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Document 62016CJ0557

Urteil des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 14. März 2018.
Verfahren auf Betreiben von Astellas Pharma GmbH.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Richtlinie 2001/83/EG – Humanarzneimittel – Art. 28 und 29 – Dezentralisiertes Genehmigungsverfahren für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels – Art. 10 – Generikum – Unterlagenschutzfrist des Referenzarzneimittels – Befugnis der zuständigen Behörden der betroffenen Mitgliedstaaten, den Zeitpunkt des Beginns der Schutzfrist festzulegen – Befugnis der Gerichte der betroffenen Mitgliedstaaten, die Festlegung des Zeitpunkts des Beginns der Schutzfrist zu überprüfen – Wirksamer gerichtlicher Rechtsschutz – Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Art. 47.
Rechtssache C-557/16.

Rechtssache C‑557/16

Astellas Pharma GmbH

(Vorabentscheidungsersuchen des Korkein hallinto-oikeus)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Richtlinie 2001/83/EG – Humanarzneimittel – Art. 28 und 29 – Dezentralisiertes Genehmigungsverfahren für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels – Art. 10 – Generikum – Unterlagenschutzfrist des Referenzarzneimittels – Befugnis der zuständigen Behörden der betroffenen Mitgliedstaaten, den Zeitpunkt des Beginns der Schutzfrist festzulegen – Befugnis der Gerichte der betroffenen Mitgliedstaaten, die Festlegung des Zeitpunkts des Beginns der Schutzfrist zu überprüfen – Wirksamer gerichtlicher Rechtsschutz – Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Art. 47“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 14. März 2018

  1. Rechtsangleichung–Humanarzneimittel–Richtlinie 2001/83–Genehmigung für das Inverkehrbringen–Generikum eines Referenzarzneimittels–Dezentralisiertes Verfahren–Erlass einer Entscheidung über die Genehmigung durch jeden Mitgliedstaat–Möglichkeit eines Mitgliedstaats, den Zeitpunkt des Beginns der Unterlagenschutzfrist des Referenzarzneimittels festzustellen–Ausschluss

    (Richtlinie 2001/83 des Europäischen Parlaments und des Rates in der durch die Richtlinie Nr. 2012/26 geänderten Fassung, Art. 28 Abs. 5 und Art. 29 Abs. 1)

  2. Rechtsangleichung–Humanarzneimittel–Richtlinie 2001/83–Genehmigung für das Inverkehrbringen–Generikum eines Referenzarzneimittels–Dezentralisiertes Verfahren–Erlass einer Entscheidung über die Genehmigung durch jeden Mitgliedstaat–Rechtsbehelf des Inhabers der Genehmigung für das Inverkehrbringen des Referenzarzneimittels–Befugnis des nationalen Gerichts, die Festlegung des Zeitpunkts des Beginns der Unterlagenschutzfrist des Referenzarzneimittels zu überprüfen–Grenzen

    (Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 47; Richtlinie 2001/83 des Europäischen Parlaments und des Rates in der durch die Richtlinie Nr. 2012/26 geänderten Fassung, Art. 10)

  1.  Art. 28 und Art. 29 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in der durch die Richtlinie 2012/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass im Rahmen eines dezentralisierten Verfahrens für die Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Generikums die zuständige Behörde eines von diesem Verfahren betroffenen Mitgliedstaats bei dem Erlass ihrer Entscheidung gemäß Art. 28 Abs. 5 dieser Richtlinie über das Inverkehrbringen dieses Generikums in diesem Mitgliedstaat nicht selbst den Zeitpunkt des Beginns der Unterlagenschutzfrist des Referenzarzneimittels festlegen darf.

    Daraus folgt, dass der Ablauf der Unterlagenschutzfrist für das Referenzarzneimittel eine Voraussetzung für die Erteilung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Generikums ist und dass im Rahmen des dezentralisierten Verfahrens für die Genehmigung für das Inverkehrbringen die Einhaltung dieser Bedingung von allen daran teilnehmenden Mitgliedstaaten zu überprüfen ist. Daher obliegt es diesen Mitgliedstaaten, ab dem Einreichen des Antrags und in jedem Fall vor der Feststellung des Einverständnisses aller, diesem Antrag zu widersprechen, wenn diese Voraussetzung nicht erfüllt ist. Folglich umfasst das Verfahren, das mit der Feststellung des Einverständnisses aller endet und an dem alle Mitgliedstaaten, in denen der Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen gestellt wurde, beteiligt sind, eine Prüfung des Ablaufs der Unterlagenschutzfrist des Referenzarzneimittels, so dass die zuständigen Behörden dieser Mitgliedstaaten nach der Feststellung dieses Einverständnisses nicht erneut eine solche Prüfung durchführen können.

    (vgl. Rn. 29, 31, 32, Tenor 1)

  2.  Art. 10 der Richtlinie 2001/83 in der durch die Richtlinie 2012/26 geänderten Fassung in Verbindung mit Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist dahin auszulegen, dass ein Gericht eines von einem dezentralisierten Verfahren für die Genehmigung für das Inverkehrbringen betroffenen Mitgliedstaats, das mit einem Rechtsbehelf des Inhabers der Genehmigung für das Inverkehrbringen des Referenzarzneimittels gegen die Entscheidung der zuständigen Behörde dieses Mitgliedstaats über die Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Generikums in diesem Mitgliedstaat befasst ist, befugt ist, die Festlegung des Zeitpunkts des Beginns der Unterlagenschutzfrist des Referenzarzneimittels zu prüfen. Dieses Gericht ist hingegen nicht befugt, festzustellen, ob die in einem anderen Mitgliedstaat erteilte Erstgenehmigung für das Inverkehrbringen des Referenzarzneimittels mit dieser Richtlinie vereinbar war.

    Daraus folgt, dass der wirksame gerichtliche Rechtsschutz, über den der Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen des Referenzarzneimittels im Hinblick auf den Unterlagenschutz dieses Arzneimittels verfügt, nur dann gewährleistet werden kann, wenn dieser Inhaber diese Rechte vor einem Gericht des Mitgliedstaats geltend machen kann, dessen zuständige Behörde eine Entscheidung über die Genehmigung für das Inverkehrbringen des Generikums getroffen hat, und wenn er insbesondere vor diesem einen Fehler bei der Festlegung des Zeitpunkts des Beginns der Unterlagenschutzfrist geltend machen kann, den diese Entscheidung angeblich enthält. Jedoch bedeutet dieses Erfordernis des wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes nicht, dass der Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen des Referenzarzneimittels vor diesem Gericht die Vereinbarkeit der Entscheidungen über die Genehmigung für das Inverkehrbringen dieses Arzneimittels in anderen Mitgliedstaaten mit der Richtlinie 2001/83 in Frage stellen kann. Dieser Inhaber verfügt nämlich über ein Klagerecht gegen diese anderen Entscheidungen vor den Gerichten, denen die Rechtmäßigkeitskontrolle der Entscheidungen der zuständigen nationalen Behörden im jeweiligen Mitgliedstaat obliegt, das er innerhalb der vorgeschriebenen Fristen ausüben kann oder ausüben konnte.

    (vgl. Rn. 39-41, Tenor 2)

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