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Document 62012TJ0442

Urteil des Gerichts (Achte Kammer) vom 1. Juni 2017.
Changmao Biochemical Engineering Co. Ltd gegen Rat der Europäischen Union.
Dumping – Einfuhren von Weinsäure mit Ursprung in China – Änderung des endgültigen Antidumpingzolls – Teilweise Interimsüberprüfung – Marktwirtschaftsbehandlung – Im Wesentlichen auf Marktwerten beruhende Kosten der wichtigsten Inputs – Veränderte Umstände – Begründungspflicht – Frist für die Entscheidung über eine Marktwirtschaftsbehandlung – Verteidigungsrechte – Art. 20 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009.
Rechtssache T-442/12.

Court reports – general

Rechtssache T‑442/12

Changmao Biochemical Engineering Co. Ltd

gegen

Rat der Europäischen Union

„Dumping – Einfuhren von Weinsäure mit Ursprung in China – Änderung des endgültigen Antidumpingzolls – Teilweise Interimsüberprüfung – Marktwirtschaftsbehandlung – Im Wesentlichen auf Marktwerten beruhende Kosten der wichtigsten Inputs – Veränderte Umstände – Begründungspflicht – Frist für die Entscheidung über eine Marktwirtschaftsbehandlung – Verteidigungsrechte – Art. 20 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009“

Leitsätze – Urteil des Gerichts (Achte Kammer) vom 1. Juni 2017

  1. Gemeinsame Handelspolitik – Schutz gegen Dumpingpraktiken – Dumpingspanne – Bestimmung des Normalwerts – Einfuhren aus Ländern ohne Marktwirtschaft – Gewährung einer Marktwirtschaftsbehandlung – Voraussetzungen – Den Herstellern obliegende Beweislast – Beweiswürdigung durch die Organe – Gerichtliche Nachprüfung – Grenzen

    (Verordnung Nr. 1225/2009 des Rates, Art. 2 Abs. 7 Buchst. a, b und c)

  2. Gemeinsame Handelspolitik – Schutz gegen Dumpingpraktiken – Dumpingspanne – Bestimmung des Normalwerts – Einfuhren aus Ländern ohne Marktwirtschaft – Gewährung einer Marktwirtschaftsbehandlung – Voraussetzungen – Im Wesentlichen auf Marktwerten beruhende Kosten der wichtigsten Inputs – Den Herstellern obliegende Beweislast

    (Verordnung Nr. 1225/2009 des Rates, Art. 2 Abs. 7 Buchst. c erster Gedankenstrich)

  3. Gemeinsame Handelspolitik – Schutz gegen Dumpingpraktiken – Verfahren einer teilweisen Interimsüberprüfung eines Antidumpingzolls – Ermessen der Organe – Veränderte Würdigung der Umstände, die bei Abschluss der Ausgangsuntersuchung die Gewährung einer Marktwirtschaftsbehandlung gerechtfertigt hatten – Zulässigkeit

    (Verordnung Nr. 1225/2009 des Rates, Art. 2 Abs. 7 Buchst. c und 11 Abs. 6)

  4. Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang – Verordnung zur Einführung von Antidumpingzöllen

    (Art. 296 AEUV)

  5. Gemeinsame Handelspolitik – Schutz gegen Dumpingpraktiken – Dumpingspanne – Bestimmung des Normalwerts – Einfuhren aus Ländern ohne Marktwirtschaft im Sinne von Art. 2 Abs. 7 Buchst. b der Verordnung Nr. 1225/2009 – Verfahren zur Beurteilung der Bedingungen, unter denen einem Hersteller eine Marktwirtschaftsbehandlung zuerkannt werden kann – Überschreitung der in Art. 2 Abs. 7 Buchst. c Unterabs. 2 der genannten Verordnung vorgesehenen Dreimonatsfrist durch die Kommission – Folgen

