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Document 62007TJ0434

Leitsätze des Urteils

Rechtssache T-434/07

Volvo Trademark Holding AB

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM)

„Gemeinschaftsmarke — Widerspruchsverfahren — Anmeldung der Gemeinschaftsbildmarke SOLVO — Ältere Gemeinschafts- und nationale Wort- und Bildmarken VOLVO — Relatives Eintragungshindernis — Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 5 der Verordnung [EG] Nr. 207/2009)“

Urteil des Gerichts (Sechste Kammer) vom 2. Dezember 2009   II ‐ 4419

Leitsätze des Urteils

  1. Gemeinschaftsmarke – Definition und Erwerb der Gemeinschaftsmarke – Relative Eintragungshindernisse – Widerspruch des Inhabers einer für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen eingetragenen identischen oder ähnlichen älteren Marke – Bildliche Ähnlichkeit zwischen einer komplexen Bildmarke und einer Wortmarke – Beurteilungskriterien

    (Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Art. 8 Abs. 1 Buchst. b)

  2. Gemeinschaftsmarke – Verfahrensvorschriften – Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen

    (Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und 74 Abs. 1)

  3. Gemeinschaftsmarke – Definition und Erwerb der Gemeinschaftsmarke – Relative Eintragungshindernisse – Widerspruch des Inhabers einer für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen eingetragenen identischen oder ähnlichen älteren Marke – Gefahr der Verwechslung mit der älteren Marke

    (Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Art. 8 Abs. 1 Buchst. b)

  4. Gemeinschaftsmarke – Definition und Erwerb der Gemeinschaftsmarke – Relative Eintragungshindernisse – Widerspruch des Inhabers einer für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen eingetragenen identischen oder ähnlichen älteren Marke – Gefahr der Verwechslung mit der älteren Marke

    (Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Art. 8 Abs. 1 Buchst. b)

  1.  Zur Prüfung der Ähnlichkeit zwischen einer komplexen Bildmarke und einer älteren Bildmarke im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke sind die betreffenden Marken in ihrer Gesamtheit, wie sie eingetragen bzw. angemeldet worden sind, zu betrachten. Eine Wortmarke besteht ausschließlich aus Buchstaben, Wörtern oder Wortkombinationen in normaler Schriftart ohne spezifische grafische Elemente. Der Schutz, der sich aus der Eintragung ergibt, erstreckt sich auf das in der Anmeldung angegebene Wort und nicht auf die besonderen bildlichen oder gestalterischen Aspekte, die diese Marke möglicherweise annehmen kann. Bei der Prüfung der Ähnlichkeit der streitigen Marken ist daher die grafische Darstellung, die die angemeldete Marke in der Zukunft annehmen kann, nicht zu berücksichtigen.

    (vgl. Randnr. 37)

  2.  Die Rechtmäßigkeit eines Gemeinschaftsrechtsakts ist nach dem Sachverhalt und der Rechtslage zu beurteilen, die bei seinem Erlass bestanden. Insoweit kann die Frage nach der Bestimmung der maßgeblichen Verkehrskreise im Rahmen der Prüfung der Ähnlichkeit der streitigen Zeichen im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke nicht als eine rechtliche Voraussetzung angesehen werden, die von Amts wegen und erstmals durch das Gericht geprüft werden könnte. Denn die Bestimmung der maßgeblichen Verkehrskreise beruht auf Tatsachen, die an erster Stelle vom Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) gemäß Art. 74 Abs. 1 dieser Verordnung geprüft werden müssen und gegebenenfalls Gegenstand einer Rechtmäßigkeitskontrolle durch die Gemeinschaftsgerichte im Licht der von den Beteiligten vorgebrachten Argumente und Beweismittel sein können.

    (vgl. Randnrn. 46-47)

  3.  Zwar muss die Prüfung der Ähnlichkeit der in Rede stehenden Zeichen im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke, die ein wesentlicher Bestandteil der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist, wie diese Beurteilung im Hinblick auf die maßgeblichen Verkehrskreise durchgeführt werden. Dies gilt im Wesentlichen jedoch nur insoweit, als sich die Besonderheiten der betreffenden Verbraucher auf deren Wahrnehmung hinsichtlich der Ähnlichkeit der streitigen Zeichen auswirken können. Dies ist u. a. der Fall, wenn es um die Wahrnehmung des Ähnlichkeitsgrads in klanglicher und begrifflicher Hinsicht geht, die unterschiedlich ausfallen kann, je nach Sprache und kulturellem Kontext der betreffenden Verbraucher oder nach dem Stand ihrer Kenntnisse über bestimmte Fachbegriffe, der manchmal dadurch bestimmt wird, dass sie zum Fachpublikum gehören.

    Soweit sich hingegen die Wahrnehmung der angesprochenen Verkehrskreise auf das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr auswirken kann, d. h. darauf, ob die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen einem Unternehmen oder wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen zugeschrieben werden, ist sie im Stadium der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere für den erhöhten Grad an Aufmerksamkeit, den das Fachpublikum üblicherweise an den Tag legt.

    (vgl. Randnrn. 48-49)

  4.  Es besteht eine klangliche Ähnlichkeit zwischen der Bildmarke SOLVO, die als Gemeinschaftsmarke für „Computerprogramme für Lagerhaltungssysteme und Computerprogramme für Containerterminalsysteme“ in der Klasse 9 des Abkommens von Nizza angemeldet worden ist, und der Wortmarke VOLVO, die zuvor im Vereinigten Königreich neben anderen Waren und Dienstleistungen auch für „Computer-Software“ in der Klasse 9 dieses Abkommens und somit auch für Waren eingetragen wurde, die mit den von der angemeldeten Marke bezeichneten Waren identisch sind.

    Der unterschiedliche Anfangsbuchstabe der streitigen Zeichen schafft zwar eine klangliche Unähnlichkeit, aber die Gruppe der folgenden vier Buchstaben — „olvo“ — wird absolut identisch ausgesprochen, wodurch zwangsläufig ein Grad an Ähnlichkeit bleibt.

    Auch wenn der Anfang eines Zeichens für den Gesamteindruck, den dieses Zeichen hervorruft, von Bedeutung ist, lässt sich im vorliegenden Fall in Anbetracht der Tatsache, dass der ganz überwiegende Teil beider Zeichen — nämlich vier von fünf Buchstaben — identisch ausgesprochen wird, eine gewisse Ähnlichkeit nicht leugnen.

    Die Tatsache, dass zwischen den streitigen Zeichen ein bestimmter Grad an Ähnlichkeit in Bezug auf einen der geprüften maßgeblichen Gesichtspunkte, nämlich die klangliche Ähnlichkeit, besteht, steht der Annahme entgegen, dass eines der wesentlichen Tatbestandsmerkmale von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke fehlt. Unter diesen Umständen ist eine umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr vorzunehmen, um zu entscheiden, ob in Anbetracht des Grads an klanglicher Ähnlichkeit, der zwischen den streitigen Zeichen festgestellt worden ist, der Identität der beanspruchten Waren und der Bekanntheit des älteren Zeichens die Verkehrskreise, für die die betreffenden Waren bestimmt sind, glauben können, dass diese Waren aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen.

    (vgl. Randnrn. 28, 39-40, 50)

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