken mehr entgegengestanden hätte, soweit sie im Vereinigten Königreich im geschäftlichen Verkehr benutzt wurden.

Folglich kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass keines der vom EUIPO vorgebrachten Argumente dessen Standpunkt zu stützen vermag, wonach für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits auf das Datum der angefochtenen Entscheidung abzustellen sei, die als einziges verfahrensrelevantes Dokument nach dem Ablauf des Übergangszeitraums erlassen wurde.


( 1 ) Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft (ABl. 2020, L 29, S. 7).

( 2 ) Nach Art. 8 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung ist auf Widerspruch des Inhabers einer nicht eingetragenen Marke oder eines sonstigen im geschäftlichen Verkehr benutzten Kennzeichenrechts von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn und soweit nach dem für den Schutz des Kennzeichens maßgeblichen Recht der Union oder des Mitgliedstaats a) Rechte an diesem Kennzeichen vor dem Tag der Anmeldung der Unionsmarke, gegebenenfalls vor dem Tag der für die Anmeldung der Unionsmarke in Anspruch genommenen Priorität, erworben worden sind; b) dieses Kennzeichen seinem Inhaber das Recht verleiht, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen.

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