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Document 62014CJ0494

Urteil des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 15. Oktober 2015.
Europäische Union gegen Axa Belgium SA.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Beamte – Beamtenstatut – Art. 73, 78 und 85a – Verkehrsunfall – Nationales Recht betreffend eine Regelung der verschuldensunabhängigen Haftung – Forderungsübergang auf die Europäische Union – Begriff ‚Haftpflichtiger Dritter‘ – Autonomer unionsrechtlicher Begriff – Begriff, der jede Person umfasst, die nach nationalem Recht den vom Geschädigten oder von seinen Rechtsnachfolgern erlittenen Schaden zu ersetzen hat – Leistungen, die nicht definitiv von der Union zu tragen sind.
Rechtssache C-494/14.

Court reports – general

Rechtssache C‑494/14

Europäische Union

gegen

Axa Belgium SA

(Vorabentscheidungsersuchen des Tribunal de première instance francophone de Bruxelles [Belgien])

„Vorlage zur Vorabentscheidung — Beamte — Beamtenstatut — Art. 73, 78 und 85a — Verkehrsunfall — Nationales Recht betreffend eine Regelung der verschuldensunabhängigen Haftung — Forderungsübergang auf die Europäische Union — Begriff ‚Haftpflichtiger Dritter‘ — Autonomer unionsrechtlicher Begriff — Begriff, der jede Person umfasst, die nach nationalem Recht den vom Geschädigten oder von seinen Rechtsnachfolgern erlittenen Schaden zu ersetzen hat — Leistungen, die nicht definitiv von der Union zu tragen sind“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 15. Oktober 2015

  1. Beamte — Forderungsübergang der Ansprüche eines Beamten gegen den für ein schädigendes Ereignis haftpflichtigen Dritten auf die Union — Grenzen — Bestimmung des Umfangs der Schadensersatzpflicht nach nationalem Recht

    (Beamtenstatut, Art. 85a)

  2. Recht der Europäischen Union — Auslegung — Grundsätze — Autonome und einheitliche Auslegung

  3. Beamte — Forderungsübergang der Ansprüche eines Beamten gegen den für ein schädigendes Ereignis haftpflichtigen Dritten auf die Union — Begriff des haftpflichtigen Dritten — Autonomer unionsrechtlicher Begriff

    (Beamtenstatut, Art. 1a und 85a Abs. 1)

  4. Recht der Europäischen Union — Auslegung — Vorschriften in mehreren Sprachen — Einheitliche Auslegung — Abweichungen zwischen den verschiedenen Sprachfassungen — Berücksichtigung der allgemeinen Systematik und des Zwecks der betreffenden Regelung

    (Beamtenstatut, Art. 85a)

  5. Beamte — Forderungsübergang der Ansprüche eines Beamten gegen den für ein schädigendes Ereignis haftpflichtigen Dritten auf die Union — Begriff des haftpflichtigen Dritten — Jede Person, die nach nationalem Recht den vom Geschädigten oder von seinen Rechtsnachfolgern erlittenen Schaden zu ersetzen hat

    (Beamtenstatut, Art. 85a Abs. 1)

  6. Beamte — Forderungsübergang der Ansprüche eines Beamten gegen den für ein schädigendes Ereignis haftpflichtigen Dritten auf die Union — Rückforderung der an den betreffenden Beamten als Invalidengeld gezahlten Beträge — Leistungen, die nicht definitiv von der Union zu tragen sind

    (Beamtenstatut, Art. 73, 78 und 85a Abs. 1 und 4)

  1.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 18)

  2.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 21)

  3.  Der Begriff des haftpflichtigen Dritten in Art. 85a Abs. 1 des Statuts muss eine autonome und einheitliche Auslegung in der Unionsrechtsordnung erhalten.

    Gemäß Art. 1a des Statuts haben die Beamten bei der Anwendung dieses Statuts nämlich das Recht auf Gleichbehandlung, was erfordert, dass dieses Statut in der gesamten Union grundsätzlich autonom und einheitlich auszulegen ist. Unter diesen Voraussetzungen muss der Begriff des haftpflichtigen Dritten, der für die Reichweite des in Art. 85a des Statuts vorgesehenen Forderungsübergangs ausschlaggebend ist, eine Auslegung erhalten, die seine einheitliche Anwendung in der gesamten Union ermöglicht.

    (vgl. Rn. 24, 25, 28, Tenor 1)

  4.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 30-32)

  5.  Der Begriff des haftpflichtigen Dritten im Sinne von Art. 85a Abs. 1 des Statuts umfasst jede Person, darunter die Versicherer, die nach nationalem Recht verpflichtet ist, den vom Geschädigten oder von seinen Rechtsnachfolgern erlittenen Schaden zu ersetzen.

    Der Zweck des Forderungsübergangs auf die Union nach Art. 85a des Statuts besteht nämlich darin, zu verhindern, dass ein Beamter für ein und denselben Schaden zweimal entschädigt wird. Wenn der dem Beamten entstandene Schaden für die Union die Verpflichtung mit sich bringt, diesem gemäß dem Statut Leistungen zu gewähren, kann die Gefahr einer solchen Kumulierung nur dann vermieden werden, wenn der Beamte zugunsten der Union seine Forderungen gegen den für das schädigende Ereignis haftpflichtigen Dritten verliert.

    Dieser Zweck lässt sich nur dann vollständig erreichen, wenn der in diesem Artikel vorgesehene Forderungsübergang die Systeme zur Entschädigung von Unfallopfern unabhängig davon umfasst, ob sie im betroffenen nationalen Recht als Verschuldenshaftungsregelung oder als andere Form einer Verpflichtung zur Leistung eines Ausgleichs gelten, und zwar auch dann, wenn sie vorsehen, dass ein Dritter einen Schaden unabhängig von einem Verschulden zu ersetzen hat.

    Angesichts des Zwecks des in Art. 85a des Statuts vorgesehenen Forderungsübergangs ist der Begriff des haftpflichtigen Dritten daher weit auszulegen und darf nicht auf die verschuldensabhängige Haftung beschränkt werden.

    (vgl. Rn. 33-36, Tenor 2)

  6.  Das Statut kann nicht dahin ausgelegt werden, dass im Rahmen einer Klage aus eigenem Recht nach Art. 85a Abs. 4 des Statuts die Leistungen, die die Union auf der Grundlage zum einen von Art. 73 des Statuts, mit dem die Risiken der Krankheit und des Unfalls abgedeckt werden sollen, und zum anderen auf der Grundlage von Art. 78 des Statuts, der sich auf die Zahlung von Invalidengeld bezieht, zu erbringen hat, definitiv von ihr zu tragen sind.

    Art. 85a Abs. 4 des Statuts sieht nämlich zum einen ausdrücklich vor, dass die Union nicht darauf beschränkt ist, im Wege eines Forderungsübergangs gemäß Art. 85a Abs. 1 des Statuts die von ihren Beamten erlittenen Schäden geltend zu machen, sondern auch die Möglichkeit einer Klage aus eigenem Recht hat, um Ersatz für einen eigenen Schaden zu erhalten, insbesondere im Zusammenhang mit den Leistungen, die sie nach dem Statut zu erbringen hat.

    Zum anderen ergibt sich die Natur des Invalidengelds zwar aus einer Besonderheit, die an die statutarische Beziehung zwischen der Union und ihren Beamten geknüpft ist; die Berücksichtigung dieser Besonderheit verlangt aber nicht, dass die in Form von Invalidengeld gezahlten Leistungen definitiv von der Union zu tragen sind.

    (vgl. Rn. 42-44, Tenor 3)

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