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Document 62011CJ0159
Leitsätze des Urteils
Leitsätze des Urteils
Rechtssache C-159/11
Azienda Sanitaria Locale di Lecce und Università del Salento
gegen
Ordine degli Ingegneri della Provincia di Lecce u. a.
(Vorabentscheidungsersuchen des Consiglio di Stato)
„Öffentliche Aufträge — Richtlinie 2004/18/EG — Art. 1 Abs. 2 Buchst. a und d — Dienstleistungen — Erforschung und Bewertung der Erdbebenanfälligkeit von Krankenhausanlagen — Vertrag zwischen zwei öffentlichen Einrichtungen, darunter eine Universität — Öffentliche Einrichtung, die als Wirtschaftsteilnehmer angesehen werden kann — Entgeltlicher Vertrag — Gegenleistung, die die getragenen Kosten nicht übersteigt“
Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Große Kammer) vom 19. Dezember 2012
Rechtsangleichung – Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge – Richtlinie 2004/18 – Geltungsbereich – Auftrag mit einem Wert unterhalb des in der Richtlinie festgelegten Schwellenwerts – Ausschluss – Anwendung der Grundregeln und allgemeinen Grundsätze des AEU-Vertrags – Voraussetzung – Auftrag von eindeutig grenzüberschreitendem Interesse – Geltung derselben Kriterien in Bezug auf die Verpflichtung der Verwaltung zur Ausschreibung unabhängig von den anwendbaren Unionsregeln
(Richtlinie 2004/18 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 7)
Rechtsangleichung – Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge – Richtlinie 2004/18 – Öffentlicher Auftrag – Begriff – Entgeltlicher Vertrag – Einbeziehung – Voraussetzungen
(Richtlinie 2004/18 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 1 Abs. 2 und Anhang II Teil A)
Rechtsangleichung – Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge – Richtlinie 2004/18 – Nationale Regelung, die es erlaubt, ohne Ausschreibung einen Vertrag zu schließen, mit dem öffentliche Einrichtungen eine Zusammenarbeit vereinbaren – Zulässigkeitsvoraussetzungen – Vertrag zur Wahrnehmung einer allen diesen Einrichtungen obliegenden öffentlichen Aufgabe, der ausschließlich im öffentlichen Interesse liegt und durch den kein privater Dienstleistungserbringer besser gestellt wird als seine Wettbewerber – Prüfung Sache des nationalen Gerichts
(Richtlinie 2004/18 des Europäischen Parlaments und des Rates)
Ein Vertrag, bei dem es sich um einen öffentlichen Auftrag handelt, fällt unter die Richtlinie 2004/18 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge, wenn sein geschätzter Wert unter Berücksichtigung des Normalwerts auf dem Markt für die Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen, auf die sich dieser öffentliche Auftrag bezieht, den in Art. 7 Buchst. b dieser Richtlinie festgelegten Schwellenwert erreicht. Andernfalls gelten die Grundregeln und die allgemeinen Grundsätze des AEU-Vertrags, insbesondere der Gleichbehandlungsgrundsatz, das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und das daraus folgende Transparenzgebot, sofern an diesem Auftrag insbesondere wegen seiner Bedeutung und des Ortes seiner Ausführung ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse besteht. Die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgeführten Kriterien, anhand deren geprüft wird, ob eine Ausschreibung zwingend ist oder nicht, gelten jedoch sowohl für die Auslegung der Richtlinie 2004/18 als auch für die Auslegung der betreffenden Grundregeln und allgemeinen Grundsätze des AEU-Vertrags.
(vgl. Randnrn. 23, 24)
Ein zwischen einem Wirtschaftsteilnehmer und einem öffentlichen Auftraggeber geschlossener schriftlicher entgeltlicher Vertrag über die Erbringung von in Anhang II Teil A der Richtlinie über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge genannten Dienstleistungen ist ein öffentlicher Auftrag, selbst wenn dieser Wirtschaftsteilnehmer selbst ein öffentlicher Auftraggeber ist. Es ist auch unerheblich, dass die betreffende Einrichtung nicht in erster Linie Gewinnerzielung anstrebt, nicht unternehmerisch strukturiert ist oder nicht ständig auf dem Markt tätig ist. Ein Vertrag fällt auch nicht allein deswegen aus dem Begriff des öffentlichen Auftrags heraus, weil die darin vorgesehene Vergütung auf den Ersatz der Kosten beschränkt bleibt, die durch die Erbringung der vereinbarten Dienstleistung entstehen. Ferner fallen Tätigkeiten der Beratung über die Erforschung und Bewertung der Erdbebenanfälligkeit von Krankenhausanlagen ungeachtet der Tatsache, dass sie der wissenschaftlichen Forschung zugerechnet werden können, entsprechend ihrer tatsächlichen Natur entweder unter die in Anhang II Teil A Kategorie 8 der Richtlinie 2004/18 genannten Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen oder unter die in Kategorie 12 dieses Anhangs aufgeführten Ingenieursdienstleistungen und die zugehörige wissenschaftliche und technische Beratung.
