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Document 62012CJ0494
Leitsätze des Urteils
Leitsätze des Urteils
Court reports – general
Rechtssache C‑494/12
Dixons Retail plc
gegen
Commissioners for Her Majesty’s Revenue and Customs
(Vorabentscheidungsersuchen des First‑tier Tribunal [Tax Chamber])
„Richtlinie 2006/112/EG — Mehrwertsteuer — Lieferung von Gegenständen — Begriff — Missbräuchliche Benutzung einer Bankkarte“
Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 21. November 2013
Harmonisierung des Steuerrechts – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem – Lieferung von Gegenständen – Begriff – Übertragung eines körperlichen Gegenstands auf einen Käufer, der eine Bankkarte als Zahlungsmittel missbräuchlich benutzt – Einbeziehung
(Richtlinien des Rates 77/388, Art. 2 Nr. 1 und Art. 5 Abs. 1, und 2006/112, Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und Art. 14 Abs. 1)
Harmonisierung des Steuerrechts – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem – Besteuerungsgrundlage – Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen – Begriff – Verkaufsvorgänge zwischen einem Lieferer und einem Käufer, der mit Bankkarte bezahlt – Zahlung, die nach Maßgabe eines mit dem Lieferer geschlossenen Vertrags durch einen Dritten, nämlich das Kreditkarteninstitut, für Rechnung des Käufers erfolgt – Zahlung, die eine Gegenleistung bildet – Einbeziehung
(Richtlinien des Rates 77/388, Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a, und 2006/112, Art. 73)
Art. 2 Nr. 1 und Art. 5 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern sowie Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem sind dahin auszulegen, dass im Rahmen eines zwischen einem Dritten und dem Lieferer eines Gegenstands geschlossenen Vertrags – wonach der Dritte dem Lieferer die Gegenstände abzüglich eines Bearbeitungsentgelts zu bezahlen hat, die dieser an Käufer, die eine Bankkarte als Zahlungsmittel benutzen, verkauft hat – die körperliche Übertragung eines Gegenstands auf einen Käufer, der eine solche Karte zur Zahlung dieses Gegenstands missbräuchlich benutzt, eine Lieferung von Gegenständen darstellt.
Der Begriff der Lieferung von Gegenständen bezieht sich nämlich nicht auf die Eigentumsübertragung in den im anwendbaren nationalen Recht vorgesehenen Formen, sondern umfasst jede Übertragung eines körperlichen Gegenstands durch eine Partei, die die andere Partei ermächtigt, über diesen Gegenstand faktisch so zu verfügen, als wäre sie sein Eigentümer.
Dieser Begriff hat einen objektiven Charakter und ist unabhängig von Zweck und Ergebnis der betroffenen Umsätze anwendbar. Die Steuerverwaltung ist dabei nicht verpflichtet, Untersuchungen anzustellen, um die Absicht des betroffenen Steuerpflichtigen zu ermitteln oder gar die Absicht eines von diesem Steuerpflichtigen verschiedenen, an derselben Lieferkette beteiligten Händlers zu berücksichtigen
Die missbräuchliche Benutzung einer Bankkarte als Zahlungsmittel im Zuge der genannten Umsätze ändert somit nichts daran, dass diese Umsätze als Lieferungen von Gegenständen qualifiziert werden können, denn sie hat keinen Bezug zu den objektiven Kriterien, auf denen dieser Begriff beruht, sondern hängt mit der Absicht der Person, die als Erwerber an den in Rede stehenden Umsätzen beteiligt war, und den zur Verwirklichung einer solchen Absicht angewandten Verfahren zusammen.
Im Übrigen ist eine solche Situation von der des Diebstahls von Waren, die nicht unter den Begriff der Lieferung von Gegenständen fällt, zu unterscheiden, denn der Diebstahl von Waren befähigt den Täter nicht, über die Waren wie ihr Eigentümer zu verfügen.
