Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 62006CJ0202

    Leitsätze des Urteils

    Rechtssache C-202/06 P

    Cementbouw Handel & Industrie BV

    gegen

    Kommission der Europäischen Gemeinschaften

    „Rechtsmittel — Wettbewerb — Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 — Zuständigkeit der Kommission — Anmeldung eines Unternehmenszusammenschlusses von gemeinschaftsweiter Bedeutung — Von den Beteiligten vorgeschlagene Zusagen — Auswirkung auf die Zuständigkeit der Kommission — Genehmigung unter dem Vorbehalt der Einhaltung bestimmter Zusagen — Grundsatz der Verhältnismäßigkeit“

    Schlussanträge der Generalanwältin J. Kokott vom 26. April 2007   I-12132

    Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 18. Dezember 2007   I-12154

    Leitsätze des Urteils

    1. Wettbewerb – Zusammenschlüsse – Zuständigkeit der Kommission – Bestimmung für die gesamte Dauer des Verfahrens zu einem Zeitpunkt, der in engem Zusammenhang mit der Anmeldung steht

      (Verordnung Nr. 4064/89 des Rates, Art 1 Abs. 2 und 3, Art. 5 und 8 Abs. 2 Satz 2)

    2. Wettbewerb – Zusammenschlüsse – Prüfung durch die Kommission – Verhältnismäßigkeit der Bedingungen und Auflagen, die den Unternehmen vorgeschrieben werden, um den angemeldeten Zusammenschluss mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu machen

      (Verordnung Nr. 4064/89 des Rates, Art 2 und 8 Abs. 2)

    3. Wettbewerb – Zusammenschlüsse – Prüfung durch die Kommission – Keine Verpflichtung zur Berücksichtigung von Entscheidungen der nationalen Behörden

      (Verordnung Nr. 4064/89 des Rates)

    1.  Die Zuständigkeit der Kommission für die Prüfung eines Unternehmenszusammenschlusses im Rahmen der Verordnung Nr. 4064/89 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen muss zu einem bestimmten Zeitpunkt für die gesamte Dauer des Verfahrens feststehen. Angesichts der Bedeutung, die der Anmeldeverpflichtung in dem vom Gemeinschaftsgesetzgeber geschaffenen Kontrollsystem zukommt, muss dieser Zeitpunkt in engem Zusammenhang mit der Anmeldung stehen. Denn sowohl das Bemühen um Rechtssicherheit, das voraussetzt, dass sich die für die Prüfung eines Unternehmenszusammenschlusses zuständige Behörde auf vorhersehbare Weise bestimmen lässt, als auch das Gebot der Zügigkeit, das die allgemeine Systematik der Verordnung Nr. 4064/89 kennzeichnet und die Kommission im Hinblick auf den Erlass der abschließenden Entscheidung zur Einhaltung strikter Fristen verpflichtet — ohne eine solche abschließende Entscheidung gilt der Zusammenschluss als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar —, erfordern, dass die nach den in Art. 1 Abs. 2 und 3 sowie Art. 5 der Verordnung Nr. 4064/89 festgelegten Kriterien einmal begründete Zuständigkeit der Kommission für einen bestimmten Vorgang nicht jederzeit wieder in Frage gestellt oder ständig Änderungen unterworfen werden kann.

      So verliert zwar die Kommission ihre Zuständigkeit für die Prüfung eines Zusammenschlusses selbstverständlich dann, wenn die beteiligten Unternehmen das Zusammenschlussvorhaben vollständig aufgeben, jedoch verhält es sich anders, wenn die Beteiligten nur für einen Teil des Vorhabens Änderungen vorschlagen. Solche Vorschläge können nicht dazu führen, dass die Kommission zur Überprüfung ihrer Zuständigkeit gezwungen wird, da andernfalls die betreffenden Unternehmen den Ablauf des Verfahrens und die Wirksamkeit der vom Gesetzgeber gewollten Kontrolle erheblich stören könnten, indem sie die Kommission zwängen, ständig ihre Zuständigkeit zu überprüfen, statt die Sache materiell-rechtlich zu prüfen. Diese Auslegung wird durch den Wortlaut von Art. 8 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 4064/89 bestätigt, der klar erkennen lässt, dass es sich sowohl bei den von den Unternehmen vorgeschlagenen als auch bei den von ihnen eingegangenen Verpflichtungen um Umstände handelt, die die Kommission bei der Prüfung der materiell-rechtlichen Frage zu berücksichtigen hat, ob der Zusammenschluss mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar oder unvereinbar ist, dass aber umgekehrt der Kommission durch diese Verpflichtungen nicht ihre Zuständigkeit entzogen werden kann, da diese im ersten Verfahrensabschnitt geprüft worden ist.

      (vgl. Randnrn. 38-43)

    2.  Die Grundregeln der Verordnung Nr. 4064/89 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen und insbesondere ihr Art. 2 räumen der Kommission ein gewisses Ermessen namentlich bei Beurteilungen wirtschaftlicher Art ein. Folglich muss die vom Gemeinschaftsrichter vorzunehmende Kontrolle der Ausübung eines solchen — in der Festlegung der Regeln für Zusammenschlüsse wesentlichen — Ermessens unter Berücksichtigung des Wertungsspielraums erfolgen, der den Bestimmungen wirtschaftlicher Art, die Teil der Regelung für Zusammenschlüsse sind, zugrunde liegt.

      Insbesondere ist zur Kontrolle der Verhältnismäßigkeit der Bedingungen und Auflagen, die den an einem Unternehmenszusammenschluss Beteiligten von der Kommission nach Art. 8 Abs. 2 der Verordnung Nr. 4064/89 vorgeschrieben werden können, nicht zu prüfen, ob der Zusammenschluss nach Erfüllung dieser Bedingungen und Auflagen noch gemeinschaftsweite Bedeutung hat, sondern sicherzustellen, dass die Bedingungen und Auflagen dem festgestellten Wettbewerbsproblem angemessen sind und dessen vollständige Behebung ermöglichen.

      (vgl. Randnrn. 53-54)

    3.  Entscheidungen der nationalen Behörden können angesichts der genauen Zuständigkeitsverteilung, auf der die Verordnung Nr. 4064/89 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen beruht, für die Kommission in Verfahren der Zusammenschlusskontrolle nicht bindend sein.

      (vgl. Randnr. 56)

    Top