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Document 62007CJ0222

Leitsätze des Urteils

Schlüsselwörter
Leitsätze

Schlüsselwörter

1. Gemeinschaftsrecht – Grundsätze – Gleichbehandlung – Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit – Freier Dienstleistungsverkehr – Fernsehtätigkeit – Richtlinie 89/552

(Art. 12 EG, 39 Abs. 2 EG, 43 EG, 49 EG und 56 EG; Richtlinie 89/552 des Rates, Art. 3)

2. Staatliche Beihilfen – Begriff

(Art. 87 Abs. 1 EG)

Leitsätze

1. Die Richtlinie 89/552 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit in der durch die Richtlinie 97/36 geänderten Fassung, insbesondere ihr Art. 3, und Art. 12 EG sind dahin auszulegen, dass sie einer Maßnahme eines Mitgliedstaats nicht entgegenstehen, mit der Fernsehveranstalter verpflichtet werden, 5 % ihrer Betriebseinnahmen auf die Vorfinanzierung europäischer Spiel- und Fernsehfilme und davon wiederum 60 % auf Werke, deren Originalsprache eine der Amtssprachen dieses Mitgliedstaats ist, zu verwenden.

Die Mitgliedstaaten bleiben nämlich unabhängig davon, ob eine solche Maßnahme unter die von der genannten Richtlinie erfassten Bereiche fällt, grundsätzlich zum Erlass der Maßnahme befugt, sofern sie die durch den EG-Vertrag verbürgten Grundfreiheiten beachten.

Zwar beschränkt eine solche Maßnahme, soweit es sich um die Verpflichtung handelt, 60 % von den für die Vorfinanzierung von europäischen Spiel- und Fernsehfilmen bestimmten 5 % der Betriebseinnahmen auf Werke zu verwenden, deren Originalsprache eine der Amtssprachen des betreffenden Mitgliedstaats ist, mehrere Grundfreiheiten, nämlich den freien Dienstleistungsverkehr, die Niederlassungsfreiheit, den freien Kapitalverkehr und die Arbeitnehmerfreizügigkeit.

Sie kann jedoch durch das Ziel gerechtfertigt sein, eine oder mehrere der Amtssprachen des betreffenden Mitgliedstaats zu schützen und zu fördern. Insoweit ist eine solche Maßnahme, soweit sie eine Verpflichtung aufstellt, in Spiel- und Fernsehfilme zu investieren, deren Originalsprache eine der Amtssprachen dieses Mitgliedstaats ist, geeignet, die Erreichung eines solchen Ziels sicherzustellen.

Es erweist sich auch nicht, dass eine solche Maßnahme über das hinausginge, was zur Erreichung des genannten Ziels erforderlich ist. Zunächst betrifft sie nämlich nur 3 % der Betriebseinnahmen der Fernsehveranstalter, und ein solcher Prozentsatz kann, gemessen an dem verfolgten Ziel, nicht als unverhältnismäßig angesehen werden. Im Übrigen geht eine solche Maßnahme nicht schon deshalb über das hinaus, was zur Erreichung des verfolgten Ziels erforderlich ist, weil sie keine Kriterien vorsieht, anhand deren die betroffenen Werke als „Kulturerzeugnisse“ eingestuft werden können. Da zwischen Sprache und Kultur ein innerer Zusammenhang besteht, muss das von einem Mitgliedstaat verfolgte Ziel, eine oder mehrere seiner Amtssprachen zu schützen oder zu fördern, nicht zwangsläufig von weiteren kulturellen Kriterien begleitet werden, damit es eine Einschränkung einer der vom EG-Vertrag verbürgten Grundfreiheiten rechtfertigen kann. Eine solche Maßnahme geht auch nicht allein deshalb über das hinaus, was zur Erreichung des verfolgten Ziels erforderlich ist, weil die Empfänger der betreffenden Finanzierung überwiegend Filmproduktionsunternehmen aus diesem Mitgliedstaat sind. Dass das der betreffenden Maßnahme zugrunde liegende, nämlich sprachliche Kriterium einen Vorteil für Filmproduktionsunternehmen darstellen mag, die in der Sprache arbeiten, auf die dieses Kriterium abstellt, und die deshalb in der Praxis mehrheitlich aus dem Mitgliedstaat stammen können, in dem diese Sprache eine Amtssprache ist, steht in einem inneren Zusammenhang mit dem verfolgten Ziel. Eine solche Sachlage kann für sich genommen kein Beleg dafür sein, dass die fragliche Maßnahme unverhältnismäßig ist, da sonst die Anerkennung des von einem Mitgliedstaat verfolgten Ziels, eine oder mehrere seiner Amtssprachen zu schützen oder zu fördern, als zwingender Grund des Allgemeininteresses ihres Sinns entleert würde.

