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Document 62015CJ0434

Urteil des Gerichtshofs (Große Kammer) vom 20. Dezember 2017.
Asociación Profesional Elite Taxi gegen Uber Systems Spain SL.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Art. 56 AEUV – Art. 58 Abs. 1 AEUV – Verkehrsdienstleistungen – Richtlinie 2006/123/EG – Dienstleistungen im Binnenmarkt – Richtlinie 2000/31/EG – Richtlinie 98/34/EG – Dienste der Informationsgesellschaft – Vermittlungsdienst, der es mittels einer Smartphone-Applikation ermöglicht, gegen Entgelt eine Verbindung zwischen nicht berufsmäßigen Fahrern, die ihr eigenes Fahrzeug benutzen, und Personen herzustellen, die eine Fahrt im innerstädtischen Bereich unternehmen möchten – Genehmigungspflicht.
Rechtssache C-434/15.

Court reports – general – 'Information on unpublished decisions' section

Rechtssache C‑434/15

Asociación Profesional Elite Taxi

gegen

Uber Systems Spain SL

(Vorabentscheidungsersuchen des Juzgado Mercantil no 3 de Barcelona)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Art. 56 AEUV – Art. 58 Abs. 1 AEUV – Verkehrsdienstleistungen – Richtlinie 2006/123/EG – Dienstleistungen im Binnenmarkt – Richtlinie 2000/31/EG – Richtlinie 98/34/EG – Dienste der Informationsgesellschaft – Vermittlungsdienst, der es mittels einer Smartphone-Applikation ermöglicht, gegen Entgelt eine Verbindung zwischen nicht berufsmäßigen Fahrern, die ihr eigenes Fahrzeug benutzen, und Personen herzustellen, die eine Fahrt im innerstädtischen Bereich unternehmen möchten – Genehmigungspflicht“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Große Kammer) vom 20. Dezember 2017

  1. Zur Vorabentscheidung vorgelegte Fragen–Zuständigkeit des Gerichtshofs–Grenzen–Zuständigkeit des nationalen Gerichts–Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts des Rechtsstreits–Zuständigkeit des Gerichtshofs für die unionsrechtliche Einstufung der vom nationalen Gericht festgestellten Tatsachen

    (Art. 267 AEUV)

  2. Rechtsangleichung–Elektronischer Geschäftsverkehr–Richtlinie 2000/31–Anwendungsbereich–Dienst der Informationsgesellschaft–Begriff–Vermittlungsdienst wie UberPop, der es mittels einer Smartphone-Applikation ermöglicht, gegen Entgelt eine Verbindung zwischen nicht berufsmäßigen Fahrern, die ihr eigenes Fahrzeug benutzen, und Personen herzustellen, die eine Fahrt im innerstädtischen Bereich unternehmen möchten–Ausschluss

    (Richtlinie 98/34 des Europäischen Parlaments und des Rates in der durch die Richtlinien 98/48, Art. 1 Nr. 2, 2000/31, Art. 2 Buchst. a und 2006/123, Art. 2 Abs. 2 Buchst. d geänderten Fassung)

  3. Freier Dienstleistungsverkehr–Dienstleistungen im Binnenmarkt–Richtlinie 2006/123–Anwendungsbereich–Verkehrsdienstleistungen–Begriff–Vermittlungsdienst wie UberPop, der es mittels einer Smartphone-Applikation ermöglicht, gegen Entgelt eine Verbindung zwischen nicht berufsmäßigen Fahrern, die ihr eigenes Fahrzeug benutzen, und Personen herzustellen, die eine Fahrt im innerstädtischen Bereich unternehmen möchten–Ausschluss

    (Richtlinie 98/34 des Europäischen Parlaments und des Rates in der durch die Richtlinien 98/48, Art. 1 Nr. 2, 2000/31, Art. 2 Buchst. a und 2006/123, Art. 2 Abs. 2 Buchst. d geänderten Fassung)

  4. Freier Dienstleistungsverkehr–Bestimmungen des Vertrags–Anwendungsbereich–Verkehrsdienstleistungen im Sinne von Art. 58 Abs. 1 AEUV–Begriff–Vermittlungsdienst wie UberPop, der es mittels einer Smartphone-Applikation ermöglicht, gegen Entgelt eine Verbindung zwischen nicht berufsmäßigen Fahrern, die ihr eigenes Fahrzeug benutzen, und Personen herzustellen, die eine Fahrt im innerstädtischen Bereich unternehmen möchten–Einbeziehung–Folge–Ausschluss des genannten Dienstes vom Anwendungsbereich des Art. 56 AEUV und der Richtlinien 2006/123 und 2000/31

    (Art. 56 AEUV und Art. 58 Abs. 1 AEUV; Richtlinie 98/34 des Europäischen Parlaments und des Rates in der durch die Richtlinien 98/48, Art. 1 Nr. 2, 2000/31, Art. 2 Buchst. a und 2006/123, Art. 2 Abs. 2 Buchst. d geänderten Fassung)

  1.  Insoweit ist festzustellen, dass das vorlegende Gericht – wie aus Rn. 17 des vorliegenden Urteils hervorgeht – deutlich gemacht hat, dass seine Fragen nicht die Feststellung oder die Beurteilung des dem Ausgangsrechtsstreit zugrunde liegenden Sachverhalts, sondern nur die rechtliche Einstufung des streitigen Dienstes betreffen. Die unionsrechtliche Einstufung der vom vorlegenden Gericht festgestellten Tatsachen setzt jedoch eine Auslegung des Unionsrechts voraus, für die der Gerichtshof im Rahmen des Verfahrens nach Art. 267 AEUV zuständig ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Dezember 2015, Banif Plus Bank, C‑312/14, EU:C:2015:794, Rn. 51 und 52). Der Gerichtshof ist daher für die Entscheidung über die vorgelegten Fragen zuständig.

