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Document 62017CJ0171
Urteil des Gerichtshofs (Vierte Kammer) vom 7. November 2018.
Europäische Kommission gegen Ungarn.
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Richtlinie 2006/123/EG – Art. 15 bis 17 – Art. 49 AEUV – Niederlassungsfreiheit – Art. 56 AEUV – Freier Dienstleistungsverkehr – Nationales mobiles Zahlungssystem – Monopol.
Rechtssache C-171/17.
Urteil des Gerichtshofs (Vierte Kammer) vom 7. November 2018.
Europäische Kommission gegen Ungarn.
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Richtlinie 2006/123/EG – Art. 15 bis 17 – Art. 49 AEUV – Niederlassungsfreiheit – Art. 56 AEUV – Freier Dienstleistungsverkehr – Nationales mobiles Zahlungssystem – Monopol.
Rechtssache C-171/17.
Court reports – general
Rechtssache C‑171/17
Europäische Kommission
gegen
Ungarn
„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Richtlinie 2006/123/EG – Art. 15 bis 17 – Art. 49 AEUV – Niederlassungsfreiheit – Art. 56 AEUV – Freier Dienstleistungsverkehr – Nationales mobiles Zahlungssystem – Monopol“
Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Vierte Kammer) vom 7. November 2018
Niederlassungsfreiheit – Freier Dienstleistungsverkehr – Dienstleistungen im Binnenmarkt – Richtlinie 2006/123 – Geltungsbereich – Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse und nach dem Inkrafttreten der Richtlinie 2006/123 eingeführte Monopole – Einbeziehung
(Richtlinie 2006/123 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 1 Abs. 2 und 3)
Niederlassungsfreiheit – Freier Dienstleistungsverkehr – Dienstleistungen im Binnenmarkt – Richtlinie 2006/123 – Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse – Festlegung – Ermessen der Mitgliedstaaten – Umfang – Dienstleistung, die bereits von auf dem betreffenden Markt vertretenen Wirtschaftsteilnehmern erbracht wird – Umstand, der für die Verneinung einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse nicht genügt
(Richtlinie 2006/123 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 15 Abs. 4 und Art. 17)
Niederlassungsfreiheit – Freier Dienstleistungsverkehr – Dienstleistungen im Binnenmarkt – Richtlinie 2006/123 – Zu prüfende Anforderungen – Nationale Regelung im Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse – Ausschluss – Voraussetzungen
(Richtlinie 2006/123 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 15)
Niederlassungsfreiheit – Freier Dienstleistungsverkehr – Dienstleistungen im Binnenmarkt – Richtlinie 2006/123 – Zu prüfende Anforderungen – Nationale Regelung zur Einführung eines obligatorischen nationalen mobilen Zahlungssystems, das von einem öffentlichen Unternehmen betrieben wird – Zulässigkeit – Voraussetzungen – Erfüllung der Bedingungen der Nicht-Diskriminierung, der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit – Fehlen
(Richtlinie 2006/123 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 15 Abs. 2 Buchst. d und 3)
Freier Dienstleistungsverkehr – Beschränkungen – Nationale Regelung zur Einführung eines obligatorischen nationalen mobilen Zahlungssystems, das von einem öffentlichen Unternehmen betrieben wird – Rechtfertigung – Zwingende Gründe des Allgemeininteresses – Verhältnismäßigkeit – Fehlen
(Art. 56 AEUV)
Siehe Text der Entscheidung.
(vgl. Rn. 41-43)
Die Richtlinie 2006/123 über Dienstleistungen im Binnenmarkt enthält spezifische Regelungen in Bezug auf die Anwendung dieser Bestimmungen auf Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, nämlich zum einen Art. 15 Abs. 4 und zum anderen Art. 17.
In diesem Zusammenhang sind die Mitgliedstaaten berechtigt, unter Beachtung des Unionsrechts den Umfang und die Organisation ihrer Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu bestimmen, wobei sie insbesondere Ziele berücksichtigen können, die ihrer nationalen Politik eigen sind. Insoweit verfügen die Mitgliedstaaten über ein weites Ermessen, das von der Kommission nur im Fall eines offenkundigen Fehlers in Frage gestellt werden kann.
Der Umstand allein, dass eine von einem Mitgliedstaat als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse eingestufte Dienstleistung bereits von auf dem betreffenden Markt vertretenen Wirtschaftsteilnehmern erbracht wird, genügt jedoch nicht zum Nachweis dafür, dass diese Einstufung mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet ist. Wenn eine Dienstleistung zwar bereits auf dem Markt erbracht wird, aber unter Umständen, die nicht zufriedenstellend sind und nicht im Einklang mit dem öffentlichen Interesse, wie es der betreffende Mitgliedstaat definiert, stehen, kann nämlich die Einstufung dieser Dienstleistung als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse gerechtfertigt sein.
(vgl. Rn. 47, 49, 55, 56)
Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse sind nach Art. 15 Abs. 4 der Richtlinie 2006/123 über Dienstleistungen im Binnenmarkt nicht automatisch vom Anwendungsbereich dieses Artikels ausgenommen. Denn nach diesem Abs. 4 gelten die Abs. 1, 2 und 3 des Art. 15 für Rechtsvorschriften im Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse nur insoweit, als ihre Anwendung die Erfüllung der anvertrauten besonderen Aufgabe nicht rechtlich oder tatsächlich verhindert.
Dieser Art. 15 steht daher einer nationalen Regelung, die eine Anforderung im Sinne seines Abs. 2 Buchst. d aufstellt, nicht entgegen, soweit diese Anforderung für die Erfüllung des in Rede stehenden besonderen öffentlichen Auftrags zu wirtschaftlich tragbaren Bedingungen erforderlich ist.
(vgl. Rn. 62, 85)
Der Mitgliedstaat, der ein durch ein einziges staatlich kontrolliertes Unternehmen betriebenes nationales mobiles Zahlungssystem einführt und beibehält, dessen Verwendung für die mobile Zahlung in verschiedenen Anwendungsbereichen, nämlich dem öffentlichen Parken, der Bereitstellung des Straßennetzes für Verkehrszwecke, der Personenbeförderung durch ein staatliches Unternehmen und den sonstigen von einer staatlichen Einrichtung angebotenen Dienstleistungen, vorgeschrieben ist, verstößt gegen die Verpflichtungen aus Art. 15 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt.
Ein Zahlungssystem, das die Aufnahme der mobilen Zahlungsdienstleistungen durch Einführung eines Monopols einem öffentlichen Unternehmen vorbehält, stellt nämlich eine Anforderung im Sinne von Art. 15 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2006/123 dar, bei der die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, zu prüfen, ob sie die in Art. 15 Abs. 3 dieser Richtlinie genannten Bedingungen der Nicht-Diskriminierung, der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit erfüllt. Eine solche Anforderung kann jedoch nicht die Bedingung erfüllen, dass es zur Erreichung des verfolgten Ziels keine weniger einschneidende Maßnahmen gibt, da es weniger einschneidende und die Niederlassungsfreiheit weniger beschränkende Maßnahmen gibt, die es ermöglichen, die verfolgten Ziele zu erreichen, z. B. ein Konzessionssystem, das auf einem dem Wettbewerb offenen Verfahren beruht. Da die in Art. 15 Abs. 3 der Richtlinie 2006/123 genannten Bedingungen kumulativ gelten, führt bereits diese Feststellung zu dem Ergebnis, dass diese Bestimmung nicht eingehalten wurde.
(vgl. Rn. 76, 79, 81-83, 87, Tenor 1)
Siehe Text der Entscheidung.
(vgl. Rn. 88-92, 96, Tenor 1)