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Document 62012CJ0378

Leitsätze des Urteils

Rechtssache C‑378/12

Nnamdi Onuekwere

gegen

Secretary of State for the Home Department

(Vorabentscheidungsersuchen des Upper Tribunal [Immigration and Asylum Chamber] London)

„Vorabentscheidungsersuchen — Richtlinie 2004/38/EG — Art. 16 Abs. 2 und 3 — Daueraufenthaltsrecht von Drittstaatsangehörigen, die Familienangehörige eines Unionsbürgers sind — Berücksichtigung von Zeiträumen, in denen diese Staatsangehörigen Freiheitsstrafen verbüßen“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 16. Januar 2014

  1. Unionsbürgerschaft — Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten — Richtlinie 2004/38 — Daueraufenthaltsrecht von Drittstaatsangehörigen, die Familienangehörige eines Unionsbürgers sind, der dieses Recht im Aufnahmemitgliedstaat erworben hat — Erwerb dieses Rechts durch den Drittstaatsangehörigen, nachdem er sich fünf Jahre lang ununterbrochen mit dem Unionsbürger im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat — Berücksichtigung von Zeiträumen, in denen der Drittstaatsangehörige Freiheitsstrafen in diesem Mitgliedstaat verbüßt — Ausschluss

    (Richtlinie 2004/38 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 16 Abs. 2)

  2. Unionsbürgerschaft — Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten — Richtlinie 2004/38 — Daueraufenthaltsrecht von Drittstaatsangehörigen, die Familienangehörige eines Unionsbürgers sind, der dieses Recht im Aufnahmemitgliedstaat erworben hat — Erwerb dieses Rechts durch den Drittstaatsangehörigen, nachdem er sich fünf Jahre lang ununterbrochen mit dem Unionsbürger im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat — Unterbrechung der Kontinuität des Aufenthalts durch Zeiträume, in denen der Drittstaatsangehörige Freiheitsstrafen in diesem Mitgliedstaat verbüßt — Ausschluss

    Richtlinie 2004/38 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art.16 Abs. 2 und 3)

  1.  Art. 16 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, ist dahin auszulegen, dass Zeiträume, in denen im Aufnahmemitgliedstaat eine Freiheitsstrafe von einem Drittstaatsangehörigen verbüßt worden ist, der Familienangehöriger eines Unionsbürgers ist, der während dieser Zeiträume das Daueraufenthaltsrecht in dem betreffenden Mitgliedstaat erworben hat, nicht für die Zwecke des Erwerbs des Daueraufenthaltsrechts im Sinne dieser Bestimmung durch den Drittstaatsangehörigen berücksichtigt werden können.

    Nach Art. 16 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 hängt nämlich der Erwerb des Daueraufenthaltsrechts durch die Familienangehörigen eines Unionsbürgers, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, in jedem Fall nicht nur davon ab, dass der Unionsbürger selbst die in Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie genannten Voraussetzungen erfüllt, sondern auch davon, dass sich die Familienangehörigen im betreffenden Zeitraum rechtmäßig und ununterbrochen „mit“ dem Unionsbürger aufgehalten haben. Durch das Wort „mit“ wird die Voraussetzung, dass die Familienangehörigen den Unionsbürger in den Aufnahmemitgliedstaat begleiten oder ihm nachziehen, verschärft.

    Der Unionsgesetzgeber hat die Erlangung eines Daueraufenthaltsrechts nach Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 von der Integration des Unionsbürgers in den Aufnahmemitgliedstaat abhängig gemacht.

    Eine solche Integration, die dem Erwerb des Daueraufenthaltsrechts zugrunde liegt, beruht nicht nur auf territorialen und zeitlichen Faktoren, sondern auch auf qualitativen Elementen im Zusammenhang mit dem Grad der Integration im Aufnahmemitgliedstaat.

    Die Verhängung einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung durch ein nationales Gericht ist dazu angetan, deutlich zu machen, dass der Betroffene die von der Gesellschaft des Aufnahmemitgliedstaats in dessen Strafrecht zum Ausdruck gebrachten Werte nicht beachtet, so dass die Berücksichtigung von Zeiträumen der Verbüßung einer Freiheitsstrafe für die Zwecke des Erwerbs des Daueraufenthaltsrechts im Sinne von Art. 16 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 durch Familienangehörige eines Unionsbürgers, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, dem von der Richtlinie mit der Einführung dieses Aufenthaltsrechts verfolgten Ziel eindeutig zuwiderlaufen würde.

    (vgl. Rn. 23-27, Tenor 3)

  2.  Art. 16 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2004/38 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, ist dahin auszulegen, dass die Kontinuität des Aufenthalts durch Zeiträume unterbrochen wird, in denen im Aufnahmemitgliedstaat eine Freiheitsstrafe von einem Drittstaatsangehörigen verbüßt worden ist, der Familienangehöriger eines Unionsbürgers ist, der während dieser Zeiträume das Daueraufenthaltsrecht in dem betreffenden Mitgliedstaat erworben hat.

    Nach Art. 16 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 hängt der Erwerb des Daueraufenthaltsrechts durch die Familienangehörigen eines Unionsbürgers, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, u. a. davon ab, dass über einen Zeitraum von fünf Jahren ununterbrochen ein rechtmäßiger gemeinsamer Aufenthalt der Angehörigen mit dem Unionsbürger vorlag. Dieses Erfordernis der Kontinuität des rechtmäßigen Aufenthalts entspricht zudem der Verpflichtung zur Integration, die dem Erwerb des Daueraufenthaltsrechts zugrunde liegt.