(vgl. Randnrn. 25, 26,28, 29)
Das Recht der Union über die Vergabe öffentlicher Aufträge steht einer nationalen Regelung entgegen, die es erlaubt, ohne Ausschreibung einen Vertrag zu schließen, mit dem öffentliche Einrichtungen eine Zusammenarbeit vereinbaren, wenn – was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist – ein solcher Vertrag nicht die Wahrnehmung einer diesen Einrichtungen gemeinsam obliegenden öffentlichen Aufgabe zum Gegenstand hat, nicht nur durch Erfordernisse und Überlegungen bestimmt wird, die mit der Verfolgung von im öffentlichen Interesse liegenden Zielen zusammenhängen, oder geeignet ist, einen privaten Dienstleistungserbringer besser zu stellen als seine Wettbewerber.
Nur zwei Arten von Aufträgen, die von öffentlichen Einrichtungen vergeben werden, fallen nämlich nicht in den Anwendungsbereich des Vergaberechts der Union. Erstens handelt es sich um Verträge zwischen einer öffentlichen Einrichtung und einer rechtlich von dieser verschiedenen Person, wenn diese Einrichtung über die betreffende Person eine Kontrolle ausübt wie über ihre eigenen Dienststellen und die genannte Person zugleich ihre Tätigkeiten im Wesentlichen für die Einrichtung oder die Einrichtungen ausübt, die ihre Anteile innehat bzw. innehaben. Zweitens handelt es sich um Verträge, mit denen eine Zusammenarbeit von öffentlichen Einrichtungen bei der Wahrnehmung einer ihnen allen obliegenden öffentlichen Aufgabe vereinbart wird, sofern solche Verträge ausschließlich zwischen öffentlichen Einrichtungen ohne Beteiligung Privater geschlossen werden, kein privater Dienstleistungserbringer besser gestellt wird als seine Wettbewerber und die darin vereinbarte Zusammenarbeit nur durch Erfordernisse und Überlegungen bestimmt wird, die mit der Verfolgung von im öffentlichen Interesse liegenden Zielen zusammenhängen.
(vgl. Randnrn. 31-36, 40 und Tenor)
Rechtssache C-159/11
Azienda Sanitaria Locale di Lecce und Università del Salento
gegen
Ordine degli Ingegneri della Provincia di Lecce u. a.
(Vorabentscheidungsersuchen des Consiglio di Stato)
„Öffentliche Aufträge — Richtlinie 2004/18/EG — Art. 1 Abs. 2 Buchst. a und d — Dienstleistungen — Erforschung und Bewertung der Erdbebenanfälligkeit von Krankenhausanlagen — Vertrag zwischen zwei öffentlichen Einrichtungen, darunter eine Universität — Öffentliche Einrichtung, die als Wirtschaftsteilnehmer angesehen werden kann — Entgeltlicher Vertrag — Gegenleistung, die die getragenen Kosten nicht übersteigt“
Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Große Kammer) vom 19. Dezember 2012
Rechtsangleichung — Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge — Richtlinie 2004/18 — Geltungsbereich — Auftrag mit einem Wert unterhalb des in der Richtlinie festgelegten Schwellenwerts — Ausschluss — Anwendung der Grundregeln und allgemeinen Grundsätze des AEU-Vertrags — Voraussetzung — Auftrag von eindeutig grenzüberschreitendem Interesse — Geltung derselben Kriterien in Bezug auf die Verpflichtung der Verwaltung zur Ausschreibung unabhängig von den anwendbaren Unionsregeln
(Richtlinie 2004/18 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 7)
Rechtsangleichung — Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge — Richtlinie 2004/18 — Öffentlicher Auftrag — Begriff — Entgeltlicher Vertrag — Einbeziehung — Voraussetzungen
(Richtlinie 2004/18 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 1 Abs. 2 und Anhang II Teil A)
Rechtsangleichung — Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge — Richtlinie 2004/18 — Nationale Regelung, die es erlaubt, ohne Ausschreibung einen Vertrag zu schließen, mit dem öffentliche Einrichtungen eine Zusammenarbeit vereinbaren — Zulässigkeitsvoraussetzungen — Vertrag zur Wahrnehmung einer allen diesen Einrichtungen obliegenden öffentlichen Aufgabe, der ausschließlich im öffentlichen Interesse liegt und durch den kein privater Dienstleistungserbringer besser gestellt wird als seine Wettbewerber — Prüfung Sache des nationalen Gerichts
(Richtlinie 2004/18 des Europäischen Parlaments und des Rates)
Ein Vertrag, bei dem es sich um einen öffentlichen Auftrag handelt, fällt unter die Richtlinie 2004/18 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge, wenn sein geschätzter Wert unter Berücksichtigung des Normalwerts auf dem Markt für die Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen, auf die sich dieser öffentliche Auftrag bezieht, den in Art. 7 Buchst. b dieser Richtlinie festgelegten Schwellenwert erreicht. Andernfalls gelten die Grundregeln und die allgemeinen Grundsätze des AEU-Vertrags, insbesondere der Gleichbehandlungsgrundsatz, das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und das daraus folgende Transparenzgebot, sofern an diesem Auftrag insbesondere wegen seiner Bedeutung und des Ortes seiner Ausführung ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse besteht. Die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgeführten Kriterien, anhand deren geprüft wird, ob eine Ausschreibung zwingend ist oder nicht, gelten jedoch sowohl für die Auslegung der Richtlinie 2004/18 als auch für die Auslegung der betreffenden Grundregeln und allgemeinen Grundsätze des AEU-Vertrags.
