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Document 62006CJ0055

    Leitsätze des Urteils

    Schlüsselwörter
    Leitsätze

    Schlüsselwörter

    1. Rechtsangleichung – Telekommunikationssektor – Entbündelter Zugang zum Teilnehmeranschluss – Verordnung Nr. 2887/2000 – Grundsatz der Kostenorientierung der Preise für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss

    (Verordnung Nr. 2887/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 3 Abs. 3)

    2. Rechtsangleichung – Telekommunikationssektor – Entbündelter Zugang zum Teilnehmeranschluss – Verordnung Nr. 2887/2000 – Grundsatz der Kostenorientierung der Preise für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss – Kosten

    (Verordnung Nr. 2887/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 3 Abs. 3)

    3. Rechtsangleichung – Telekommunikationssektor – Entbündelter Zugang zum Teilnehmeranschluss – Verordnung Nr. 2887/2000 – Grundsatz der Kostenorientierung der Preise für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss

    (Verordnung Nr. 2887/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 3 Abs. 3)

    4. Rechtsangleichung – Telekommunikationssektor – Entbündelter Zugang zum Teilnehmeranschluss – Verordnung Nr. 2887/2000 – Grundsatz der Kostenorientierung der Preise für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss

    (Verordnung Nr. 2887/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 4 Abs. 2 Buchst. b)

    5. Rechtsangleichung – Telekommunikationssektor – Entbündelter Zugang zum Teilnehmeranschluss – Verordnung Nr. 2887/2000 – Grundsatz der Kostenorientierung der Preise für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss

    (Verordnung Nr. 2887/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 1 Abs. 4 und Art. 3 Abs. 3)

    6. Rechtsangleichung – Telekommunikationssektor – Entbündelter Zugang zum Teilnehmeranschluss – Verordnung Nr. 2887/2000 – Grundsatz der Kostenorientierung der Preise für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss – Aufsicht durch die nationalen Regulierungsbehörden

    (Verordnung Nr. 2887/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 3 Abs. 3 und Art. 4 Abs. 1 und 2)

    7. Rechtsangleichung – Telekommunikationssektor – Entbündelter Zugang zum Teilnehmeranschluss – Verordnung Nr. 2887/2000 – Grundsatz der Kostenorientierung der Preise für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss – Anwendung

    (Verordnung Nr. 2887/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 3 Abs. 3 und Art. 4 Abs. 1 und 3)

    8. Rechtsangleichung – Telekommunikationssektor – Entbündelter Zugang zum Teilnehmeranschluss – Verordnung Nr. 2887/2000 – Grundsatz der Kostenorientierung der Preise für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss – Anwendung

    (Verordnung Nr. 2887/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 3 Abs. 3 und Art. 4 Abs. 1; Richtlinie 90/387 des Rates, Art. 5a Abs. 3)

    9. Rechtsangleichung – Telekommunikationssektor – Entbündelter Zugang zum Teilnehmeranschluss – Verordnung Nr. 2887/2000 – Grundsatz der Kostenorientierung der Preise für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss – Aufsicht durch die nationalen Regulierungsbehörden

    (Verordnung Nr. 2887/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 3 Abs. 3 und Art. 4)

    Leitsätze

    1. Der Grundsatz der Kostenorientierung der Preise für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss in Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2887/2000 über den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss entspricht nicht den Regeln eines wettbewerbsorientierten, offenen und den Gesetzen von Angebot und Nachfrage gehorchenden Marktes, auf dem die Preise für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss dem freien Wettbewerb entsprechend frei festgelegt werden. Im Rahmen der allmählichen Öffnung des Telekommunikationsmarkts für den Wettbewerb wird den gemeldeten Betreibern mit diesem Grundsatz vielmehr die Verpflichtung auferlegt, die Preise für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss an den für dessen Herstellung entstandenen Kosten auszurichten, wobei sie mit den festgesetzten Preisen einen angemessenen Gewinn erzielen müssen, um die langfristige Weiterentwicklung und Verbesserung der vorhandenen Infrastrukturen zu ermöglichen.

    (vgl. Randnrn. 60-61, 64, 69)

    2. Die Zinsen für das eingesetzte Kapital und die Abschreibungen der Anlagegüter, die zur Herstellung des Teilnehmeranschlusses verwendet wurden, gehören zu den Kosten, die nach dem in Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2887/2000 über den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss verankerten Grundsatz der Kostenorientierung der Preise für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss zu berücksichtigen sind.

    Daher sind bei der Festlegung der Preise für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss die Kosten zu berücksichtigen, die der gemeldete Betreiber im Rahmen der Investitionen zur Herstellung seiner lokalen Infrastrukturen tragen musste. In diesem Zusammenhang stellen die Zinsen für das eingesetzte Kapital die Einkünfte dar, die mit diesem Kapital erzielt worden wären, wenn es nicht in den Teilnehmeranschluss investiert worden wäre, während die Darlehenszinsen die Fremdkapitalkosten im Rahmen der Investitionen für die Herstellung des Teilnehmeranschlusses darstellen. Die Abschreibungen der für die Errichtung des Ortsnetzes verwendeten Anlagegüter, deren Berücksichtigung es ermöglicht, die Minderung des tatsächlichen Werts dieser Güter zu erfassen, beziehen sich auf die Investitionen des gemeldeten Betreibers für die Herstellung des Teilnehmeranschlusses und gehören daher zu den Betriebskosten, die nach dem Preisbildungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2887/2000 zu berücksichtigen sind.