(vgl. Randnrn. 17, 20, 21, 26, 28, 29 und 38 sowie Tenor)
Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern sowie Art. 73 der Richtlinie 2006/112 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem sind dahin auszulegen, dass im Rahmen der körperlichen Übertragung eines Gegenstands auf einen Käufer, der eine Bankkarte als Zahlungsmittel missbräuchlich benutzt, – wobei diese Übertragung eine Lieferung von Gegenständen darstellt – die Zahlung eines Dritten nach Maßgabe eines zwischen ihm und dem Lieferer dieses Gegenstands geschlossenen Vertrags – wonach der Dritte dem Lieferer die Gegenstände zu bezahlen hat, die dieser an Käufer, die eine solche Karte als Zahlungsmittel benutzen, verkauft hat – eine Gegenleistung bildet.
Wenn der Käufer eine Ware mit einer Kreditkarte bezahlt, finden nämlich zwei Geschäftsvorgänge statt, und zwar zum einen der Verkauf dieser Ware durch einen Lieferanten, der in den von ihm verlangten Gesamtpreis auch die Mehrwertsteuer einrechnet, die vom Käufer als Endverbraucher entrichtet und von diesem Lieferanten für Rechnung des Fiskus erhoben wird, und zum anderen die Erbringung von Dienstleistungen durch das Kreditkarteninstitut an den genannten Lieferanten.
In diesem Zusammenhang verlangen die Sechste Richtlinie und die Richtlinie 2006/112 für die Ausführung einer Lieferung von Gegenständen oder einer Dienstleistung gegen Entgelt nicht, dass die Gegenleistung für die Lieferung oder die Dienstleistung unmittelbar vom Empfänger der Lieferung oder der Dienstleistung erbracht wird. Die Entrichtung der Gegenleistung für die Lieferung von Gegenständen kann nämlich gemäß Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie und Art. 73 der Richtlinie 2006/112 nicht nur durch den Käufer selbst, sondern auch durch einen Dritten, im vorliegenden Fall das Kreditkarteninstitut, erfolgen.
(vgl. Randnrn. 34, 35 und 38 sowie Tenor)
Rechtssache C‑494/12
Dixons Retail plc
gegen
Commissioners for Her Majesty’s Revenue and Customs
(Vorabentscheidungsersuchen des First‑tier Tribunal [Tax Chamber])
„Richtlinie 2006/112/EG — Mehrwertsteuer — Lieferung von Gegenständen — Begriff — Missbräuchliche Benutzung einer Bankkarte“
Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 21. November 2013
Harmonisierung des Steuerrechts — Gemeinsames Mehrwertsteuersystem — Lieferung von Gegenständen — Begriff — Übertragung eines körperlichen Gegenstands auf einen Käufer, der eine Bankkarte als Zahlungsmittel missbräuchlich benutzt — Einbeziehung
(Richtlinien des Rates 77/388, Art. 2 Nr. 1 und Art. 5 Abs. 1, und 2006/112, Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und Art. 14 Abs. 1)
Harmonisierung des Steuerrechts — Gemeinsames Mehrwertsteuersystem — Besteuerungsgrundlage — Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen — Begriff — Verkaufsvorgänge zwischen einem Lieferer und einem Käufer, der mit Bankkarte bezahlt — Zahlung, die nach Maßgabe eines mit dem Lieferer geschlossenen Vertrags durch einen Dritten, nämlich das Kreditkarteninstitut, für Rechnung des Käufers erfolgt — Zahlung, die eine Gegenleistung bildet — Einbeziehung
(Richtlinien des Rates 77/388, Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a, und 2006/112, Art. 73)
Art. 2 Nr. 1 und Art. 5 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern sowie Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem sind dahin auszulegen, dass im Rahmen eines zwischen einem Dritten und dem Lieferer eines Gegenstands geschlossenen Vertrags – wonach der Dritte dem Lieferer die Gegenstände abzüglich eines Bearbeitungsentgelts zu bezahlen hat, die dieser an Käufer, die eine Bankkarte als Zahlungsmittel benutzen, verkauft hat – die körperliche Übertragung eines Gegenstands auf einen Käufer, der eine solche Karte zur Zahlung dieses Gegenstands missbräuchlich benutzt, eine Lieferung von Gegenständen darstellt.
