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Document 62009CJ0138

    Leitsätze des Urteils

    Schlüsselwörter
    Leitsätze

    Schlüsselwörter

    1. Vorabentscheidungsverfahren – Zuständigkeit des Gerichtshofs – Grenzen – Offensichtlich unerhebliche Frage

    2. Vorabentscheidungsverfahren – Zuständigkeit des Gerichtshofs – Grenzen – Zuständigkeit des nationalen Gerichts – Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts des Rechtsstreits

    (Art. 234 EG)

    3. Staatliche Beihilfen – Verbot – Ausnahmen – Beihilferegelung, mit der Ausbildungsmaßnahmen und die Schaffung von Arbeitsplätzen in einer Region gefördert werden sollen

    (Art. 88 Abs. 3 EG)

    4. Staatliche Beihilfen – Bestehende und neue Beihilfen – Qualifizierung als neue Beihilfe

    (Art. 88 EG; Verordnung Nr. 659/1999 des Rates, Art. 1 Buchst. c)

    5. Staatliche Beihilfen – Verbot – Ausnahmen – Beihilferegelung, die eine Obergrenze für die Haushaltsmittel vorsieht

    6. Staatliche Beihilfen – Beihilfevorhaben – Unterrichtung der Kommission – Entscheidung der Kommission, keine Einwände zu erheben – Verzugszinsen bei verspäteter Zahlung der Beihilfen ab Erlass der Entscheidung der Kommission

    (Art. 88 Abs. 3 EG)

    Leitsätze

    1. Der Gerichtshof kann beschließen, nicht über eine Frage zu entscheiden, die ihm zur Beurteilung der Gültigkeit eines gemeinschaftlichen Rechtsakts vorgelegt worden ist, wenn offensichtlich ist, dass die vom nationalen Gericht erbetene Beurteilung in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht.

    (vgl. Randnr. 16)

    2. Es ist allein Sache des mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Gerichts, in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung zum Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof von ihm vorgelegten Fragen zu beurteilen.

    (vgl. Randnr. 25)

    3. Eine Entscheidung der Kommission, keine Einwände gegen eine Beihilferegelung zu erheben, mit der Ausbildungsmaßnahmen und die Schaffung von Arbeitsplätzen in einer Region gefördert werden sollen und die erstens besteht in der Gewährung eines Zuschusses zum Arbeitsentgelt der mit einem Ausbildungs- und Arbeitsvertrag eingestellten Arbeitnehmer für die gesamte Vertragsdauer, sofern die Arbeitnehmer in einem bestimmten Zeitraum eingestellt wurden, und zweitens in der Gewährung eines degressiven Zuschusses zum Arbeitsentgelt der Arbeitnehmer für den Fall, dass ein solcher Vertrag innerhalb der ersten drei Jahre seiner Laufzeit in einen unbefristeten Vertrag umgewandelt wird, sofern diese Umwandlung in demselben Zeitraum erfolgt und die schon davor eingestellten Arbeitnehmer betrifft, ist dahin auszulegen, dass sie die Vereinbarkeit einer Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt feststellt, die aus diesen zwei Maßnahmen besteht, die nicht zusammen erlassen werden können und deren beihilfebegründender Tatbestand, nämlich die Einstellung eines Arbeitnehmers bzw. die Umwandlung des Vertrags in einen unbefristeten Vertrag, vor Ablauf des genannten Zeitraums eingetreten sein muss, wobei die durch diese Maßnahmen bedingten Zahlungen auch noch danach fortgesetzt werden können, sofern die anwendbaren nationalen Haushalts- und Finanzvorschriften dem nicht entgegenstehen und die von der Kommission genehmigte Haushaltsmittelausstattung beachtet wird.

    (vgl. Randnrn. 29-30, 34-38, Tenor 1)

    4. Art. 1 der Entscheidung 2003/195 über eine Beihilferegelung zur Beschäftigungsförderung in Sizilien ist dahin auszulegen, dass die Beihilferegelung, mit der Italien beabsichtigte, die Geltungsdauer einer zuvor genehmigten Beihilferegelung zur Förderung von Ausbildungsmaßnahmen und zur Schaffung von Arbeitsplätzen zu verlängern, eine neue Beihilfe darstellt, die von der von der Kommission bereits genehmigten Regelung verschieden ist. Nach der Entscheidung sind daher Zuschüsse für Einstellungen von Arbeitnehmern mit Ausbildungs- und Arbeitsvertrag oder für Umwandlungen von Ausbildungs- und Arbeitsverträgen in unbefristete Verträge nach dem Zeitpunkt des Auslaufens der von der Kommission genehmigten Beihilferegelung untersagt.

