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Document 62008CJ0005

Leitsätze des Urteils

Schlüsselwörter
Leitsätze

Schlüsselwörter

1. Rechtsangleichung – Urheberrecht und verwandte Schutzrechte – Richtlinie 2001/29 – Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft – Vervielfältigungsrecht – Teilweise Vervielfältigung – Begriff

(Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates 2001/29, Art. 2 Buchst. a)

2. Rechtsangleichung – Urheberrecht und verwandte Schutzrechte – Richtlinie 2001/29 – Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft – Vervielfältigungsrecht – Ausnahmen und Beschränkungen – Voraussetzungen – Vervielfältigungshandlung vorübergehender Art

(Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates 2001/29, Art. 5 Abs. 1)

Leitsätze

1. Eine Handlung, die im Laufe eines Datenerfassungsverfahrens vorgenommen wird, das darin besteht, einen aus elf Wörtern bestehenden Auszug eines geschützten Werkes zu speichern und auszudrucken, kann unter den Begriff der teilweisen Vervielfältigung im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2001/29 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft fallen, wenn die so wiedergegebenen Bestandteile – was vom nationalen Gericht zu prüfen ist – die eigene geistige Schöpfung durch den Urheber zum Ausdruck bringen.

Das Urheberrecht im Sinne des Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29 kann nämlich nur in Bezug auf ein Schutzobjekt angewandt werden, bei dem es sich um ein Original in dem Sinne handelt, dass es eine eigene geistige Schöpfung seines Urhebers darstellt. Teile eines Werkes sind urheberrechtlich geschützt, da sie als solche an der Originalität des Gesamtwerks teilhaben. Die verschiedenen Teile eines Werkes sind somit unter der Voraussetzung, dass sie bestimmte Elemente enthalten, die die eigene geistige Schöpfung ihres Urhebers zum Ausdruck bringen, nach dieser Vorschrift geschützt. Da der Schutzumfang des Art. 2 dieser Richtlinie weit auszulegen ist, kann nicht ausgeschlossen werden, dass bestimmte einzelne Sätze oder sogar Satzteile des betreffenden Textes dazu geeignet sind, dem Leser die Originalität einer Publikation wie etwa eines Zeitungsartikels zu vermitteln, indem sie ihm einen Bestandteil mitteilen, der als solcher Ausdruck der eigenen geistigen Schöpfung des Urhebers dieses Artikels ist. Solche Sätze oder solche Satzteile können also Schutzobjekt des Art. 2 Buchst. a der Richtlinie sein.

(vgl. Randnrn. 37-39, 47-48, 51, Tenor 1)

2. Das Ausdrucken eines aus elf Wörtern bestehenden Auszugs, der im Laufe eines Datenerfassungsverfahrens erfolgt, das im Einscannen von Zeitungsartikeln und deren anschließender Umwandlung in eine Textdatei, einer elektronischen Verarbeitung der Vervielfältigung, der Speicherung eines Teils der Vervielfältigung und deren Ausdruck besteht, erfüllt nicht die Voraussetzung der Flüchtigkeit im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, und daher darf dieses Verfahren nicht ohne die Zustimmung der Inhaber der betreffenden Urheberrechte durchgeführt werden.

Eine Handlung ist nämlich nur dann „flüchtig“ im Sinne der zweiten Voraussetzung dieser Vorschrift, wenn ihre Lebensdauer auf das für das ordnungsgemäße Funktionieren des betreffenden technischen Verfahrens Erforderliche beschränkt ist, wobei dieses Verfahren derart automatisiert sein muss, dass es diese Handlung automatisch, ohne Beteiligung einer natürlichen Person löscht, sobald ihre Funktion, die Durchführung eines solchen Verfahrens zu ermöglichen, erfüllt ist. Jedoch wird mit der letzten Vervielfältigungshandlung des fraglichen Datenerfassungsverfahrens eine Vervielfältigung außerhalb des Informatikbereichs vorgenommen, indem Dateien, die die aus elf Wörtern bestehenden Auszüge enthalten, ausgedruckt und so diese Auszüge auf Papier vervielfältigt werden. Wenn die Vervielfältigung auf einem solchen materiellen Träger festgehalten ist, verschwindet sie erst mit dessen Zerstörung. Da das Datenerfassungsverfahren überdies offensichtlich nicht in der Lage ist, einen solchen Träger selbst zu zerstören, hängt die Löschung der fraglichen Vervielfältigung allein vom Willen des Nutzers eines solchen Verfahrens ab, von dem nicht einmal sicher bekannt ist, ob er sich des Trägers entledigen will. Folglich besteht die Gefahr, dass die Vervielfältigung je nach Bedarf des Nutzers für einen längeren Zeitraum fortbesteht. Unter diesen Umständen ist die letzte Handlung des im Ausgangsverfahren fraglichen Datenerfassungsverfahrens, mit der die aus elf Wörtern bestehenden Auszüge ausgedruckt werden, keine flüchtige Handlung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29.

(vgl. Randnrn. 64, 67-70, 74, Tenor 2)

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