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Document 62009CJ0434

    Leitsätze des Urteils

    Schlüsselwörter
    Leitsätze

    Schlüsselwörter

    1. Unionsbürgerschaft – Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten – Richtlinie 2004/38 – Berechtigter – Begriff

    (Richtlinie 2004/38 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 3 Abs. 1)

    2. Unionsbürgerschaft – Bestimmungen des Vertrags – Unanwendbarkeit auf Sachverhalte, die sich ausschließlich innerhalb eines Mitgliedstaats abspielen – Unionsbürger, der noch nie von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat, der sich stets in dem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, aufgehalten hat und der sich im Besitz der Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats befindet

    (Art. 21 AEUV)

    Leitsätze

    1. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, ist dahin auszulegen, dass diese Richtlinie auf einen Unionsbürger, der noch nie von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat, der sich stets in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, aufgehalten hat und der sich im Übrigen im Besitz der Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats befindet, nicht anwendbar ist.

    Erstens nämlich ist Berechtigter im Sinne dieser Bestimmung der Richtlinie 2004/38 jeder Unionsbürger, der sich in einen „anderen“ als den Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, „begibt“ oder sich dort aufhält. Da zweitens der Aufenthalt einer Person, die in dem Mitgliedstaat wohnt, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, keinen Bedingungen unterworfen werden kann, kann die Richtlinie 2004/38, die die Bedingungen für die Ausübung des Rechts betrifft, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, nicht dazu bestimmt sein, auf einen Unionsbürger Anwendung zu finden, der aufgrund der Tatsache, dass er sich in dem Mitgliedstaat aufhält, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, über ein nicht an Bedingungen geknüpftes Aufenthaltsrecht verfügt. Drittens geht aus dieser Richtlinie als Ganzes hervor, dass der Aufenthalt im Sinne der Richtlinie mit der Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit im Zusammenhang steht.

    Daher fällt ein Unionsbürger, der sich in der oben beschriebenen Situation befindet, nicht unter den Begriff „Berechtigter“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38, so dass diese auf ihn nicht anwendbar ist. Auf diese Feststellung kann es keinen Einfluss haben, dass dieser Bürger auch die Staatsangehörigkeit eines anderen als des Mitgliedstaats besitzt, in dem er sich aufhält. Dass ein Unionsbürger die Staatsangehörigkeit mehr als eines Mitgliedstaats besitzt, bedeutet insoweit nämlich nicht, dass er von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hätte.

    (vgl. Randnrn. 32, 34-35, 39-41, 57, Tenor 1)

    2. Art. 21 AEUV ist auf einen Unionsbürger, der noch nie von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat, der sich stets in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, aufgehalten hat und der sich im Übrigen im Besitz der Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats befindet, nicht anwendbar, sofern die Situation dieses Bürgers nicht von der Anwendung von Maßnahmen eines Mitgliedstaats begleitet ist, die bewirkten, dass ihm der tatsächliche Genuss des Kernbestands der durch den Unionsbürgerstatus verliehenen Rechte verwehrt oder die Ausübung seines Rechts, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, behindert würde.

    Die Lage eines Unionsbürgers, der vom Recht auf Freizügigkeit keinen Gebrauch gemacht hat, kann nicht allein aus diesem Grund einer rein internen Situation gleichgestellt werden. Als Staatsangehörige mindestens eines Mitgliedstaats genießt eine Person den Unionsbürgerstatus gemäß Art. 20 Abs. 1 AEUV und kann sich daher auch gegenüber ihrem Herkunftsmitgliedstaat auf die mit diesem Status verbundenen Rechte berufen, insbesondere auf das Recht aus Art. 21 AEUV, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten.

    Dass die Behörden des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit ein Bürger besitzt und in dem er wohnt, die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats, die dieser Bürger ebenfalls besitzt, bei der Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach Unionsrecht, den dieser Unionsbürger gestellt hat, außer Acht lassen, führt jedoch nicht zur Anwendung von Maßnahmen, die bewirkten, dass dem Betroffenen der tatsächliche Genuss des Kernbestands der ihm durch den Unionsbürgerstatus verliehenen Rechte verwehrt oder dass die Ausübung seines Rechts, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, behindert würde. In einem solchen Kontext kann der Umstand, dass ein Staatsangehöriger neben der Staatsangehörigkeit des Mitgliedstaats, in dem er wohnt, auch die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats besitzt, für sich genommen daher nicht ausreichen, um die Situation der betroffenen Person als von Art. 21 AEUV erfasst anzusehen, da diese Situation keine Berührung mit irgendeinem der Sachverhalte aufweist, auf die das Unionsrecht abstellt, und diese Situation mit keinem relevanten Element über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweist.

    (vgl. Randnrn. 46, 48-49, 54-55, 57, Tenor 2)

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