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Dokument 62015CJ0478

    Urteil des Gerichtshofs (Sechste Kammer) vom 21. September 2016.
    Peter Radgen und Lilian Radgen gegen Finanzamt Ettlingen.
    Vorlage zur Vorabentscheidung – Steuerrecht – Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit – Gleichbehandlung – Einkommensteuer – Steuerbefreiung für Einnahmen aus einer nebenberuflichen Lehrtätigkeit im Dienst einer juristischen Person des öffentlichen Rechts mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 Anwendung findet – Regelung eines Mitgliedstaats, die diese Befreiung für Einnahmen aus einer solchen Tätigkeit im Dienst einer juristischen Person des öffentlichen Rechts mit Sitz in der Schweiz ausschließt.
    Rechtssache C-478/15.

    Rättsfallssamlingen – allmänna delen

    Rechtssache C‑478/15

    Peter Radgen

    und

    Lilian Radgen

    gegen

    Finanzamt Ettlingen

    (Vorabentscheidungsersuchen des Finanzgerichts Baden‑Württemberg)

    „Vorlage zur Vorabentscheidung — Steuerrecht — Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit — Gleichbehandlung — Einkommensteuer — Steuerbefreiung für Einnahmen aus einer nebenberuflichen Lehrtätigkeit im Dienst einer juristischen Person des öffentlichen Rechts mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 Anwendung findet — Regelung eines Mitgliedstaats, die diese Befreiung für Einnahmen aus einer solchen Tätigkeit im Dienst einer juristischen Person des öffentlichen Rechts mit Sitz in der Schweiz ausschließt“

    Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Sechste Kammer) vom 21. September 2016

    1. Zur Vorabentscheidung vorgelegte Fragen – Zulässigkeit – Grenzen – Offensichtlich unerhebliche Fragen und hypothetische Fragen, die in einem eine zweckdienliche Antwort ausschließenden Zusammenhang gestellt werden

      (Art. 267 AEUV)

    2. Völkerrechtliche Verträge – Abkommen EG–Schweiz über die Freizügigkeit – Gleichbehandlung – Steuervergünstigungen – Regelung eines Mitgliedstaats, die eine Steuerbefreiung für Steuerpflichtige vorsieht, die nebenberufliche Lehrtätigkeiten im Dienst einer juristischen Person des öffentlichen Rechts mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Union oder in einem dem Europäischen Wirtschaftsraum angehörenden Mitgliedstaat ausüben – Ausschluss der Befreiung solcher Tätigkeiten im Dienst einer juristischen Person des öffentlichen Rechts mit Sitz in der Schweiz – Unzulässigkeit – Rechtfertigung – Fehlen

      (Abkommen EG–Schweiz über die Freizügigkeit, Art. 2 und Anhang I Art. 9 Abs. 2)

    1.  Siehe Text der Entscheidung.

      (vgl. Rn. 27)

    2.  Die Bestimmungen über die Gleichbehandlung der Arbeitnehmer des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit sind dahin auszulegen, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegenstehen, die einem gebietsansässigen unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Staatsangehörigen, der von seinem Recht auf Freizügigkeit für eine nebenberufliche Lehrtätigkeit als Arbeitnehmer im Dienst einer in der Schweiz ansässigen juristischen Person des öffentlichen Rechts Gebrauch gemacht hat, keine Steuerbefreiung für die Einnahmen aus dieser Arbeitnehmertätigkeit gewährt, während eine solche Befreiung gewährt worden wäre, wenn die genannte Tätigkeit im Dienst einer juristischen Person des öffentlichen Rechts mit Sitz in diesem Mitgliedstaat, in einem anderen Mitgliedstaat der Union oder in einem anderen Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, ausgeübt worden wäre.

      Denn im Bereich steuerlicher Vergünstigungen kann der in Anhang I Art. 9 des Freizügigkeitsabkommens vorgesehene Grundsatz der Gleichbehandlung von einem erwerbstätigen Staatsangehörigen einer Vertragspartei, der sein Freizügigkeitsrecht ausgeübt hat, gegenüber seinem Herkunftsstaat geltend gemacht werden. Die in Rede stehende Regelung führt zu einer unterschiedlichen steuerlichen Behandlung der gebietsansässigen Steuerpflichtigen je nach der Quelle ihrer Einnahmen. Diese unterschiedliche Behandlung kann diese davon abhalten, ihr Freizügigkeitsrecht auszuüben, und stellt daher eine Ungleichbehandlung dar, die im Grundsatz gegen Anhang I Art. 9 Abs. 2 dieses Abkommens verstößt.

      Im Übrigen ist eine solche Ungleichbehandlung nicht aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Denn der Gerichtshof hat schon aus auf den vorliegenden Fall übertragbaren Überlegungen entschieden, dass eine Ungleichbehandlung zwischen natürlichen Personen, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch machten, indem sie eine selbständige nebenberufliche Lehrtätigkeit an einer Universität in einem anderen Mitgliedstaat ausübten und weiter in ihrem Wohnsitzstaat wohnten, und den Personen, die eine solche Tätigkeit im Inland ausüben, nicht aus dem im Allgemeininteresse liegenden Grund der Förderung von Bildung, Forschung und Entwicklung gerechtfertigt sein kann, da sie die Möglichkeit nebenberuflich tätiger Lehrkräfte, den Ort der Erbringung ihrer Dienstleistungen innerhalb der Union frei zu wählen, beeinträchtigt, ohne dass nachgewiesen worden wäre, dass es, um das geltend gemachte Ziel der Förderung des Bildungswesens zu erreichen, erforderlich ist, die betroffene Steuerbefreiung allein den Steuerpflichtigen vorzubehalten, die eine ähnliche Tätigkeit an in ihrem Wohnsitzmitgliedstaat ansässigen Universitäten ausüben.

      Eine Rechtfertigung aus dem im Allgemeininteresse liegenden zwingenden Grund, dass die Kohärenz des in Rede stehenden Steuersystems gewährleistet werden muss, hat der Gerichtshof ebenfalls ausgeschlossen, da kein unmittelbarer steuersystematischer Zusammenhang zwischen der Steuerbefreiung der von inländischen Universitäten gezahlten Aufwandsentschädigungen und einem Ausgleich dieses Vorteils durch eine bestimmte steuerliche Belastung besteht.

      Schließlich hat der Gerichtshof festgestellt, dass zum einen eine Steuervergünstigung allgemeiner Natur, die gewährt wird, wenn ein Einzelner zum Wohl des Gemeinwesens tätig wird, keine Maßnahme ist, die die Lehrinhalte oder die Gestaltung des Bildungssystems betrifft. Zum anderen müssen die Mitgliedstaaten jedenfalls bei der Ausübung ihrer Zuständigkeit und ihrer Verantwortung für die Gestaltung ihres Bildungssystems die Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit beachten. Daher bliebe eine nationale Regelung, selbst wenn sie eine mit einer solchen Gestaltung verbundene Maßnahme wäre, gleichwohl mit dem Vertrag unvereinbar, da sie die Entscheidungsfreiheit nebenberuflich tätiger Lehrkräfte in Bezug auf den Ort dieser Tätigkeit beeinträchtigt.

      (vgl. Rn. 40, 43, 44, 50‑54, 57 und Tenor)

    Upp