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Document 62008CJ0569

    Leitsätze des Urteils

    Schlüsselwörter
    Leitsätze

    Schlüsselwörter

    1. Unionsrecht – Auslegung – Vorschriften in mehreren Sprachen – Einheitliche Auslegung

    (Verordnung Nr. 874/2004 der Kommission, Art. 21 Abs. 3 Buchst. a bis e)

    2. Transeuropäische Netze – Telekommunikationssektor – Internet – Durchführung und Funktionen einer Domäne oberster Stufe – Spekulative und missbräuchliche Registrierungen

    (Verordnung Nr. 874/2004 der Kommission, Art. 21 Abs. 1 Buchst. b und 3)

    Leitsätze

    1. Art. 21 Abs. 3 der Verordnung Nr. 874/2004 zur Festlegung von allgemeinen Regeln für die Durchführung und die Funktionen der Domäne oberster Stufe „.eu“ und der allgemeinen Grundregeln für die Registrierung ist dahin auszulegen, dass Bösgläubigkeit durch andere Umstände als die in den Buchst. a bis e dieser Bestimmung aufgeführten nachgewiesen werden kann.

    Die Notwendigkeit einheitlicher Anwendung und damit Auslegung eines Gemeinschaftsrechtsakts verbietet es nämlich, diesen in einer seiner Fassungen isoliert zu betrachten, und gebietet vielmehr, ihn nach dem wirklichen Willen seines Urhebers und dem von diesem verfolgten Zweck namentlich im Lichte der Fassung in allen Sprachen auszulegen.

    Das damit verfolgte Ziel, spekulative oder missbräuchliche Registrierungen von Domänennamen zu vereiteln, die ihrem Wesen nach durch verschiedenartige tatsächliche und rechtliche Umstände gekennzeichnet sein können, würde jedoch gefährdet, wenn Bösgläubigkeit im Sinne von Art. 21 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 874/2004 nur durch die in Art. 21 Abs. 3 Buchst. a bis e erschöpfend aufgeführten Umstände nachgewiesen werden könnte.

    (vgl. Randnrn. 35, 37, 39, Tenor 1)

    2. Für die Beurteilung der Frage, ob ein bösgläubiges Verhalten im Sinne von Art. 21 Abs. 1 Buchst. b in Verbindung mit Abs. 3 der Verordnung Nr. 874/2004 zur Festlegung von allgemeinen Regeln für die Durchführung und die Funktionen der Domäne oberster Stufe „.eu“ und der allgemeinen Grundregeln für die Registrierung vorliegt, hat das nationale Gericht alle im Einzelfall erheblichen Faktoren und insbesondere die Umstände, unter denen die Eintragung der Marke erwirkt wurde, sowie die Umstände, unter denen der Name der Domäne oberster Stufe „.eu“ registriert wurde, zu berücksichtigen.

    Was die Umstände betrifft, unter denen die Eintragung der Marke erwirkt wurde, hat das nationale Gericht insbesondere zu berücksichtigen:

    – die Absicht, die Marke nicht auf dem Markt zu benutzen, für den der Schutz beantragt wurde,

    – die Gestaltung der Marke,

    – die Tatsache, dass die Eintragung einer großen Zahl von anderen Marken, die Gattungsbegriffen entsprechen, erwirkt wurde, und

    – die Tatsache, dass die Eintragung der Marke kurz vor Beginn der gestaffelten Registrierung von Namen der Domäne oberster Stufe „.eu“ erwirkt wurde.

    Was die Umstände betrifft, unter denen der Name der Domäne oberster Stufe „.eu“ registriert wurde, hat das nationale Gericht insbesondere zu berücksichtigen:

    – die missbräuchliche Verwendung von Sonderzeichen oder Interpunktionszeichen im Sinne des Art. 11 der Verordnung Nr. 874/2004 zum Zweck der Anwendung der in diesem Artikel festgelegten Übertragungsregeln,

    – die Registrierung in der ersten Phase der gestaffelten Registrierung gemäß der Verordnung Nr. 874/2004 auf der Grundlage einer Marke, die unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens erlangt wurde, und

    – die Tatsache, dass eine große Zahl von Anträgen auf Registrierung von Domänennamen, die Gattungsbegriffen entsprechen, eingereicht wurde.

    Der Wortlaut von Art. 11 Abs. 2 enthält nämlich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass eine Rangordnung zwischen den drei Übertragungsregeln bestünde. Nach Art. 10 Abs. 2 der Verordnung Nr. 874/2004 besteht die Registrierung eines Namens der Domäne oberster Stufe „.eu“ aufgrund eines früheren Rechts in der Registrierung des vollständigen Namens, für den dieses Recht, in Übereinstimmung mit den das Recht nachweisenden schriftlichen Unterlagen besteht. Da jedoch bestimmte Sonderzeichen, die in einem Namen, für den ein früheres Recht besteht, enthalten sein können, aus technischen Gründen nicht in einem Domänennamen enthalten sein können, hat der Gesetzgeber in Art. 11 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 874/2004 für die Übertragung dieser Sonderzeichen bestimmte Regeln erlassen.

    So ergibt sich aus Art. 10 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 11 der Verordnung Nr. 874/2004, dass die Anwendung der in Art. 11 Unterabs. 2 festgelegten Übertragungsregeln dem Ziel dient, die Identität oder größtmögliche Übereinstimmung des Domänennamens, dessen Registrierung beantragt wurde, mit dem Namen zu gewährleisten, für den ein früheres Recht beansprucht wird.

    Das Vorhandensein von Sonderzeichen in dem Namen, für den ein früheres Recht beansprucht wird, sowie die Wahl, die der Antragsteller hinsichtlich der drei in Art. 11 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 874/2004 genannten Regeln für die Übertragung von Sonderzeichen trifft, nämlich die Entfernung, die Ersetzung durch Bindestriche oder die Transkription, können somit darauf hinweisen, dass ein bösgläubiges Verhalten im Sinne von Art. 21 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 874/2004 vorliegt, und zwar insbesondere dann, wenn der zur Registrierung angemeldete Domänenname nicht mit dem Namen übereinstimmt, für den ein früheres Recht beansprucht wird.

    Hingegen ist der Umstand, dass dem Anmelder zum Zeitpunkt der Registrierung des fraglichen Domänennamens der Inhaber des nationalen und/oder Gemeinschaftsrechts unbekannt war, unerheblich. Da das Bestehen früherer Rechte an einem Namen, der einem Gattungsbegriff entspricht, nicht ausgeschlossen werden kann, birgt ein Verhalten, das offenkundig eine Umgehung des Registrierungsverfahrens bezweckt, die Gefahr der Schädigung der Inhaber solcher Rechte. Ferner zielt ein solches Verhalten auf die Erlangung eines ungebührlichen Vorteils zum Nachteil jedes anderen an demselben Domänennamen Interessierten ab, der kein älteres Recht geltend machen kann und daher die allgemeine Registrierung von Namen der Domäne oberster Stufe „.eu“ abwarten muss, um einen Registrierungsantrag stellen zu können.

    (vgl. Randnrn. 57, 60-63, 72, 75-77, Tenor 2)

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