    (vgl. Rn. 20, 21)

  2.  So erfüllt ein Vermittlungsdienst, der es mittels einer Smartphone‑Applikation ermöglicht, die Informationen über die Buchung der Verkehrsdienstleistung zwischen dem Passagier und dem nicht berufsmäßigen Fahrer, der die Beförderung mit seinem eigenen Fahrzeug durchführt, zu übermitteln, grundsätzlich die Kriterien, um als „Dienstleistung der Informationsgesellschaft“ im Sinne von Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 98/34, auf den Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/31 verweist, eingestuft zu werden. Dieser Vermittlungsdienst stellt gemäß der Definition in Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 98/34 eine „in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung“ dar.

    Eine Dienstleistung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende ist jedoch nicht nur ein Vermittlungsdienst, der darin besteht, mittels einer Smartphone‑Applikation eine Verbindung zwischen einem nicht berufsmäßigen Fahrer, der das eigene Fahrzeug benutzt, und einer Person herzustellen, die eine Fahrt im innerstädtischen Bereich unternehmen möchte. In einer Situation wie der vom vorlegenden Gericht genannten, in der die Personenbeförderung durch nicht berufsmäßige, das eigene Fahrzeug benutzende Fahrer vorgenommen wird, gibt der Erbringer dieses Vermittlungsdienstes nämlich gleichzeitig ein Angebot über innerstädtische Verkehrsdienstleistungen ab, das er u. a. durch Software-Tools wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Applikation zugänglich macht und dessen allgemeine Funktionalität für Personen, die dieses Angebot für eine innerstädtische Fahrt in Anspruch nehmen möchten, er organisiert. Insoweit geht aus den dem Gerichtshof vorliegenden Informationen hervor, dass der Vermittlungsdienst von Uber auf der Auswahl nicht berufsmäßiger, das eigene Fahrzeug benutzender Fahrer beruht, denen diese Gesellschaft eine Applikation stellt, ohne die zum einen die Fahrer nicht Verkehrsdienstleistungen erbringen würden und zum anderen die Personen, die eine Fahrt im innerstädtischen Bereich unternehmen möchten, nicht die Dienste dieser Fahrer in Anspruch nehmen würden. Zudem übt Uber einen entscheidenden Einfluss auf die Bedingungen aus, unter denen diese Fahrer die Leistung erbringen. Dabei ist insbesondere klar ersichtlich, dass Uber durch die gleichnamige Anwendung zumindest den Höchstpreis für die Fahrt festsetzt, dass diese Gesellschaft den Preis beim Kunden erhebt und danach einen Teil davon an den nicht berufsmäßigen Fahrer des Fahrzeugs überweist und dass sie eine gewisse Kontrolle über die Qualität der Fahrzeuge und deren Fahrer sowie über deren Verhalten ausübt, die gegebenenfalls zu ihrem Ausschluss führen kann.

    Dieser Vermittlungsdienst ist somit als integraler Bestandteil einer Gesamtdienstleistung, die hauptsächlich aus einer Verkehrsdienstleistung besteht, anzusehen und daher nicht als „Dienst der Informationsgesellschaft“ im Sinne von Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 98/34, auf den Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/31 verweist, sondern als „Verkehrsdienstleistung“ im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2006/123 einzustufen. Daher ist die Richtlinie 2000/31 auf einen Vermittlungsdienst wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht anwendbar.

    (vgl. Rn. 35, 37-40, 42)

