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Document 62013CJ0631

Forsgren

Rechtssache C‑631/13

Arne Forsgren

gegen

Österreichisches Patentamt

(Vorabentscheidungsersuchen des Obersten Patent- und Markensenats)

„Vorlage zur Vorabentscheidung — Humanarzneimittel — Ergänzendes Schutzzertifikat — Verordnung (EG) Nr. 469/2009 — Begriff ‚Wirkstoff‘ — Konjugierter Pneumokokken-Impfstoff — Pädiatrische Verwendung — Trägerprotein — Kovalente Bindung“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Achte Kammer) vom 15. Januar 2015

  1. Rechtsangleichung – Einheitliche Rechtsvorschriften – Gewerbliches und kommerzielles Eigentum – Patentrecht – Ergänzendes Schutzzertifikat für Arzneimittel – Voraussetzungen für die Erteilung – Stoff, der eine eigene pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung ausüben muss – Wirkstoff, der in einem Arzneimittel in kovalenter Verbindung mit anderen Wirkstoffen enthalten ist – Erteilung grundsätzlich nicht ausgeschlossen

    (Verordnung Nr. 469/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 1 Buchst. b und Art. 3 Buchst. a)

  2. Rechtsangleichung – Einheitliche Rechtsvorschriften – Gewerbliches und kommerzielles Eigentum – Patentrecht – Ergänzendes Schutzzertifikat für Arzneimittel – Voraussetzungen für die Erteilung – Wirkstoff, dessen therapeutische Wirkung nicht zu den von der Genehmigung für das Inverkehrbringen erfassten Anwendungsgebieten gehört – Erteilung ausgeschlossen

    (Verordnung Nr. 469/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 3 Buchst. a)

  3. Rechtsangleichung – Einheitliche Rechtsvorschriften – Gewerbliches und kommerzielles Eigentum – Patentrecht – Ergänzendes Schutzzertifikat für Arzneimittel – Begriff „Wirkstoff eines Arzneimittels“ – Protein ohne eigene von der Genehmigung für das Inverkehrbringen erfasste immunogene Wirkung, das aber eine solche Wirkung ausübt, wenn es mittels einer kovalenten Bindung an einen Polysaccharid-Antikörper konjugiert ist – Stoff, der eine eigene, von den Anwendungsgebieten der Genehmigung für das Inverkehrbringen erfasste pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung ausüben muss – Beurteilung durch das nationale Gericht

    (Verordnung Nr. 469/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 1 Buchst. b)

  1.  Art. 1 Buchst. b und Art. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 469/2009 über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel sind dahin auszulegen, dass sie die Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats für einen Wirkstoff nicht grundsätzlich ausschließen, wenn dieser Wirkstoff mit anderen zur Zusammensetzung eines Arzneimittels gehörenden Wirkstoffen kovalent verbunden ist.

    Der Begriff des Wirkstoffs bezieht sich nämlich für die Zwecke der Anwendung der Verordnung Nr. 469/2009 auf Stoffe, die eine eigene pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung ausüben. Da die Verordnung Nr. 469/2009 nicht danach unterscheidet, ob ein Wirkstoff mit anderen Stoffen kovalent verbunden ist, besteht kein Anlass, die Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats für einen solchen Wirkstoff aus diesem Grund auszuschließen. Hingegen fällt ein Stoff, der keine eigene therapeutische Wirkung entfaltet und dazu dient, eine bestimmte Darreichungsform des Arzneimittels zu erhalten, nicht unter den Begriff des Wirkstoffs, so dass für ihn kein ergänzendes Schutzzertifikat erteilt werden kann. Die Antwort auf die Frage, ob ein Stoff, der zur Zusammensetzung eines Arzneimittels gehört, ein Wirkstoff im Sinne von Art. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 469/2009 ist, hängt somit davon ab, ob dieser Stoff eine eigene pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung hat; dies gilt unabhängig davon, ob eventuell eine kovalente Bindung mit anderen Wirkstoffen besteht.

    (vgl. Rn. 25-28, Tenor 1)

  2.  Art. 3 Buchst. b der Verordnung Nr. 469/2009 über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel ist dahin auszulegen, dass er der Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats für einen Wirkstoff entgegensteht, dessen therapeutische Wirkung nicht zu den von der Genehmigung für das Inverkehrbringen erfassten Anwendungsgebieten gehört.