    (Verordnung Nr. 1225/2009 des Rates, Art. 2 Abs. 7 Buchst. a, b und c Unterabs. 2)

  6. Gemeinsame Handelspolitik – Schutz gegen Dumpingpraktiken – Untersuchung – Wahrung der Verteidigungsrechte – Verpflichtung der Organe zur Unterrichtung der betroffenen Unternehmen im Einklang mit der Verpflichtung zur Wahrung der Vertraulichkeit der Informationen – Verstoß gegen die Unterrichtungspflicht – Voraussetzungen – Weigerung, Informationen zu übermitteln, die zur Verteidigung des Unternehmens hätten dienlich sein könnten

    (Verordnung Nr. 1225/2009 des Rates, Art. 20 Abs. 2)

  7. Gemeinsame Handelspolitik – Schutz gegen Dumpingpraktiken – Antidumpingverfahren – Verteidigungsrechte – Gerichtliche Nachprüfung – Berücksichtigung von Gründen, die keine Grundlage für den Rechtsakt bilden, aus dem sich die geltend gemachte Verletzung der Verteidigungsrechte ergibt – Unzulässigkeit

    (Verordnung Nr. 1225/2009 des Rates, Art. 20 Abs. 2)

  1.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 41-46)

  2.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 47-64)

  3.  Im Rahmen der rückblickenden und vorausschauenden Analyse, die sie bei der teilweisen Interimsüberprüfung der Antidumpingmaßnahmen vorzunehmen haben, dürfen die Organe ihre Beurteilung der Umstände ändern, die bei Abschluss der Ausgangsuntersuchung die Gewährung einer Marktwirtschaftsbehandlung gerechtfertigt hatten.

    Es wäre nämlich unlogisch, wenn die Organe gezwungen wären, Art. 2 Abs. 7 Buchst. c der Grundverordnung Nr. 1225/2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern auf eine Art und Weise, die sich aufgrund der im Rahmen der Interimsüberprüfung vorgelegten Beweise als falsch erwiesen hat, anzuwenden, und zwar nur deshalb, weil diese Anwendung bei der Ausgangsuntersuchung praktiziert worden war. Dies wäre umso unlogischer, als nach Art. 11 Abs. 6 der Grundverordnung eine Änderung der Maßnahmen nur im Wege einer Interimsüberprüfung möglich ist, während eine Überprüfung bei Auslaufen der Maßnahmen nur zu deren Aufhebung oder Aufrechterhaltung führen kann.

    (vgl. Rn. 83, 84)

  4.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 89-98)

  5.  Nach Art. 2 Abs. 7 Buchst. c Unterabs. 2 der Grundverordnung Nr. 1225/2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern erfolgt eine Entscheidung darüber, ob der Hersteller den in Unterabs. 1 aufgeführten Kriterien für die die Gewährung einer Marktwirtschaftsbehandlung entspricht, innerhalb von drei Monaten ab dem Beginn der Untersuchung, nach besonderer Anhörung des Beratenden Ausschusses und nach Ermöglichung der Stellungnahme seitens des Wirtschaftszweigs der Union.

    Jedoch enthält diese Bestimmung keine Aussage zu den Folgen einer Überschreitung der Dreimonatsfrist durch die Kommission. In der Tat führt nicht jede Überschreitung dieser Frist durch die Kommission ohne weiteres zur Nichtigerklärung der anschließend erlassenen Verordnung

    Die Überschreitung dieser Dreimonatsfrist ist daher nur geeignet, die Rechtmäßigkeit der anschließend erlassenen Verordnung zu berühren, wenn das betreffende Unternehmen nachweist, dass die Antwort auf seinen Antrag auf die Gewährung einer Marktwirtschaftsbehandlung anders und für es günstiger hätte ausfallen können, wenn sie innerhalb der Frist erfolgt wäre.

