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Document 62009CO0457
Leitsätze des Beschlusses
Leitsätze des Beschlusses
1. Vorabentscheidungsverfahren – Anrufung des Gerichtshofs – Zuständigkeit der nationalen Gerichte – Nationale Rechtsvorschriften, nach denen ein nationales Zwischenverfahren zur Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit vorrangig ist – Unzulässigkeit – Voraussetzung
(Art. 234 EG)
2. Vorabentscheidungsverfahren – Zuständigkeit des Gerichtshofs – Grenzen – Ersuchen um Auslegung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Nationale Entscheidung, die keinen Bezug zum Unionsrecht aufweist – Unzuständigkeit des Gerichtshofs
(Art. 234 EG; Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 51 Abs. 1)
1. Art. 234 EG steht Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegen, mit denen ein Zwischenverfahren zur Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit nationaler Gesetze eingeführt wird, soweit die Vorrangigkeit dieses Verfahrens zur Folge hat, dass sowohl vor der Übermittlung einer Frage der Verfassungsmäßigkeit an das mit der Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen betraute nationale Gericht als auch gegebenenfalls nach Erlass der Entscheidung dieses Gerichts zu der betreffenden Frage alle anderen nationalen Gerichte an der Wahrnehmung ihrer Befugnis oder der Erfüllung ihrer Verpflichtung gehindert sind, dem Gerichtshof Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen.
(vgl. Randnr. 20)
2. Der Gerichtshof ist nach Art. 234 EG für die Entscheidung über die Auslegung des EG-Vertrags sowie über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe der Union zuständig. Dabei beschränkt sich die Zuständigkeit des Gerichtshofs auf die Prüfung der Bestimmungen des Unionsrechts.
Art. 51 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union bestimmt, dass diese für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union gilt. An dieser Einschränkung hat im Übrigen auch das Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon am 1. Dezember 2009, mit dem die Charta und die Verträge gemäß dem neuen Art. 6 Abs. 1 EU rechtlich gleichrangig geworden sind, nichts geändert. Dieser Artikel stellt nämlich klar, dass die in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten der Union durch die Bestimmungen der Charta in keiner Weise erweitert werden.
Daraus folgt, dass die Zuständigkeit des Gerichtshofs für die Beantwortung des Auslegungsersuchens nicht dargetan ist, wenn die Vorlageentscheidung keinen konkreten Anhaltspunkt dafür enthält, dass der Gegenstand des Rechtsstreits eine Anknüpfung an das Unionsrecht aufweist.
(vgl. Randnrn. 21, 23-26)