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Document 62018TJ0423

Urteil des Gerichts (Achte Kammer) vom 7. Mai 2019.
Fissler GmbH gegen Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum.
Unionsmarke – Anmeldung der Unionswortmarke vita – Absolute Eintragungshindernisse – Fehlende Unterscheidungskraft – Beschreibender Charakter – Begriff ‚Merkmal‘ – Farbname – Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung (EU) 2017/1001.
Rechtssache T-423/18.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:T:2019:291

Rechtssache T‑423/18

Fissler GmbH

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum

Urteil des Gerichts (Achte Kammer) vom 7. Mai 2019

„Unionsmarke – Anmeldung der Unionswortmarke vita – Absolute Eintragungshindernisse – Fehlende Unterscheidungskraft – Beschreibender Charakter – Begriff ‚Merkmal‘ – Farbname – Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung (EU) 2017/1001“

  1. Unionsmarke – Definition und Erwerb der Unionsmarke – Absolute Eintragungshindernisse – Marken ohne Unterscheidungskraft – Beurteilung der Unterscheidungskraft – Kriterien – Wahrnehmung der Marke durch die maßgeblichen Verkehrskreise

    (Verordnung 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 7 Abs. 1 Buchst. b)

    (vgl. Rn. 14)

  2. Unionsmarke – Definition und Erwerb der Unionsmarke – Absolute Eintragungshindernisse – Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die zur Bezeichnung der Merkmale einer Ware oder einer Dienstleistung dienen können – Begriff

    (Verordnung 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 7 Abs. 1 Buchst. c)

    (vgl. Rn. 28-30, 42)

  3. Unionsmarke – Definition und Erwerb der Unionsmarke – Absolute Eintragungshindernisse – Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die zur Bezeichnung der Merkmale einer Ware oder einer Dienstleistung dienen können – Zweck – Freihaltebedürfnis

    (Verordnung 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 7 Abs. 1 Buchst. c)

    (vgl. Rn. 31)

  4. Unionsmarke – Definition und Erwerb der Unionsmarke – Absolute Eintragungshindernisse – Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die zur Bezeichnung der Merkmale einer Ware oder einer Dienstleistung dienen können – Wortmarke vita

    (Verordnung 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 7 Abs. 1 Buchst. c)

    (vgl. Rn. 35, 45-48, 50-54, 56, 57)

  5. Unionsmarke – Definition und Erwerb der Unionsmarke – Absolute Eintragungshindernisse – Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die zur Bezeichnung der Merkmale einer Ware oder einer Dienstleistung dienen können – Begriff „Merkmal“

    (Verordnung 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 7 Abs. 1 Buchst. c)

    (vgl. Rn. 43, 44)

  6. Unionsmarke – Definition und Erwerb der Unionsmarke – Absolute Eintragungshindernisse – Getrennte Prüfung der verschiedenen Eintragungshindernisse – Auslegung der Eintragungshindernisse im Licht des jedem von ihnen zugrunde liegenden Allgemeininteresses

    (Verordnung 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c)

    (vgl. Rn. 64-66)

  7. Unionsmarke – Definition und Erwerb der Unionsmarke – Absolute Eintragungshindernisse – Marken ohne Unterscheidungskraft – Begriff – Beurteilungskriterien

    (Verordnung 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 7 Abs. 1 Buchst. b)

    (vgl. Rn. 68, 69)

  8. Unionsmarke – Definition und Erwerb der Unionsmarke – Absolute Eintragungshindernisse – Marken ohne Unterscheidungskraft – Wortmarke vita

    (Verordnung 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 7 Abs. 1 Buchst. b)

    (vgl. Rn. 72-75)

Zusammenfassung

Mit dem am 7. Mai 2019 ergangenen Urteil Fissler/EUIPO (vita) (T‑423/18) hat das Gericht die Entscheidung des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), das Wortzeichen vita nicht als Unionsmarke für Waren wie Universalküchenmaschinen, elektrische Kochtöpfe und Haushaltsgeräte einzutragen, aufgehoben. Im vorliegenden Fall lehnte das EUIPO die Eintragung dieser Marke für Waren der Klassen 7, 11 und 21 (insbesondere für elektrische Universalküchenmaschinen, elektrische Schnellkochtöpfe und Haushaltsgeräte) mit der Begründung ab, dass sie beschreibend und ohne Unterscheidungskraft sei (Art. 7 Abs. 1 Buchst. c und b der Verordnung 2017/1001 ( 1 )). Es führte u. a. aus, dass das schwedischsprachige Publikum der Europäischen Union das maßgebliche Publikum sei, da es sich bei der angemeldeten Marke um einen Begriff in schwedischer Sprache (vita ist die bestimmte Form und die Pluralform des Wortes „vit“, das im Schwedischen „weiß“ bedeutet) handele. Das EUIPO stützte seine Feststellung, dass die angemeldete Marke beschreibend sei, im Wesentlichen auf zwei Gründe. Erstens seien die angemeldeten Waren in weißer Farbe erhältlich; dies sei zwar nicht die meist benutzte, aber eine recht übliche Farbe. Zweitens würden diese Waren im Schwedischen oft „vitvaror“ („weiße Waren“) genannt.