Was schließlich Art. 12 EG betrifft, so kann er als eigenständige Grundlage nur auf gemeinschaftsrechtliche Sachverhalte angewandt werden, für die der EG-Vertrag keine speziellen Diskriminierungsverbote vorsieht. Auf den Gebieten der Arbeitnehmerfreizügigkeit, der Niederlassungsfreiheit, der Dienstleistungsfreiheit und des freien Kapitalverkehrs ist das Diskriminierungsverbot aber durch die Art. 39 Abs. 2 EG, 43 EG, 49 EG und 56 EG konkretisiert. Da nach den vorstehenden Ausführungen die fragliche Maßnahme nicht gegen diese Vertragsbestimmungen verstößt, kann sie auch nicht als Verstoß gegen Art. 12 EG angesehen werden.

(vgl. Randnrn. 20, 24, 27, 29-34, 36-40, Tenor 1)

2. Art. 87 EG ist dahin auszulegen, dass eine Maßnahme eines Mitgliedstaats, mit der Fernsehveranstalter verpflichtet werden, 5 % ihrer Betriebseinnahmen auf die Vorfinanzierung europäischer Spiel- und Fernsehfilme und davon wiederum 60 % auf Werke, deren Originalsprache eine der Amtssprachen dieses Mitgliedstaats ist, zu verwenden, keine staatliche Beihilfe zugunsten der Filmindustrie dieses Mitgliedstaats darstellt.

Es sind nämlich nur solche Vorteile als Beihilfen im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG anzusehen, die unmittelbar oder mittelbar aus staatlichen Mitteln gewährt werden. Insoweit bedeutet die in dieser Bestimmung vorgenommene Unterscheidung zwischen „staatlichen“ und „aus staatlichen Mitteln gewährten“ Beihilfen nicht, dass alle von einem Staat gewährten Vorteile unabhängig davon Beihilfen darstellen, ob sie aus staatlichen Mitteln finanziert werden oder nicht, sondern dient nur dazu, in den Beihilfebegriff die unmittelbar vom Staat gewährten Vorteile sowie diejenigen, die über eine vom Staat benannte oder errichtete öffentliche oder private Einrichtung gewährt werden, einzubeziehen.

Der Vorteil, der mit der fraglichen Maßnahme der Filmindustrie des betreffenden Mitgliedstaats gewährt wird, ist aber kein Vorteil, der unmittelbar vom Staat oder über eine von ihm benannte oder errichtete öffentliche oder private Einrichtung gewährt wird. Er resultiert aus einer allgemeinen Regelung, mit der den Fernsehveranstaltern, ob öffentlich-rechtlich oder privat, auferlegt wird, einen Teil ihrer Betriebseinnahmen auf die Vorfinanzierung von Spiel- oder Fernsehfilmen zu verwenden.

Soweit die fragliche Maßnahme für öffentlich-rechtliche Fernsehveranstalter gilt, ist außerdem nicht ersichtlich, dass etwa der betreffende Vorteil von der Kontrolle der öffentlichen Stellen über solche Fernsehveranstalter oder diesen von den genannten Stellen erteilten Anweisungen abhängt.

(vgl. Randnrn. 43-47, Tenor 2)

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