    (vgl. Randnrn. 72, 77-80, 84, Tenor 1)

    3. Im Rahmen der Anwendung des Grundsatzes der Kostenorientierung der Preise für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss nach Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2887/2000 über den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss müssen die nationalen Regulierungsbehörden bei der Ermittlung der Grundlage für die Berechnung der Kosten des gemeldeten Betreibers die tatsächlichen Kosten berücksichtigen, d. h. die historischen Kosten des gemeldeten Betreibers sowie die voraussichtlichen Kosten, wobei Letztere gegebenenfalls aufgrund des Wiederbeschaffungswerts des Netzes oder bestimmter Teile davon zu kalkulieren sind.

    Dabei ist für die Berechnung der Kosten weder ausschließlich auf die Kosten, die einem anderen Betreiber als dem gemeldeten Betreiber für die Errichtung einer vollständig neuen Ortsanschlussinfrastruktur zur Erbringung gleichwertiger Telekommunikationsdienste (aktuelle Kosten) entstehen würden, noch ausschließlich auf die dem gemeldeten Betreiber tatsächlich entstandenen Kosten unter Berücksichtigung der bereits erfolgten Abschreibungen (historische Kosten) abzustellen.

    Die ausschließliche Heranziehung einer dieser Berechnungsgrundlagen kann nämlich das mit der Verordnung verfolgte Ziel gefährden, den Wettbewerb durch die Festlegung harmonisierter Bedingungen für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss zu intensivieren, um so die wettbewerbsorientierte Bereitstellung einer breiten Palette von Diensten im Bereich der elektronischen Kommunikation zu begünstigen.

    Zum einen könnte der gemeldete Betreiber, wenn er die Möglichkeit hätte, der Kostenberechnung ausschließlich die aktuellen Kosten seiner Investitionen zugrunde zu legen, damit diejenigen Kosten wählen, die es ihm erlauben würden, die Preise auf dem höchsten Niveau festzusetzen und die für die Begünstigten vorteilhaften Preisbildungselemente außer Acht zu lassen, und so die Regeln über die Festsetzung der Preise für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss anhand der Kosten umgehen.

    Zum anderen würde der gemeldete Betreiber, wenn der Kostenberechnung ausschließlich die historischen Kosten zugrunde zu legen wären – was, je nach Alter des Netzes, zur Berücksichtigung eines beinahe abgeschriebenen Netzes und damit zu einem sehr niedrigen Preis führen könnte –, ungerechtfertigt benachteiligt, was die Verordnung Nr. 2887/2000 gerade verhindern soll.

    (vgl. Randnrn. 86, 98, 104, 108-109, 119, Tenor 2)

    4. Nach Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 2887/2000 über den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss kann die nationale Regulierungsbehörde vom gemeldeten Betreiber aussagekräftige Informationen über die Belege für die im Rahmen der Anwendung des Grundsatzes der Kostenorientierung der Preise für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss berücksichtigten Kosten anfordern. Da das Gemeinschaftsrecht keine Bestimmung über die zu prüfenden Kostenunterlagen enthält, ist es allein Sache der nationalen Regulierungsbehörden, auf der Grundlage des anwendbaren Rechts zu prüfen, ob die vorgelegten Unterlagen die für die Zwecke der Kostenrechnung am besten geeigneten sind.

    In Ermangelung rechtlich hinreichender Anhaltspunkte dafür, dass sich der Gemeinschaftsgesetzgeber für ein Top-down- oder ein Bottom-up-Buchungsmodell ausgesprochen hätte, ist es Sache der nationalen Regulierungsbehörden, auf der Grundlage des anwendbaren Rechts die Kostenrechnungsmethoden zu verwenden, die ihnen im Einzelfall am besten geeignet erscheinen. Das Gemeinschaftsrecht schließt es daher nicht aus, dass die nationalen Regulierungsbehörden im Rahmen der Anwendung des Grundsatzes der Kostenorientierung der Preise für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss die Kosten mangels vollständiger und nachvollziehbarer Kostenunterlagen auf der Grundlage eines analytischen Top-down- oder Bottom-up-Kostenmodells bestimmen.