    Da nämlich Maßnahmen, die nach dem Inkrafttreten des EG-Vertrags erlassen worden und auf die Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen gerichtet sind, wobei sich diese Umgestaltung auf bestehende Beihilfen oder auf der Kommission mitgeteilte ursprüngliche Vorhaben beziehen kann, als neue Beihilfen anzusehen sind, hat Italien dadurch, dass es die für die Beihilferegelung bewilligten Haushaltsmittel erhöht und gleichzeitig den Zeitraum für die Inanspruchnahme dieser Regelung verlängert hat, eine neue Beihilfe eingeführt, die sich von der Beihilfe unterscheidet, auf die sich die Entscheidung bezieht, gegenüber der vorigen Beihilferegelung keine Einwände zu erheben.

    (vgl. Randnrn. 46-47, Tenor 2)

    5. Im Fall einer von der Kommission genehmigten Beihilferegelung, die eine Haushaltsmittelausstattung vorsieht, ist es Sache des betreffenden Mitgliedstaats, zu bestimmen, welcher Partei des vor einem nationalen Gericht betriebenen Verfahrens, das eine Beihilfe nach dieser Regelung zum Gegenstand hat, die Beweislast dafür obliegt, dass die den betreffenden Maßnahmen zugewiesenen Haushaltsmittel nicht ausgeschöpft worden sind.

    In Ermangelung einer Gemeinschaftsregelung auf diesem Gebiet ist es nämlich Sache des innerstaatlichen Rechts jedes Mitgliedstaats, die Modalitäten und Beweisregeln für den Nachweis festzulegen, dass die Haushaltsmittel nicht überschritten worden sind, die der durch die Entscheidung der Kommission genehmigten Beihilferegelung zugewiesen worden sind.

    Zu beachten ist jedoch, dass die nationalen Behörden in der Lage sein müssen, u. a. auf Aufforderung der Kommission den Stand der Zahlungen im Rahmen einer Beihilferegelung zu rechtfertigen, wenn sich die Kommission zu einer Regelung geäußert hat, in der der Mitgliedstaat eine Obergrenze für die Haushaltsmittel festgelegt hat, die den durch diese Regelung Begünstigten im Einzelnen zugeteilt werden können.

    (vgl. Randnrn. 54-55, Tenor 3)

    6. Art. 88 Abs. 3 Satz 1 EG verpflichtet die Mitgliedstaaten, die Vorhaben mitzuteilen, die die Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen betreffen. Nach Art. 88 Abs. 3 Satz 2 EG leitet die Kommission, wenn sie der Auffassung ist, dass das mitgeteilte Vorhaben mit dem Gemeinsamen Markt nicht vereinbar im Sinne von Art. 87 EG ist, unverzüglich das Verfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG ein. Art. 88 Abs. 3 Satz 3 EG bestimmt, dass der Mitgliedstaat, der eine Beihilfe gewähren will, die beabsichtigten Maßnahmen nicht durchführen darf, bevor die Kommission eine abschließende Entscheidung erlassen hat.

    Das mit dieser Vorschrift erlassene Verbot soll gewährleisten, dass die Wirkungen einer Beihilfe nicht eintreten, bevor die Kommission innerhalb einer angemessenen Frist das Vorhaben im Einzelnen prüfen und gegebenenfalls das in Art. 88 Abs. 2 EG vorgesehene Verfahren einleiten konnte.

    Eine Entscheidung der Kommission, keine Einwände gegen eine Beihilferegelung zu erheben, hat erst vom Zeitpunkt ihres Erlasses an die Wirkung, dass diese Regelung mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, so dass bei verspäteter Zahlung der Beihilfen Zinsen auch nur für diejenigen Beihilfebeträge anfallen, die nach diesem Zeitpunkt fällig geworden sind.

    Der Betrag der gesetzlichen Zinsen, der bei verspäteter Zahlung der durch die Entscheidung der Kommission für die Zeit nach ihrem Erlass genehmigten Beihilfen gegebenenfalls geschuldet wird, ist nicht in den Betrag der durch diese Entscheidung genehmigten Haushaltsmittel einzubeziehen. Der Zinssatz und seine Anwendungsmodalitäten unterliegen dem nationalen Recht.

    (vgl. Randnrn. 58-62, Tenor 4)

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