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Document 62021CO0609

Beschluss des Gerichtshofs (Achte Kammer) vom 25. März 2022.
Strafverfahren gegen IP u. a.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Art. 99 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs – Art. 4 Abs. 3 EUV – Art. 267 AEUV – Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Art. 47 Abs. 2 – Art. 94 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs – Inhalt eines Vorabentscheidungsersuchens – Nationale Rechtsvorschrift, die vorsieht, dass sich das nationale Strafgericht wegen Befangenheit ablehnt, weil es im Vorabentscheidungsersuchen zum Sachverhalt der Rechtssache Stellung genommen hat, da die in der Sache zu treffende Entscheidung andernfalls aufgehoben wird – Art. 18 AEUV – Art. 21 Abs. 2 der Charta – Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union – Verpflichtung der nationalen Gerichte, ihren Mitgliedstaat über jedes an den Gerichtshof gerichtete Vorabentscheidungsersuchen zu informieren.
Rechtssache C-609/21.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2022:232

 Beschluss des Gerichtshofs (Achte Kammer) vom 25. März 2022 – IP u. a. (Feststellung des Vorliegens des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens)

(Rechtssache C‑609/21)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Art. 99 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs – Art. 4 Abs. 3 EUV – Art. 267 AEUV – Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Art. 47 Abs. 2 – Art. 94 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs – Inhalt eines Vorabentscheidungsersuchens – Nationale Rechtsvorschrift, die vorsieht, dass sich das nationale Strafgericht wegen Befangenheit ablehnt, weil es im Vorabentscheidungsersuchen zum Sachverhalt der Rechtssache Stellung genommen hat, da die in der Sache zu treffende Entscheidung andernfalls aufgehoben wird – Art. 18 AEUV – Art. 21 Abs. 2 der Charta – Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union – Verpflichtung der nationalen Gerichte, ihren Mitgliedstaat über jedes an den Gerichtshof gerichtete Vorabentscheidungsersuchen zu informieren“

1. 

Zur Vorabentscheidung vorgelegte Fragen – Anrufung des Gerichtshofs – Inhalt eines Vorabentscheidungsersuchens – Nationale Regelung, die vorsieht, dass sich das nationale Strafgericht wegen Befangenheit ablehnt, weil es im Vorabentscheidungsersuchen zum tatsächlichen Rahmen der Rechtssache Stellung genommen hat, da die in der Sache zu treffende Entscheidung andernfalls aufgehoben wird – Unzulässigkeit

(Art. 4 Abs. 3 EUV; Art. 267 AEUV; Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 47 Abs. 2; Verfahrensordnung des Gerichtshofs, Art. 94)

(vgl. Rn. 30, 32, 34-36, Tenor 1)

2. 

Mitgliedstaaten – Verpflichtungen – Befugnis der nationalen Gerichte zur Befragung des Gerichtshofs – Vorrang – Nationale Regelung, die ein nationales Gericht daran hindert, ein an den Gerichtshof gerichtetes Vorabentscheidungsersuchen aufrechtzuerhalten – Unzulässigkeit – Pflichten und Befugnisse des nationalen Gerichts – Pflicht, die unionsrechtswidrige nationale Bestimmung unangewendet zu lassen

(Art. 267 AEUV)

(vgl. Rn. 33)

3. 

Zur Vorabentscheidung vorgelegte Fragen – Anrufung des Gerichtshofs – Zuständigkeiten der nationalen Gerichte – Pflicht der nationalen Gerichte, ihren Mitgliedstaat über jedes an den Gerichtshof gerichtete Vorabentscheidungsersuchen zu informieren – Keine Auswirkung

(Art. 267 AEUV; Satzung des Gerichtshofs, Art. 23)

(vgl. Rn. 39, 43, Tenor 2)

Tenor

1. 

Art. 267 AEUV und Art. 94 Abs. 1 Buchst. a der Verfahrensordnung des Gerichtshofs sind im Licht von Art. 4 Abs. 3 EUV und Art. 47 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Rechtsvorschrift entgegenstehen, nach der sich Gerichte, die in Strafsachen entscheiden, in der Rechtssache wegen Befangenheit abzulehnen haben, wenn sie sich im Rahmen eines an den Gerichtshof gerichteten Vorabentscheidungsersuchens zum Sachverhalt äußern, da die in der Sache zu treffende Entscheidung andernfalls aufgehoben wird. Eine solche Rechtsvorschrift ist von diesen Gerichten sowie von jedem zu ihrer Anwendung befugten Organ außer Betracht zu lassen.

2. 

Art. 18 AEUV, Art. 21 Abs. 2 der Charta der Grundrechte sowie Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind dahin auszulegen, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegenstehen, nach der ein Gericht, das den Gerichtshof mit einem Vorabentscheidungsersuchen befasst, der Behörde, die die Vertretung dieses Mitgliedstaats vor dem Gerichtshof sicherzustellen hat, eine Abschrift dieses Ersuchens zu übermitteln hat.

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