(vgl. Randnrn. 23, 24)
Ein zwischen einem Wirtschaftsteilnehmer und einem öffentlichen Auftraggeber geschlossener schriftlicher entgeltlicher Vertrag über die Erbringung von in Anhang II Teil A der Richtlinie über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge genannten Dienstleistungen ist ein öffentlicher Auftrag, selbst wenn dieser Wirtschaftsteilnehmer selbst ein öffentlicher Auftraggeber ist. Es ist auch unerheblich, dass die betreffende Einrichtung nicht in erster Linie Gewinnerzielung anstrebt, nicht unternehmerisch strukturiert ist oder nicht ständig auf dem Markt tätig ist. Ein Vertrag fällt auch nicht allein deswegen aus dem Begriff des öffentlichen Auftrags heraus, weil die darin vorgesehene Vergütung auf den Ersatz der Kosten beschränkt bleibt, die durch die Erbringung der vereinbarten Dienstleistung entstehen. Ferner fallen Tätigkeiten der Beratung über die Erforschung und Bewertung der Erdbebenanfälligkeit von Krankenhausanlagen ungeachtet der Tatsache, dass sie der wissenschaftlichen Forschung zugerechnet werden können, entsprechend ihrer tatsächlichen Natur entweder unter die in Anhang II Teil A Kategorie 8 der Richtlinie 2004/18 genannten Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen oder unter die in Kategorie 12 dieses Anhangs aufgeführten Ingenieursdienstleistungen und die zugehörige wissenschaftliche und technische Beratung.
(vgl. Randnrn. 25, 26,28, 29)
Das Recht der Union über die Vergabe öffentlicher Aufträge steht einer nationalen Regelung entgegen, die es erlaubt, ohne Ausschreibung einen Vertrag zu schließen, mit dem öffentliche Einrichtungen eine Zusammenarbeit vereinbaren, wenn – was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist – ein solcher Vertrag nicht die Wahrnehmung einer diesen Einrichtungen gemeinsam obliegenden öffentlichen Aufgabe zum Gegenstand hat, nicht nur durch Erfordernisse und Überlegungen bestimmt wird, die mit der Verfolgung von im öffentlichen Interesse liegenden Zielen zusammenhängen, oder geeignet ist, einen privaten Dienstleistungserbringer besser zu stellen als seine Wettbewerber.
Nur zwei Arten von Aufträgen, die von öffentlichen Einrichtungen vergeben werden, fallen nämlich nicht in den Anwendungsbereich des Vergaberechts der Union. Erstens handelt es sich um Verträge zwischen einer öffentlichen Einrichtung und einer rechtlich von dieser verschiedenen Person, wenn diese Einrichtung über die betreffende Person eine Kontrolle ausübt wie über ihre eigenen Dienststellen und die genannte Person zugleich ihre Tätigkeiten im Wesentlichen für die Einrichtung oder die Einrichtungen ausübt, die ihre Anteile innehat bzw. innehaben. Zweitens handelt es sich um Verträge, mit denen eine Zusammenarbeit von öffentlichen Einrichtungen bei der Wahrnehmung einer ihnen allen obliegenden öffentlichen Aufgabe vereinbart wird, sofern solche Verträge ausschließlich zwischen öffentlichen Einrichtungen ohne Beteiligung Privater geschlossen werden, kein privater Dienstleistungserbringer besser gestellt wird als seine Wettbewerber und die darin vereinbarte Zusammenarbeit nur durch Erfordernisse und Überlegungen bestimmt wird, die mit der Verfolgung von im öffentlichen Interesse liegenden Zielen zusammenhängen.
(vgl. Randnrn. 31-36, 40 und Tenor)