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Document 62015CJ0223

    Urteil des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 22. September 2016.
    combit Software GmbH gegen Commit Business Solutions Ltd.
    Vorlage zur Vorabentscheidung – Verordnung (EG) Nr. 207/2009 – Unionsmarke – Einheitlichkeit – Feststellung einer Verwechslungsgefahr nur für einen Teil der Union – Territoriale Reichweite des in Art. 102 dieser Verordnung geregelten Verbots.
    Rechtssache C-223/15.

    Court reports – general

    Rechtssache C‑223/15

    combit Software GmbH

    gegen

    Commit Business Solutions Ltd

    (Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts Düsseldorf)

    „Vorlage zur Vorabentscheidung — Verordnung (EG) Nr. 207/2009 — Unionsmarke — Einheitlichkeit — Feststellung einer Verwechslungsgefahr nur für einen Teil der Union — Territoriale Reichweite des in Art. 102 dieser Verordnung geregelten Verbots“

    Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 22. September 2016

    1. Unionsmarke – Definition und Erwerb der Unionsmarke – Relative Eintragungshindernisse – Widerspruch des Inhabers einer für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen eingetragenen identischen oder ähnlichen älteren Marke – Aus einer Unionsmarke bestehende ältere Marke – Zurückweisung der Anmeldung bereits bei einem relativen Eintragungshindernis, das nur für einen Teil der Union vorliegt

      (Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 8 Abs. 1 Buchst. b)

    2. Unionsmarke – Wirkungen der Unionsmarke – Rechte aus der Marke – Recht, die Benutzung der Marke zu verbieten – Benutzung eines identischen oder ähnlichen Zeichens, das identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen erfasst – Verwechslungsgefahr, die nur für einen Teil der Union vorliegt

      (Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und 9 Abs. 1 Buchst. b; Richtlinie 2008/95 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 5 Abs. 1 Buchst. b)

    3. Unionsmarke – Rechtsstreitigkeiten über die Verletzung und die Gültigkeit von Unionsmarken – Sanktionen bei Verletzung oder drohender Verletzung – Pflichten der Unionsmarkengerichte – Erlass einer Anordnung, die dem Beklagten verbietet, die Handlungen, die eine Unionsmarke verletzen oder zu verletzen drohen, fortzusetzen – Verwechslungsgefahr, die nur für einen Teil der Union vorliegt – Ausnahme – „Besondere Gründe“, diese Anordnung nicht zu erlassen – Begriff

      (Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 102 Abs. 1)

    4. Unionsmarke – Rechtsstreitigkeiten über die Verletzung und die Gültigkeit von Unionsmarken – Sanktionen bei Verletzung oder drohender Verletzung – Pflichten der Unionsmarkengerichte – Erlass einer Anordnung, die dem Beklagten verbietet, die Handlungen, die eine Unionsmarke verletzen oder zu verletzen drohen, fortzusetzen – Verwechslungsgefahr, die nur für einen Teil der Union vorliegt

      (Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 1 Abs. 2, Art. 9 Abs. 1 Buchst. b und 102 Abs. 1)

    1.  Siehe Text der Entscheidung.

      (vgl. Rn. 26)

    2.  Der Gerichtshof hat in einer Rechtssache, die das Recht des Inhabers einer Unionsmarke betraf, gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 über die Unionsmarke der Eintragung einer ähnlichen, eine Verwechslungsgefahr schaffenden Unionsmarke zu widersprechen, bereits entschieden, dass einem solchen Widerspruch stattzugeben ist, wenn die Verwechslungsgefahr in einem Teil der Union dargetan worden ist, wobei dieser Teil beispielsweise das Gebiet eines Mitgliedstaats sein kann.

      Entsprechendes muss in Rechtssachen gelten, deren Gegenstand das Recht des Inhabers einer Unionsmarke ist, die Benutzung eines Zeichens untersagen zu lassen, das eine Verwechslungsgefahr hervorruft. Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 schützt den Inhaber einer Unionsmarke vor jeder Benutzung, die die herkunftshinweisende Funktion dieser Marke beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte. Der Markeninhaber hat daher das Recht, eine solche Benutzung verbieten zu lassen, selbst wenn die betreffende Funktion nur in einem Teil der Union beeinträchtigt wird.