  3.  Eine Dienstleistung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende ist jedoch nicht nur ein Vermittlungsdienst, der darin besteht, mittels einer Smartphone‑Applikation eine Verbindung zwischen einem nicht berufsmäßigen Fahrer, der das eigene Fahrzeug benutzt, und einer Person herzustellen, die eine Fahrt im innerstädtischen Bereich unternehmen möchte. In einer Situation wie der vom vorlegenden Gericht genannten, in der die Personenbeförderung durch nicht berufsmäßige, das eigene Fahrzeug benutzende Fahrer vorgenommen wird, gibt der Erbringer dieses Vermittlungsdienstes nämlich gleichzeitig ein Angebot über innerstädtische Verkehrsdienstleistungen ab, das er u. a. durch Software-Tools wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Applikation zugänglich macht und dessen allgemeine Funktionalität für Personen, die dieses Angebot für eine innerstädtische Fahrt in Anspruch nehmen möchten, er organisiert. Insoweit geht aus den dem Gerichtshof vorliegenden Informationen hervor, dass der Vermittlungsdienst von Uber auf der Auswahl nicht berufsmäßiger, das eigene Fahrzeug benutzender Fahrer beruht, denen diese Gesellschaft eine Applikation stellt, ohne die zum einen die Fahrer nicht Verkehrsdienstleistungen erbringen würden und zum anderen die Personen, die eine Fahrt im innerstädtischen Bereich unternehmen möchten, nicht die Dienste dieser Fahrer in Anspruch nehmen würden. Zudem übt Uber einen entscheidenden Einfluss auf die Bedingungen aus, unter denen diese Fahrer die Leistung erbringen. Dabei ist insbesondere klar ersichtlich, dass Uber durch die gleichnamige Anwendung zumindest den Höchstpreis für die Fahrt festsetzt, dass diese Gesellschaft den Preis beim Kunden erhebt und danach einen Teil davon an den nicht berufsmäßigen Fahrer des Fahrzeugs überweist und dass sie eine gewisse Kontrolle über die Qualität der Fahrzeuge und deren Fahrer sowie über deren Verhalten ausübt, die gegebenenfalls zu ihrem Ausschluss führen kann.

    Dieser Vermittlungsdienst ist somit als integraler Bestandteil einer Gesamtdienstleistung, die hauptsächlich aus einer Verkehrsdienstleistung besteht, anzusehen und daher nicht als „Dienst der Informationsgesellschaft“ im Sinne von Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 98/34, auf den Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/31 verweist, sondern als „Verkehrsdienstleistung“ im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2006/123 einzustufen. Dieser Dienst unterliegt, da er als Verkehrsdienstleistung einzustufen ist, auch nicht der Richtlinie 2006/123, weil diese Art von Dienstleistungen nach dem Wortlaut von Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie zu den Dienstleistungen gehört, die vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausdrücklich ausgenommen sind.

    (vgl. Rn. 37-40, 43)

  4.  Art. 56 AEUV in Verbindung mit Art. 58 Abs. 1 AEUV sowie Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt und Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft in der Fassung der Richtlinie 98/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998, auf den Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“) verweist, sind dahin auszulegen, dass ein Vermittlungsdienst wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehende, der es mittels einer Smartphone-Applikation ermöglichen soll, gegen Entgelt eine Verbindung zwischen nicht berufsmäßigen Fahrern, die das eigene Fahrzeug benutzen, und Personen herzustellen, die eine Fahrt im innerstädtischen Bereich unternehmen möchten, als mit einer Verkehrsdienstleistung untrennbar verbunden anzusehen und daher als Verkehrsdienstleistung im Sinne von Art. 58 Abs. 1 AEUV einzustufen ist. Eine solche Dienstleistung ist daher vom Anwendungsbereich des Art. 56 AEUV, der Richtlinie 2006/123 und der Richtlinie 2000/31 auszuschließen.

    In einer Situation wie der vom vorlegenden Gericht genannten, in der die Personenbeförderung durch nicht berufsmäßige, das eigene Fahrzeug benutzende Fahrer vorgenommen wird, gibt der Erbringer dieses Vermittlungsdienstes nämlich gleichzeitig ein Angebot über innerstädtische Verkehrsdienstleistungen ab, das er u. a. durch Software-Tools wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Applikation zugänglich macht und dessen allgemeine Funktionalität für Personen, die dieses Angebot für eine innerstädtische Fahrt in Anspruch nehmen möchten, er organisiert. Insoweit geht aus den dem Gerichtshof vorliegenden Informationen hervor, dass der Vermittlungsdienst von Uber auf der Auswahl nicht berufsmäßiger, das eigene Fahrzeug benutzender Fahrer beruht, denen diese Gesellschaft eine Applikation stellt, ohne die zum einen die Fahrer nicht Verkehrsdienstleistungen erbringen würden und zum anderen die Personen, die eine Fahrt im innerstädtischen Bereich unternehmen möchten, nicht die Dienste dieser Fahrer in Anspruch nehmen würden. Zudem übt Uber einen entscheidenden Einfluss auf die Bedingungen aus, unter denen diese Fahrer die Leistung erbringen. Dabei ist insbesondere klar ersichtlich, dass Uber durch die gleichnamige Anwendung zumindest den Höchstpreis für die Fahrt festsetzt, dass diese Gesellschaft den Preis beim Kunden erhebt und danach einen Teil davon an den nicht berufsmäßigen Fahrer des Fahrzeugs überweist und dass sie eine gewisse Kontrolle über die Qualität der Fahrzeuge und deren Fahrer sowie über deren Verhalten ausübt, die gegebenenfalls zu ihrem Ausschluss führen kann.

    Dieser Vermittlungsdienst ist somit als integraler Bestandteil einer Gesamtdienstleistung, die hauptsächlich aus einer Verkehrsdienstleistung besteht, anzusehen und daher nicht als „Dienst der Informationsgesellschaft“ im Sinne von Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 98/34, auf den Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/31 verweist, sondern als „Verkehrsdienstleistung“ im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2006/123 einzustufen.

    (vgl. Rn. 38-40, 48 und Tenor)

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