Der Begriff der Lieferung von Gegenständen bezieht sich nämlich nicht auf die Eigentumsübertragung in den im anwendbaren nationalen Recht vorgesehenen Formen, sondern umfasst jede Übertragung eines körperlichen Gegenstands durch eine Partei, die die andere Partei ermächtigt, über diesen Gegenstand faktisch so zu verfügen, als wäre sie sein Eigentümer.
Dieser Begriff hat einen objektiven Charakter und ist unabhängig von Zweck und Ergebnis der betroffenen Umsätze anwendbar. Die Steuerverwaltung ist dabei nicht verpflichtet, Untersuchungen anzustellen, um die Absicht des betroffenen Steuerpflichtigen zu ermitteln oder gar die Absicht eines von diesem Steuerpflichtigen verschiedenen, an derselben Lieferkette beteiligten Händlers zu berücksichtigen
Die missbräuchliche Benutzung einer Bankkarte als Zahlungsmittel im Zuge der genannten Umsätze ändert somit nichts daran, dass diese Umsätze als Lieferungen von Gegenständen qualifiziert werden können, denn sie hat keinen Bezug zu den objektiven Kriterien, auf denen dieser Begriff beruht, sondern hängt mit der Absicht der Person, die als Erwerber an den in Rede stehenden Umsätzen beteiligt war, und den zur Verwirklichung einer solchen Absicht angewandten Verfahren zusammen.
Im Übrigen ist eine solche Situation von der des Diebstahls von Waren, die nicht unter den Begriff der Lieferung von Gegenständen fällt, zu unterscheiden, denn der Diebstahl von Waren befähigt den Täter nicht, über die Waren wie ihr Eigentümer zu verfügen.
(vgl. Randnrn. 17, 20, 21, 26, 28, 29 und 38 sowie Tenor)
Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern sowie Art. 73 der Richtlinie 2006/112 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem sind dahin auszulegen, dass im Rahmen der körperlichen Übertragung eines Gegenstands auf einen Käufer, der eine Bankkarte als Zahlungsmittel missbräuchlich benutzt, – wobei diese Übertragung eine Lieferung von Gegenständen darstellt – die Zahlung eines Dritten nach Maßgabe eines zwischen ihm und dem Lieferer dieses Gegenstands geschlossenen Vertrags – wonach der Dritte dem Lieferer die Gegenstände zu bezahlen hat, die dieser an Käufer, die eine solche Karte als Zahlungsmittel benutzen, verkauft hat – eine Gegenleistung bildet.
Wenn der Käufer eine Ware mit einer Kreditkarte bezahlt, finden nämlich zwei Geschäftsvorgänge statt, und zwar zum einen der Verkauf dieser Ware durch einen Lieferanten, der in den von ihm verlangten Gesamtpreis auch die Mehrwertsteuer einrechnet, die vom Käufer als Endverbraucher entrichtet und von diesem Lieferanten für Rechnung des Fiskus erhoben wird, und zum anderen die Erbringung von Dienstleistungen durch das Kreditkarteninstitut an den genannten Lieferanten.
In diesem Zusammenhang verlangen die Sechste Richtlinie und die Richtlinie 2006/112 für die Ausführung einer Lieferung von Gegenständen oder einer Dienstleistung gegen Entgelt nicht, dass die Gegenleistung für die Lieferung oder die Dienstleistung unmittelbar vom Empfänger der Lieferung oder der Dienstleistung erbracht wird. Die Entrichtung der Gegenleistung für die Lieferung von Gegenständen kann nämlich gemäß Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie und Art. 73 der Richtlinie 2006/112 nicht nur durch den Käufer selbst, sondern auch durch einen Dritten, im vorliegenden Fall das Kreditkarteninstitut, erfolgen.
(vgl. Randnrn. 34, 35 und 38 sowie Tenor)