    Mit dem ergänzenden Schutzzertifikat wird nämlich die Wiederherstellung einer ausreichenden Dauer des wirksamen Grundpatentschutzes angestrebt, indem dem Inhaber nach Ablauf dieses Patents eine zusätzliche Ausschließlichkeitsfrist eingeräumt wird, die zumindest zum Teil den Rückstand in der wirtschaftlichen Verwertung seiner Erfindung ausgleichen soll, der aufgrund der Zeitspanne von der Einreichung der Patentanmeldung bis zur Erteilung der ersten Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Union eingetreten ist. Daraus folgt, dass für ein patentiertes Erzeugnis kein ergänzendes Schutzzertifikat erteilt werden kann, wenn es dafür keine Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt wurde. Aus Art. 4 der Verordnung Nr. 469/2009 ergibt sich, dass für eine nicht genehmigte Verwendung des Erzeugnisses als Arzneimittel kein ergänzendes Schutzzertifikat erteilt werden kann.

    Haben in das Verfahren zur Erteilung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen für das Arzneimittel, zu dessen Zusammensetzung ein Wirkstoff gehört, keine Versuche oder Daten über die therapeutischen Wirkungen des Wirkstoffs Eingang gefunden, konnte dieses Verfahren die wirtschaftliche Verwertung des Grundpatents nicht verzögern. Unter solchen Umständen widerspräche die Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats dem mit der Verordnung Nr. 469/2009 verfolgten Ziel, den Rückstand in der wirtschaftlichen Verwertung einer patentierten Erfindung, der aufgrund der für die Erteilung der ersten Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Union erforderlichen Zeitspanne eingetreten ist, zumindest zum Teil auszugleichen.

    (vgl. Rn. 33-35, 38, 39, Tenor 2)

  3.  Art. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 469/2009 über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel ist dahin auszulegen, dass ein mittels einer kovalenten Bindung an einen Polysaccharid-Antikörper konjugiertes Trägerprotein nur dann als „Wirkstoff“ im Sinne dieser Bestimmung eingestuft werden kann, wenn nachgewiesen ist, dass es eine eigene pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung ausübt, die von den Anwendungsgebieten der Genehmigung für das Inverkehrbringen erfasst wird.

    (vgl. Rn. 54, Tenor 2)

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Rechtssache C‑631/13

Arne Forsgren

gegen

Österreichisches Patentamt

(Vorabentscheidungsersuchen des Obersten Patent- und Markensenats)

„Vorlage zur Vorabentscheidung — Humanarzneimittel — Ergänzendes Schutzzertifikat — Verordnung (EG) Nr. 469/2009 — Begriff ‚Wirkstoff‘ — Konjugierter Pneumokokken-Impfstoff — Pädiatrische Verwendung — Trägerprotein — Kovalente Bindung“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Achte Kammer) vom 15. Januar 2015

  1. Rechtsangleichung — Einheitliche Rechtsvorschriften — Gewerbliches und kommerzielles Eigentum — Patentrecht — Ergänzendes Schutzzertifikat für Arzneimittel — Voraussetzungen für die Erteilung — Stoff, der eine eigene pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung ausüben muss — Wirkstoff, der in einem Arzneimittel in kovalenter Verbindung mit anderen Wirkstoffen enthalten ist — Erteilung grundsätzlich nicht ausgeschlossen

    (Verordnung Nr. 469/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 1 Buchst. b und Art. 3 Buchst. a)

  2. Rechtsangleichung — Einheitliche Rechtsvorschriften — Gewerbliches und kommerzielles Eigentum — Patentrecht — Ergänzendes Schutzzertifikat für Arzneimittel — Voraussetzungen für die Erteilung — Wirkstoff, dessen therapeutische Wirkung nicht zu den von der Genehmigung für das Inverkehrbringen erfassten Anwendungsgebieten gehört — Erteilung ausgeschlossen

    (Verordnung Nr. 469/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 3 Buchst. a)

  3. Rechtsangleichung — Einheitliche Rechtsvorschriften — Gewerbliches und kommerzielles Eigentum — Patentrecht — Ergänzendes Schutzzertifikat für Arzneimittel — Begriff „Wirkstoff eines Arzneimittels“ — Protein ohne eigene von der Genehmigung für das Inverkehrbringen erfasste immunogene Wirkung, das aber eine solche Wirkung ausübt, wenn es mittels einer kovalenten Bindung an einen Polysaccharid-Antikörper konjugiert ist — Stoff, der eine eigene, von den Anwendungsgebieten der Genehmigung für das Inverkehrbringen erfasste pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung ausüben muss — Beurteilung durch das nationale Gericht

    (Verordnung Nr. 469/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 1 Buchst. b)

  1.  Art. 1 Buchst. b und Art. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 469/2009 über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel sind dahin auszulegen, dass sie die Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats für einen Wirkstoff nicht grundsätzlich ausschließen, wenn dieser Wirkstoff mit anderen zur Zusammensetzung eines Arzneimittels gehörenden Wirkstoffen kovalent verbunden ist.

