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Document 62008CJ0376

    Leitsätze des Urteils

    Schlüsselwörter
    Leitsätze

    Schlüsselwörter

    Gemeinschaftsrecht – Grundsätze – Gleichbehandlung – Niederlassungsfreiheit – Freier Dienstleistungsverkehr – Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge – Auftrag, der nicht den in der Richtlinie 2004/18 vorgesehenen Schwellenwert erreicht

    (Art. 43 EG und 49 EG)

    Leitsätze

    Das Gemeinschaftsrecht ist dahin auszulegen, dass es einer nationalen Regelung entgegensteht, die in einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags, dessen Wert den in Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2004/18 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge vorgesehenen Schwellenwert nicht erreicht, der aber ein grenzüberschreitendes Interesse aufweist, den automatischen Ausschluss sowohl eines festen Konsortiums im Sinne der nationalen Regelung als auch seiner Mitgliedsunternehmen von der Teilnahme an diesem Verfahren und die Verhängung strafrechtlicher Sanktionen gegen sie vorsieht, wenn diese Unternehmen im Rahmen derselben Ausschreibung konkurrierende Angebote zu dem des Konsortiums eingereicht haben, auch wenn das Angebot des Konsortiums nicht für Rechnung und im Interesse dieser Unternehmen abgegeben worden sein soll.

    Eine solche Maßnahme des automatischen Ausschlusses, die nur die Form des festen Konsortiums und seine Mitgliedsunternehmen betrifft und die bei konkurrierenden Angeboten unabhängig davon Anwendung findet, ob das betreffende Konsortium sich an der fraglichen Ausschreibung für Rechnung und im Interesse der Unternehmen, die ein Angebot abgegeben haben, beteiligt, stellt nämlich eine diskriminierende Behandlung zum Nachteil dieser Form eines Konsortiums dar und steht somit nicht mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung in Einklang.

    Eine Vorschrift über einen systematischen Ausschluss, die für die öffentlichen Auftraggeber auch eine uneingeschränkte Verpflichtung zum Ausschluss der betroffenen Einheiten selbst in den Fällen enthält, in denen die Beziehungen zwischen diesen sich nicht auf ihr Gebaren im Rahmen der Verfahren auswirken, an denen sie sich beteiligt haben, läuft ferner dem Gemeinschaftsinteresse daran zuwider, dass die Beteiligung möglichst vieler Bieter an einer Ausschreibung sichergestellt wird, und geht über das hinaus, was zur Erreichung des Ziels erforderlich ist, die Anwendung der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz zu gewährleisten. Eine solche Vorschrift ist daher mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbar.

    Im Übrigen stehen die Art. 43 EG und 49 EG jeder nationalen Regelung entgegen, die zwar ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar ist, die aber geeignet ist, die Ausübung der durch diese Bestimmungen des Vertrags garantierten Freiheiten der Niederlassung und des Dienstleistungsverkehrs durch die Gemeinschaftsangehörigen zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen. Insoweit ist eine nationale Vorschrift, die einen automatischen Ausschluss zum Nachteil der festen Konsortien und der ihnen angehörenden Unternehmen vorsieht, geeignet, auf die Wirtschaftsteilnehmer mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten eine abschreckende Wirkung auszuüben, d. h. zum einen auf die Wirtschaftsteilnehmer, die sich in dem betreffenden Mitgliedstaat durch die Gründung eines festen Konsortiums, das möglicherweise aus nationalen und ausländischen Unternehmen gebildet wird, niederlassen wollen, und zum anderen auf diejenigen, die solchen bereits bestehenden Konsortien beitreten wollen, um sich leichter an Ausschreibungen öffentlicher Aufträge der öffentlichen Auftraggeber dieses Mitgliedstaats beteiligen und so ihre Dienstleistungen leichter anbieten zu können. Eine solche Beschränkung im Sinne der Art. 43 EG und 49 EG kann trotz ihres legitimen Ziels der Bekämpfung potenziell kollusiven Verhaltens zwischen dem fraglichen Konsortium und den ihm angehörenden Unternehmen nicht gerechtfertigt werden, da sie über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.

    (vgl. Randnrn. 37-38, 40-42, 45-46 und Tenor)

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