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Document 62005CJ0409

Leitsätze des Urteils

Schlüsselwörter
Leitsätze

Schlüsselwörter

1. Gemeinschaftsrecht – Geltungsbereich – Nichtbestehen eines allgemeinen Vorbehalts, der im Interesse der öffentlichen Sicherheit getroffene Maßnahmen ausnähme

(Art. 30 EG, 39 EG, 46 EG, 58 EG, 64 EG, 296 EG und 297 EG)

2. Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften – Feststellung und Bereitstellung durch die Mitgliedstaaten – Einfuhr von militärischen Ausrüstungsgütern durch einen Mitgliedstaat unter Zollbefreiung

(Verordnungen des Rates Nr. 1552/89 in der Fassung der Verordnung Nr. 1355/96, Art. 2 und 9 bis 11, und Nr. 1150/2000, Art. 2 und 9 bis 11)

Leitsätze

1. Es ist zwar Sache der Mitgliedstaaten, die geeigneten Maßnahmen zur Gewährleistung ihrer inneren und äußeren Sicherheit zu ergreifen, doch bedeutet dies nicht, dass solche Maßnahmen der Anwendung des Gemeinschaftsrechts völlig entzogen wären. Der Vertrag sieht ausdrückliche Abweichungen aus Gründen der öffentlichen Sicherheit nur in den Art. 30 EG, 39 EG, 46 EG, 58 EG, 64 EG, 296 EG und 297 EG vor, die ganz bestimmte außergewöhnliche Fälle betreffen. Aus ihnen lässt sich kein allgemeiner, dem Vertrag immanenter Vorbehalt ableiten, der jede Maßnahme, die im Interesse der öffentlichen Sicherheit getroffen wird, vom Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts ausnähme. Würde ein solcher Vorbehalt unabhängig von den besonderen Tatbestandsmerkmalen der Bestimmungen des Vertrags anerkannt, so könnte das die Verbindlichkeit und die einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts beeinträchtigen.

Überdies sind die Abweichungen nach den Art. 296 EG und 297 EG, wie es bei den Abweichungen von den Grundfreiheiten der Fall ist, eng auszulegen. Was speziell Art. 296 EG angeht, spricht dieser Artikel zwar von Maßnahmen, die ein Mitgliedstaat als für die Wahrung seiner wesentlichen Sicherheitsinteressen erforderlich ansieht, und von Auskünften, deren Preisgabe nach Ansicht des Mitgliedstaats diesen Interessen widerspricht, jedoch kann er nicht als eine Ermächtigung der Mitgliedstaaten dazu ausgelegt werden, durch bloße Berufung auf diese Interessen von den Bestimmungen des Vertrags abzuweichen. Es ist daher Sache des Mitgliedstaats, der sich auf Art. 296 EG beruft, nachzuweisen, dass eine Inanspruchnahme der in diesem Artikel geregelten Abweichung erforderlich ist, um seine wesentlichen Sicherheitsinteressen zu wahren.

(vgl. Randnrn. 50-52, 54)

2. Ein Mitgliedstaat, der sich zum einen geweigert hat, die Eigenmittel zu berechnen und an die Kommission der Europäischen Gemeinschaften zu zahlen, die im Zeitraum vom 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 2002 anlässlich der Einfuhr von militärischem Gerät unter Zollbefreiung nicht erhoben worden sind, und sich zum anderen geweigert hat, Verzugszinsen im Zusammenhang mit der unterbliebenen Zahlung dieser Eigenmittel an die Kommission zu entrichten, hat bis 31. Mai 2000 gegen seine Verpflichtungen aus den Art. 2 und 9 bis 11 der Verordnung Nr. 1552/89 zur Durchführung des Beschlusses 88/376 über das System der Eigenmittel der Gemeinschaften in der durch die Verordnung Nr. 1355/96 geänderten Fassung und danach gegen seine Verpflichtungen aus den gleichen Artikeln der Verordnung Nr. 1150/2000 zur Durchführung des Beschlusses 94/728 über das System der Eigenmittel der Gemeinschaften verstoßen.

Es kann nämlich nicht hingenommen werden, dass ein Mitgliedstaat die Verteuerung von militärischem Gerät, die sich aus der Erhebung der Zölle auf die Einfuhren solchen Geräts aus Drittstaaten ergebe, anführt, um sich zum Nachteil der übrigen Mitgliedstaaten, die die auf diese Einfuhren entfallenden Zölle tatsächlich erheben und abführen, den Verpflichtungen zu entziehen, die ihm aus der finanziellen Solidarität in Bezug auf den Gemeinschaftshaushalt erwachsen.

(vgl. Randnrn. 55, 62 und Tenor)

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