    Der Begriff des Wirkstoffs bezieht sich nämlich für die Zwecke der Anwendung der Verordnung Nr. 469/2009 auf Stoffe, die eine eigene pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung ausüben. Da die Verordnung Nr. 469/2009 nicht danach unterscheidet, ob ein Wirkstoff mit anderen Stoffen kovalent verbunden ist, besteht kein Anlass, die Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats für einen solchen Wirkstoff aus diesem Grund auszuschließen. Hingegen fällt ein Stoff, der keine eigene therapeutische Wirkung entfaltet und dazu dient, eine bestimmte Darreichungsform des Arzneimittels zu erhalten, nicht unter den Begriff des Wirkstoffs, so dass für ihn kein ergänzendes Schutzzertifikat erteilt werden kann. Die Antwort auf die Frage, ob ein Stoff, der zur Zusammensetzung eines Arzneimittels gehört, ein Wirkstoff im Sinne von Art. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 469/2009 ist, hängt somit davon ab, ob dieser Stoff eine eigene pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung hat; dies gilt unabhängig davon, ob eventuell eine kovalente Bindung mit anderen Wirkstoffen besteht.

    (vgl. Rn. 25-28, Tenor 1)

  2.  Art. 3 Buchst. b der Verordnung Nr. 469/2009 über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel ist dahin auszulegen, dass er der Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats für einen Wirkstoff entgegensteht, dessen therapeutische Wirkung nicht zu den von der Genehmigung für das Inverkehrbringen erfassten Anwendungsgebieten gehört.

    Mit dem ergänzenden Schutzzertifikat wird nämlich die Wiederherstellung einer ausreichenden Dauer des wirksamen Grundpatentschutzes angestrebt, indem dem Inhaber nach Ablauf dieses Patents eine zusätzliche Ausschließlichkeitsfrist eingeräumt wird, die zumindest zum Teil den Rückstand in der wirtschaftlichen Verwertung seiner Erfindung ausgleichen soll, der aufgrund der Zeitspanne von der Einreichung der Patentanmeldung bis zur Erteilung der ersten Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Union eingetreten ist. Daraus folgt, dass für ein patentiertes Erzeugnis kein ergänzendes Schutzzertifikat erteilt werden kann, wenn es dafür keine Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt wurde. Aus Art. 4 der Verordnung Nr. 469/2009 ergibt sich, dass für eine nicht genehmigte Verwendung des Erzeugnisses als Arzneimittel kein ergänzendes Schutzzertifikat erteilt werden kann.

    Haben in das Verfahren zur Erteilung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen für das Arzneimittel, zu dessen Zusammensetzung ein Wirkstoff gehört, keine Versuche oder Daten über die therapeutischen Wirkungen des Wirkstoffs Eingang gefunden, konnte dieses Verfahren die wirtschaftliche Verwertung des Grundpatents nicht verzögern. Unter solchen Umständen widerspräche die Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats dem mit der Verordnung Nr. 469/2009 verfolgten Ziel, den Rückstand in der wirtschaftlichen Verwertung einer patentierten Erfindung, der aufgrund der für die Erteilung der ersten Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Union erforderlichen Zeitspanne eingetreten ist, zumindest zum Teil auszugleichen.

    (vgl. Rn. 33-35, 38, 39, Tenor 2)

  3.  Art. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 469/2009 über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel ist dahin auszulegen, dass ein mittels einer kovalenten Bindung an einen Polysaccharid-Antikörper konjugiertes Trägerprotein nur dann als „Wirkstoff“ im Sinne dieser Bestimmung eingestuft werden kann, wenn nachgewiesen ist, dass es eine eigene pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung ausübt, die von den Anwendungsgebieten der Genehmigung für das Inverkehrbringen erfasst wird.

    (vgl. Rn. 54, Tenor 2)

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