    (vgl. Rn. 29, 30, 32, Tenor 2)

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Rechtssache C‑378/12

Nnamdi Onuekwere

gegen

Secretary of State for the Home Department

(Vorabentscheidungsersuchen des Upper Tribunal [Immigration and Asylum Chamber] London)

„Vorabentscheidungsersuchen — Richtlinie 2004/38/EG — Art. 16 Abs. 2 und 3 — Daueraufenthaltsrecht von Drittstaatsangehörigen, die Familienangehörige eines Unionsbürgers sind — Berücksichtigung von Zeiträumen, in denen diese Staatsangehörigen Freiheitsstrafen verbüßen“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 16. Januar 2014

  1. Unionsbürgerschaft – Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten – Richtlinie 2004/38 – Daueraufenthaltsrecht von Drittstaatsangehörigen, die Familienangehörige eines Unionsbürgers sind, der dieses Recht im Aufnahmemitgliedstaat erworben hat – Erwerb dieses Rechts durch den Drittstaatsangehörigen, nachdem er sich fünf Jahre lang ununterbrochen mit dem Unionsbürger im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat – Berücksichtigung von Zeiträumen, in denen der Drittstaatsangehörige Freiheitsstrafen in diesem Mitgliedstaat verbüßt – Ausschluss

    (Richtlinie 2004/38 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 16 Abs. 2)

  2. Unionsbürgerschaft – Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten – Richtlinie 2004/38 – Daueraufenthaltsrecht von Drittstaatsangehörigen, die Familienangehörige eines Unionsbürgers sind, der dieses Recht im Aufnahmemitgliedstaat erworben hat – Erwerb dieses Rechts durch den Drittstaatsangehörigen, nachdem er sich fünf Jahre lang ununterbrochen mit dem Unionsbürger im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat – Unterbrechung der Kontinuität des Aufenthalts durch Zeiträume, in denen der Drittstaatsangehörige Freiheitsstrafen in diesem Mitgliedstaat verbüßt – Ausschluss

    Richtlinie 2004/38 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art.16 Abs. 2 und 3)

  1.  Art. 16 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, ist dahin auszulegen, dass Zeiträume, in denen im Aufnahmemitgliedstaat eine Freiheitsstrafe von einem Drittstaatsangehörigen verbüßt worden ist, der Familienangehöriger eines Unionsbürgers ist, der während dieser Zeiträume das Daueraufenthaltsrecht in dem betreffenden Mitgliedstaat erworben hat, nicht für die Zwecke des Erwerbs des Daueraufenthaltsrechts im Sinne dieser Bestimmung durch den Drittstaatsangehörigen berücksichtigt werden können.

    Nach Art. 16 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 hängt nämlich der Erwerb des Daueraufenthaltsrechts durch die Familienangehörigen eines Unionsbürgers, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, in jedem Fall nicht nur davon ab, dass der Unionsbürger selbst die in Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie genannten Voraussetzungen erfüllt, sondern auch davon, dass sich die Familienangehörigen im betreffenden Zeitraum rechtmäßig und ununterbrochen „mit“ dem Unionsbürger aufgehalten haben. Durch das Wort „mit“ wird die Voraussetzung, dass die Familienangehörigen den Unionsbürger in den Aufnahmemitgliedstaat begleiten oder ihm nachziehen, verschärft.

    Der Unionsgesetzgeber hat die Erlangung eines Daueraufenthaltsrechts nach Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 von der Integration des Unionsbürgers in den Aufnahmemitgliedstaat abhängig gemacht.

    Eine solche Integration, die dem Erwerb des Daueraufenthaltsrechts zugrunde liegt, beruht nicht nur auf territorialen und zeitlichen Faktoren, sondern auch auf qualitativen Elementen im Zusammenhang mit dem Grad der Integration im Aufnahmemitgliedstaat.

    Die Verhängung einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung durch ein nationales Gericht ist dazu angetan, deutlich zu machen, dass der Betroffene die von der Gesellschaft des Aufnahmemitgliedstaats in dessen Strafrecht zum Ausdruck gebrachten Werte nicht beachtet, so dass die Berücksichtigung von Zeiträumen der Verbüßung einer Freiheitsstrafe für die Zwecke des Erwerbs des Daueraufenthaltsrechts im Sinne von Art. 16 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 durch Familienangehörige eines Unionsbürgers, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, dem von der Richtlinie mit der Einführung dieses Aufenthaltsrechts verfolgten Ziel eindeutig zuwiderlaufen würde.

    (vgl. Rn. 23-27, Tenor 3)

  2.  Art. 16 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2004/38 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, ist dahin auszulegen, dass die Kontinuität des Aufenthalts durch Zeiträume unterbrochen wird, in denen im Aufnahmemitgliedstaat eine Freiheitsstrafe von einem Drittstaatsangehörigen verbüßt worden ist, der Familienangehöriger eines Unionsbürgers ist, der während dieser Zeiträume das Daueraufenthaltsrecht in dem betreffenden Mitgliedstaat erworben hat.

    Nach Art. 16 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 hängt der Erwerb des Daueraufenthaltsrechts durch die Familienangehörigen eines Unionsbürgers, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, u. a. davon ab, dass über einen Zeitraum von fünf Jahren ununterbrochen ein rechtmäßiger gemeinsamer Aufenthalt der Angehörigen mit dem Unionsbürger vorlag. Dieses Erfordernis der Kontinuität des rechtmäßigen Aufenthalts entspricht zudem der Verpflichtung zur Integration, die dem Erwerb des Daueraufenthaltsrechts zugrunde liegt.

    (vgl. Rn. 29, 30, 32, Tenor 2)

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