    (vgl. Randnrn. 127, 131-132, 134, Tenor 3-4)

    5. Die den Mitgliedstaaten durch Art. 1 Abs. 4 der Verordnung Nr. 2887/2000 über den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss eingeräumte Möglichkeit, eingehende innerstaatliche Vorschriften zu erlassen, kann nicht zur Folge haben, dass der in Art. 3 Abs. 3 der Verordnung verankerte Grundsatz der Kostenorientierung der Preise für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss unanwendbar wird. Diese Befugnis, Vorschriften beizubehalten oder einzuführen, die eingehendere Bestimmungen enthalten, ermächtigt die Mitgliedstaaten daher, im Rahmen des ihnen insoweit zustehenden Beurteilungsspielraums im innerstaatlichen Recht Bestimmungen vorzusehen, die den Grundsatz der Kostenorientierung der Preise für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss konkretisieren, wobei es dieser Beurteilungsspielraum aber keinesfalls ermöglicht, von den in Art. 1 Abs. 4 der Verordnung aufgestellten Grundsätzen abzuweichen und die dort gezogenen Grenzen zu überschreiten.

    (vgl. Randnrn. 143, 146, 150, Tenor 5)

    6. Aus den Bestimmungen von Art. 4 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 2887/2000 über den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss geht hervor, dass die nationalen Regulierungsbehörden bei der Prüfung der von den gemeldeten Betreibern für die Bereitstellung eines entbündelten Zugangs zu ihren Teilnehmeranschlüssen in Rechnung gestellten Preise anhand des in Art. 3 Abs. 3 der Verordnung verankerten Preisbildungsgrundsatzes über eine weit reichende Befugnis verfügen, die die Beurteilung der verschiedenen Aspekte dieser Preise umfasst, und zwar bis hin zur Änderung der Preise, d. h. der vorgeschlagenen Entgelte. Diese weit reichende Befugnis bezieht sich auch auf die den gemeldeten Betreibern entstandenen Kosten, wie z. B. die Zinsen für das eingesetzte Kapital und die Abschreibungen der Anlagegüter, die Berechnungsgrundlage dieser Kosten und die Kostenrechnungsmodelle.

    (vgl. Randnr. 159, Tenor 6)

    7. Es ist allein Sache der Mitgliedstaaten, im Rahmen ihrer Verfahrensautonomie unter Wahrung der Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität des gerichtlichen Rechtsschutzes das zuständige Gericht, die Verfahrensart und damit die Art und Weise der richterlichen Kontrolle von Entscheidungen der nationalen Regulierungsbehörden über die Genehmigung der Preise der gemeldeten Betreiber für den entbündelten Zugang zu ihren Teilnehmeranschlüssen zu bestimmen. Unter diesen Umständen hat das nationale Gericht sicherzustellen, dass die sich aus der Verordnung Nr. 2887/2000 über den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss hinsichtlich dieses Zugangs ergebenden Verpflichtungen in einer dem Preisbildungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 3 der Verordnung entsprechenden Art und Weise tatsächlich eingehalten werden, und zwar unter transparenten, fairen und nicht diskriminierenden Bedingungen.

    (vgl. Randnr. 170, Tenor 7)

    8. Nach Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2887/2000 über den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss in Verbindung mit Art. 5a Abs. 3 der Richtlinie 90/387 zur Verwirklichung des Binnenmarkts für Telekommunikationsdienste durch Einführung eines offenen Netzzugangs (Open Network Provision – ONP) in der durch die Richtlinie 97/51 geänderten Fassung müssen die nationalen Gerichte die innerstaatlichen Verfahrensvorschriften über die Einlegung von Rechtsbehelfen so auslegen und anwenden, dass eine Entscheidung der nationalen Regulierungsbehörde über die Genehmigung der Preise für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss gerichtlich angefochten werden kann, und zwar nicht nur von dem Unternehmen, an das eine solche Entscheidung gerichtet ist, sondern auch von den Begünstigten im Sinne dieser Verordnung, deren Rechte von der Entscheidung potenziell betroffen sind.

    (vgl. Randnr. 178, Tenor 8)

    9. Die Verordnung Nr. 2887/2000 über den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss ist dahin auszulegen, dass es in einem die Preisgestaltung für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss betreffenden Aufsichtsverfahren, das eine nationale Regulierungsbehörde nach Art. 4 dieser Verordnung durchführt, dem gemeldeten Betreiber obliegt, den Nachweis dafür zu erbringen, dass seine Entgelte dem Grundsatz der Kostenorientierung entsprechen. Hingegen ist es Sache der Mitgliedstaaten, die Verteilung der Beweislast zwischen der nationalen Regulierungsbehörde, die die Entscheidung über die Genehmigung der Entgelte des gemeldeten Betreibers erlassen hat, und dem Begünstigten, der diese Entscheidung anficht, zu regeln. Es ist auch Sache der Mitgliedstaaten, in Einklang mit ihren Verfahrensvorschriften und unter Wahrung der gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Effektivität und der Äquivalenz des gerichtlichen Rechtsschutzes die Modalitäten dieser Beweislastverteilung für den Fall einer gerichtlichen Anfechtung einer Entscheidung der nationalen Regulierungsbehörde über die Genehmigung der Entgelte eines gemeldeten Betreibers für den entbündelten Zugang zu seinen Teilnehmeranschlüssen zu regeln.

    (vgl. Randnr. 192, Tenor 9)

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