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Document 62008CJ0323

    Leitsätze des Urteils

    Schlüsselwörter
    Leitsätze

    Schlüsselwörter

    1. Vorabentscheidungsverfahren – Zuständigkeit des Gerichtshofs – Grenzen

    (Art. 234 EG; Richtlinie 98/59 des Rates, Art. 1 und 5)

    2. Sozialpolitik – Rechtsangleichung – Massenentlassungen – Richtlinie 98/59 – Begriff der Massenentlassung

    (Richtlinie 98/59 des Rates, Art. 1 Abs. 1 Buchst. a)

    3. Sozialpolitik – Rechtsangleichung – Massenentlassungen – Richtlinie 98/59 – Geltungsbereich

    (Richtlinie 98/59 des Rates)

    Leitsätze

    1. Die Richtlinie 98/59 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen lässt nach ihrem Art. 5 die Möglichkeit der Mitgliedstaaten unberührt, für die Arbeitnehmer günstigere Rechts- oder Verwaltungsvorschriften anzuwenden oder zu erlassen oder für die Arbeitnehmer günstigere tarifvertragliche Vereinbarungen zuzulassen oder zu fördern.

    Wenn sich der nationale Gesetzgeber jedoch dazu entschlossen hat, in den Begriff der Massenentlassung im Sinne dieser Richtlinie Fälle einzubeziehen, die nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, wie bestimmte Arten der Beendigung von Arbeitsverträgen, die eine Zahl von Arbeitnehmern betreffen, die unterhalb der in Art. 1 der Richtlinie 98/59 vorgesehenen Schwelle liegen, während er Fälle wie die Beendigung der Arbeitsverträge der gesamten Belegschaft, die die gleiche Zahl von Arbeitnehmern betreffen können, durch den Tod des Arbeitgebers davon ausgenommen hat, besteht ein unbestreitbares Gemeinschaftsinteresse daran, dass zur Vermeidung künftiger Auslegungsdivergenzen dieser Begriff und die mit ihm verbundenen gemeinschaftsrechtlichen Lösungen unabhängig davon, unter welchen Voraussetzungen sie herangezogen werden, einheitlich ausgelegt werden.

    (vgl. Randnrn. 23, 27-28)

    2. Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 98/59 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen ist dahin auszulegen, dass er einer innerstaatlichen Regelung nicht entgegensteht, wonach die Beendigung der Arbeitsverträge mehrerer Arbeitnehmer, deren Arbeitgeber eine natürliche Person ist, durch den Tod dieses Arbeitgebers nicht als Massenentlassung angesehen wird.

    Der Begriff der Massenentlassung im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. a dieser Richtlinie setzt nämlich die Existenz eines Arbeitgebers voraus, der solche Entlassungen beabsichtigt hat und in der Lage ist, zum einen im Hinblick darauf die in den Art. 2 und 3 der Richtlinie genannten Handlungen auszuführen und zum anderen gegebenenfalls solche Entlassungen vorzunehmen.

    Das Hauptziel der Richtlinie 98/59, nämlich Massenentlassungen Konsultationen mit Arbeitnehmervertretern und die Unterrichtung der zuständigen Behörde vorangehen zu lassen, kann im Übrigen nicht erreicht werden, wenn die Beendigung der Arbeitsverträge der gesamten Belegschaft eines von einer natürlichen Person geführten Unternehmens aufgrund der Einstellung der Tätigkeiten dieses Unternehmens wegen des Todes des Arbeitgebers als Massenentlassung angesehen wird, da solche Konsultationen nicht stattfinden können und es somit nicht möglich wäre, die Beendigung der Arbeitsverträge zu vermeiden oder zu beschränken oder ihre Folgen zu mildern.

    (vgl. Randnrn. 41, 44, 53, Tenor 1)

    3. Die Richtlinie 98/59 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen steht einer innerstaatlichen Regelung nicht entgegen, die unterschiedliche Abfindungen vorsieht, je nachdem ob die Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz durch den Tod des Arbeitgebers oder durch eine Massenentlassung verloren haben.

    Zum einen fällt nämlich die Beendigung von Arbeitsverträgen infolge des Todes eines Arbeitgebers, einer natürlichen Person, nicht unter den Begriff der Massenentlassung im Sinne der Richtlinie 98/59. Zum anderen nimmt diese Richtlinie nur eine Teilharmonisierung der Vorschriften über den Schutz der Arbeitnehmer bei Massenentlassungen vor und soll keinen allgemeinen finanziellen Ausgleichsmechanismus auf Gemeinschaftsebene im Fall des Verlustes des Arbeitsplatzes einrichten. In diesem Zusammenhang fällt die Frage nach dem Umfang der Abfindung der Arbeitnehmer im Fall der Beendigung ihrer Arbeitsverhältnisse nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 98/59.

    (vgl. Randnrn. 55-57, Tenor 2)

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