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Document 62008CJ0212
Leitsätze des Urteils
Leitsätze des Urteils
1. Freier Dienstleistungsverkehr – Beschränkungen – Glücksspiele – Nationale Regelung, mit der einem einzigen, staatlich genau überwachten Wirtschaftsteilnehmer die Exklusivrechte für die Veranstaltung von Glücksspielen gewährt werden – Rechtfertigung
(Art. 49 EG)
2. Freier Dienstleistungsverkehr – Beschränkungen – Glücksspiele – Nationale Regelung, mit der einem einzigen, staatlich genau überwachten Wirtschaftsteilnehmer die Exklusivrechte für die Veranstaltung von Pferdewetten gewährt werden
(Art. 49 EG)
1. Art. 49 EG ist dahin auszulegen, dass ein Mitgliedstaat, der bestrebt ist, ein besonders hohes Niveau des Verbraucherschutzes im Glücksspielsektor zu gewährleisten, Grund zu der Annahme haben kann, dass nur die Gewährung exklusiver Rechte an eine einzige Einrichtung, die von den Behörden genau überwacht wird, ihm erlaubt, die mit diesem Sektor verbundenen Gefahren zu beherrschen und das Ziel, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen, wirksam zu verfolgen.
In diesem Zusammenhang obliegt es dem nationalen Gericht, zu prüfen, ob zum einen die nationalen Behörden zu dem maßgeblichen Zeitpunkt wirklich beabsichtigten, ein solches besonders hohes Schutzniveau sicherzustellen und die Schaffung eines Monopols im Hinblick auf dieses angestrebte Schutzniveau tatsächlich als erforderlich angesehen werden konnte, und ob zum anderen die staatlichen Kontrollen, denen die Tätigkeit der Einrichtung, der die ausschließlichen Rechte zustehen, grundsätzlich unterliegt, tatsächlich in kohärenter und systematischer Weise durchgeführt und damit die Ziele verfolgt werden, die diese Einrichtung zu erfüllen hat.
Um mit den Zielen der Bekämpfung der Kriminalität und der Verminderung der Gelegenheiten zum Spiel im Einklang zu stehen, muss eine nationale Regelung, mit der ein Monopol im Bereich der Glücksspiele geschaffen wird,
– auf der Feststellung beruhen, dass die mit dem Spielen verbundenen kriminellen und betrügerischen Tätigkeiten und die Spielsucht in dem betroffenen Mitgliedstaat ein Problem darstellen, dem durch eine Ausweitung der zugelassenen und regulierten Tätigkeiten abgeholfen werden könnte, und
– darf nur eine Werbung erlauben, die maßvoll und strikt auf das begrenzt ist, was erforderlich ist, um die Verbraucher zu den genehmigten Spielnetzwerken zu lenken.
(vgl. Randnr. 72, Tenor 1)
2. Bei der Beurteilung der Beeinträchtigung der Dienstleistungsfreiheit durch ein System, das für die Veranstaltung von Pferdewetten eine Ausschließlichkeitsregelung vorsieht, haben die nationalen Gerichte sämtliche austauschbaren Vertriebskanäle für diese Wetten zu berücksichtigen, es sei denn, die Nutzung des Internets führt dazu, dass die mit dem Glücksspiel verbundenen Gefahren über diejenigen hinaus verstärkt werden, die mit den über traditionelle Kanäle vertriebenen Spielen einhergehen. Im Fall einer nationalen Regelung, die gleichermaßen für online angebotene Wetten wie für Wetten gilt, die über traditionelle Vertriebskanäle angeboten werden, ist die Beeinträchtigung der Dienstleistungsfreiheit unter dem Blickwinkel der Beeinträchtigungen zu beurteilen, die den gesamten in Rede stehenden Sektor treffen.
(vgl. Randnr. 83, Tenor 2)