    (vgl. Rn. 111, 113, 115)

  6.  Gemäß Art. 20 Abs. 2 der Grundverordnung Nr. 1225/2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern können die in eine Antidumpinguntersuchung einbezogenen Parteien die endgültige Unterrichtung über die wichtigsten Tatsachen und Erwägungen beantragen, auf deren Grundlage die Einführung endgültiger Maßnahmen oder die Einstellung einer Untersuchung oder eines Verfahrens ohne die Einführung von Maßnahmen empfohlen wird.

    Im Übrigen ist die Wahrung der Verteidigungsrechte in allen gegen eine Person eröffneten Verfahren, die zu einer beschwerenden Maßnahme führen könnten, ein elementarer Grundsatz des Unionsrechts, der auch dann zu beachten sei, wenn es an einer Regelung für das betreffende Verfahren fehlt. Der Beachtung dieses Grundsatzes kommt in Verfahren über Antidumpinguntersuchungen größte Bedeutung zu.

    Nach diesem Grundsatz müssen die betroffenen Unternehmen im Laufe des Verwaltungsverfahrens in die Lage versetzt werden, ihren Standpunkt zur Richtigkeit und Erheblichkeit der behaupteten Tatsachen und Umstände sowie zu den Beweisen, auf die die Kommission ihren Vorwurf des Vorliegens eines Dumpings und eines daraus resultierenden Schadens stützt, sachgerecht zu vertreten.

    Die den Unionsorganen im Antidumpingbereich obliegende Unterrichtungspflicht muss mit der Pflicht zur Wahrung vertraulicher Informationen in Einklang gebracht werden. Die Pflicht zur Wahrung vertraulicher Informationen kann jedoch nicht so verstanden werden, dass den Verteidigungsrechten ihr wesentlicher Inhalt genommen würde. Anhand des Grades der Spezifikation des Auskunftsverlangens ist zu beurteilen, ob die von den Unionsorganen erteilten Auskünfte ausreichend sind.

    Was insbesondere die Weigerung der Kommission angeht, einem in eine Antidumpinguntersuchung einbezogenen Unternehmen Informationen über die Bestimmung des Normalwerts der betreffenden Waren bekannt zu geben, können die Beteiligten, wenn sie über genaue Berechnungen der Kommission und über die für diese Berechnungen verwendeten Daten verfügen, allgemein eine ihrer Verteidigung dienlichere Stellungnahme abgeben. Sie können dann nämlich genau prüfen, wie die Kommission diese Daten verwendet hat, und Letztere mit ihren eigenen Berechnungen vergleichen, wodurch sie etwaige Fehler der Kommission aufdecken können, die andernfalls nicht erkennbar wären. Zudem darf von dem betreffenden Unternehmen nicht der Nachweis verlangt werden, dass die anschließende Entscheidung der Organe anders ausgefallen wäre, wenn das Unternehmen über diese Informationen verfügt hätte, sondern nur, dass dies nicht völlig ausgeschlossen ist, wenn sie sich ohne den Verfahrensfehler besser hätte verteidigen können, so dass Letzterer ihre Verteidigungsrechte konkret beeinträchtigt hat.

    (vgl. Rn. 138-140, 142, 143, 156, 157)

  7.  Die Rechtmäßigkeit eines Rechtsakts der Union ist anhand der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seines Erlasses zu beurteilen, so dass das Gericht die im Untersuchungsverfahren geltend gemachten Gründe nicht gegen andere Gründe auswechseln darf, die erstmals vor ihm vorgebracht worden sind.

    Die Weigerung der Kommission, einem in eine Antidumpinguntersuchung einbezogenen Unternehmen Informationen über die Bestimmung des Normalwerts der betreffenden Waren bekannt zu geben, kann somit nicht mit einer Begründung gerechtfertigt werden, die in der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht vorgetragen wurde und die den Schutz der Geschäftsinteressen eines Konkurrenten dieses Unternehmens betrifft.

    (vgl. Rn. 153)

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