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Document 62009CJ0338

    Leitsätze des Urteils

    Schlüsselwörter
    Leitsätze

    Schlüsselwörter

    1. Freizügigkeit – Niederlassungsfreiheit – Beschränkungen

    (Art. 49 AEUV)

    2. Freizügigkeit – Niederlassungsfreiheit – Beschränkungen

    (Art. 49 AEUV)

    Leitsätze

    1. Art. 49 AEUV ist dahin auszulegen, dass er Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegensteht, die für die Gewährung der Bewilligung zum Betrieb einer städtischen Kraftfahrlinie zur öffentlichen Personenbeförderung in Autobussen, durch die festgelegte Haltestellen entsprechend einem Fahrplan regelmäßig angefahren werden, verlangen, dass in anderen Mitgliedstaaten ansässige antragstellende Wirtschaftsteilnehmer noch vor der Erteilung der Bewilligung zum Betrieb der entsprechenden Linie über einen Sitz oder eine andere Niederlassung im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats verfügen.

    Ein normal umsichtiger Wirtschaftsteilnehmer wird nämlich nicht bereit sein, Investitionen, die erheblich sein können, vorzunehmen, wenn die Erteilung der Bewilligung völlig unsicher ist. Außerdem erscheint die mit einem solchen Erfordernis bewirkte Beschränkung in keiner Weise durch Ziele gerechtfertigt, die mit der Notwendigkeit zusammenhängen, gleiche Wettbewerbsbedingungen beim Betrieb von Kraftfahrlinien zu gewährleisten und die Beachtung des in dem betreffenden Mitgliedstaat geltenden Sozial‑ und Arbeitsrechts sicherzustellen.

    Dagegen steht Art. 49 AEUV nationalen Rechtsvorschriften, die ein Niederlassungserfordernis vorsehen, nicht entgegen, wenn die Niederlassung erst nach der Erteilung der Bewilligung und vor der Aufnahme des Betriebs der Kraftfahrlinie durch den Antragsteller verlangt wird.

    (vgl. Randnrn. 37-38, 41, Tenor 1)

    2. Art. 49 AEUV ist dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, die vorsehen, dass die Bewilligung zum Betrieb einer Kraftfahrlinie zu touristischen Zwecken allein auf der Grundlage der Angaben eines Konkurrenzunternehmens, das Inhaber einer Bewilligung für den Betrieb einer mit der beantragten ganz oder teilweise identischen Linie ist, wegen der geminderten Rentabilität dieses Unternehmens versagt wird.

    Derartige nationale Rechtsvorschriften stellen nämlich grundsätzlich eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit im Sinne von Art. 49 AEUV dar, weil sie dahin gehen, die Zahl der Dienstleister zu begrenzen – selbst wenn nach einem entsprechenden Vorbringen keine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit der betroffenen Wirtschaftsteilnehmer vorliegt.

    Solche Rechtsvorschriften können nicht mit dem Ziel gerechtfertigt werden, die wirtschaftliche Betriebsführung einer konkurrierenden Kraftfahrlinie zu gewährleisten, da dieses Ziel als rein wirtschaftliches Motiv keinen zwingenden Grund des Allgemeininteresses darstellen kann, der eine Beschränkung einer vom Vertrag garantierten Grundfreiheit rechtfertigen könnte. Außerdem kann, was die Prüfung der Verhältnismäßigkeit betrifft, ein System der vorherigen behördlichen Genehmigung keine Ermessensausübung der nationalen Behörden rechtfertigen, die geeignet ist, den Bestimmungen der Union, insbesondere wenn sie eine Grundfreiheit wie die Niederlassungsfreiheit betreffen, ihre praktische Wirksamkeit zu nehmen. Damit ein System der vorherigen behördlichen Genehmigung trotz des Eingriffs in eine solche Grundfreiheit gerechtfertigt ist, muss es daher auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruhen, die sicherstellen, dass der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden hinreichende Grenzen gesetzt werden. Wenn somit die nationalen Rechtsvorschriften so ausgelegt werden, dass ein Antrag auf Bewilligung von der zuständigen nationalen Behörde allein auf der Grundlage von Angaben des Inhabers einer Bewilligung über die Rentabilität seines Betriebs beurteilt wird, obwohl das entsprechende Unternehmen ein potenzieller unmittelbarer Wettbewerber des Unternehmens ist, das die Erteilung einer neuen Bewilligung beantragt, läuft eine solche Art und Weise der Beurteilung den Vorschriften der Union zuwider, da damit die Objektivität und Unparteilichkeit der Behandlung des entsprechenden Antrags auf Bewilligung beeinträchtigt werden könnte.

    (vgl. Randnrn. 45-46, 51, 53-55, Tenor 2)

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