Was die mehr oder weniger übliche Verwendung der Farbe Weiß bei der Herstellung der fraglichen Waren betrifft, hat das Gericht geprüft, ob eine solche Verwendung als „Merkmal“ dieser Waren im Sinne der Rechtsprechung eingestuft werden kann. Es hat daran erinnert, dass die Eintragung eines Zeichens auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 nur dann verweigert werden kann, wenn bei vernünftiger Betrachtung abzusehen ist, dass es von den angesprochenen Verkehrskreisen tatsächlich als Beschreibung eines dieser Merkmale erkannt werden wird. Zudem muss, auch wenn es keine Rolle spielt, ob ein solches Merkmal in wirtschaftlicher Hinsicht wesentlich oder nebensächlich ist, ein Merkmal im Sinne dieser Bestimmung gleichwohl ein „objektives, dem Wesen der Ware [oder Dienstleistung] innewohnendes“ Merkmal oder ein „intrinsisches und dauerhaftes“ Merkmal dieser Ware oder Dienstleistung sein.

Im vorliegenden Fall hat das Gericht festgestellt, dass die Farbe Weiß kein „intrinsisches“ und „dem Wesen innewohnendes“ Merkmal der betreffenden Waren (wie Universalküchenmaschinen, elektrische Schnellkochtöpfe und Haushaltsgeräte) ist, sondern ein rein zufälliger und beliebiger Aspekt, den unter Umständen nur ein Bruchteil dieser Waren aufweist und der jedenfalls in keinem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit ihrem Wesen steht. Solche Waren sind nämlich in einer Vielzahl von Farben erhältlich, zu denen, keineswegs überwiegend, die Farbe Weiß gehört. Die bloße Tatsache, dass bei den betreffenden Waren die Verwendung der Farbe Weiß neben anderen Farben mehr oder weniger üblich ist, ist unstreitig, aber ohne Belang, da bei vernünftiger Betrachtung im Sinne der Rechtsprechung nicht abzusehen ist, dass die Farbe Weiß allein aufgrund dieser Tatsache von den maßgeblichen Verkehrskreisen tatsächlich als Beschreibung eines intrinsischen und dem Wesen dieser Waren innewohnenden Merkmals erkannt werden wird. Der Begriff „vita“ ist daher nicht für ein Merkmal der in Rede stehenden Waren beschreibend und fällt somit nicht unter das in Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 aufgestellte Eintragungshindernis.

Außerdem hat das Gericht daran erinnert, dass das Allgemeininteresse, das Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 zugrunde liegt, der die Eintragung einer Marke ohne Unterscheidungskraft ausschließt, den Schutz des Verbrauchers betrifft, indem es ihm ermöglicht wird, ohne die Möglichkeit von Verwechslungen die Herkunft der mit der Marke gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen im Einklang mit der wesentlichen Funktion der Marke als Herkunftshinweis zu unterscheiden, während das Allgemeininteresse, auf dem Art. 7 Abs. 1 Buchst. c beruht, der der Eintragung einer beschreibenden Marke entgegensteht, in erster Linie im Schutz der Wettbewerber vor jeder Gefahr einer Monopolisierung von Angaben, die für Merkmale dieser Waren oder Dienstleistungen beschreibend sind, durch nur einen Wirtschaftsteilnehmer besteht. Eine Marke, die – wie im vorliegenden Fall – nicht beschreibend ist, besitzt also nicht schon deshalb Unterscheidungskraft.

Das Gericht ist, da es der Auffassung ist, dass die maßgeblichen Verkehrskreise die angemeldete Marke nicht als reine Sachaussage verstehen werden, wonach die betreffenden Waren in Weiß erhältlich sind, sondern eher als Hinweis auf ihre Herkunft, zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Marke Unterscheidungskraft hat.

Nach alledem hat das Gericht den beiden Klagegründen stattgegeben und die Entscheidung des EUIPO aufgehoben.


( 1 ) Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1).

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