      (vgl. Rn. 26, 27)

    3.  Siehe Text der Entscheidung.

      (vgl. Rn. 29)

    4.  Um den einheitlichen Schutz zu garantieren, den die Unionsmarke im gesamten Unionsgebiet genießt, muss sich das Verbot von Handlungen, die die Marke verletzen oder zu verletzen drohen, grundsätzlich auf dieses ganze Gebiet erstrecken.

      Das Unionsmarkengericht muss jedoch die territoriale Reichweite dieses Verbots begrenzen, falls es feststellt, dass die Benutzung des in Rede stehenden ähnlichen Zeichens für Waren, die mit denjenigen identisch sind, für die die fragliche Unionsmarke eingetragen ist, in einem bestimmten Teil der Union insbesondere aus sprachlichen Gründen keine Verwechslungsgefahr hervorruft und dort die herkunftshinweisende Funktion der Marke somit nicht beeinträchtigen kann.

      Kommt das Unionsmarkengericht auf der Grundlage der Tatsachen, die ihm grundsätzlich vom Beklagten zu unterbreiten sind, zu dem Schluss, dass in einem Teil der Union keine Verwechslungsgefahr besteht, kann nämlich der aus der Benutzung des fraglichen Zeichens resultierende rechtmäßige Handel in diesem Teil der Union nicht verboten werden. Ein solches Verbot würde über das durch die Unionsmarke verliehene ausschließliche Recht hinausgehen, da dieses Recht dem Inhaber der Marke nur gestattet, seine spezifischen Interessen als solche zu schützen, d. h., sicherzustellen, dass die Marke die ihr eigenen Funktionen erfüllen kann.

      Die Feststellung des Fehlens einer Verwechslungsgefahr in einem Teil der Union kann sich nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs nur auf eine Prüfung aller relevanten Umstände des Einzelfalls stützen. Diese Beurteilung muss einen Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht umfassen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind.

      Überdies muss der Teil der Union, für den das betreffende Unionsmarkengericht das Fehlen einer tatsächlichen oder möglichen Beeinträchtigung der Funktionen der Marke feststellt, von diesem Gericht genau bestimmt werden, damit dem gemäß Art. 102 der Verordnung Nr. 207/2009 über die Unionsmarke ausgesprochenen Verbot der Benutzung des fraglichen Zeichens eindeutig zu entnehmen ist, welcher Teil des Unionsgebiets nicht von ihm erfasst wird. Will das Gericht bestimmte Sprachräume der Union, etwa die als „englischsprachig“ bezeichneten, vom Benutzungsverbot ausnehmen, muss es umfassend angeben, welche Gebiete dabei gemeint sind.

      Die Auslegung, nach der das Verbot der Benutzung eines Zeichens, das die Gefahr von Verwechslungen mit einer Unionsmarke hervorruft, für das gesamte Gebiet der Union – mit Ausnahme des Teils dieses Gebiets, für den eine solche Gefahr verneint wurde – gilt, beeinträchtigt nicht die Einheitlichkeit der Unionsmarke im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009, da das Recht des Markeninhabers gewahrt bleibt, jede Benutzung verbieten zu lassen, die die seiner Marke eigenen Funktionen beeinträchtigt.

      Art. 1 Abs. 2, Art. 9 Abs. 1 Buchst. b und Art. 102 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 sind dahin auszulegen, dass ein Unionsmarkengericht, wenn es feststellt, dass die Benutzung eines Zeichens in einem Teil des Gebiets der Union zur Gefahr von Verwechslungen mit einer Unionsmarke führt, während in einem anderen Teil dieses Gebiets keine solche Gefahr besteht, zu dem Schluss kommen muss, dass eine Verletzung des durch die Marke verliehenen ausschließlichen Rechts vorliegt, und die Benutzung des Zeichens für das gesamte Gebiet der Union mit Ausnahme des Teils, für den eine Verwechslungsgefahr verneint wurde, untersagen muss.

      (vgl. Rn. 30-36)

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