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Document 62005CJ0370
Leitsätze des Urteils
Leitsätze des Urteils
Freier Kapitalverkehr – Beschränkungen des Grunderwerbs
(Art. 56 EG)
Es läuft Art. 56 EG zuwider, dass eine nationale Rechtsvorschrift als Voraussetzung für den Erwerb eines landwirtschaftlichen Grundstücks das Erfordernis aufstellt, dass der Erwerber auf diesem Grundstück für eine Dauer von acht Jahren seinen ständigen Wohnsitz begründet; dies gilt unabhängig von besonderen Umständen, die die Eigenschaften des betroffenen landwirtschaftlichen Grundstücks betreffen.
Es ist zwar anzuerkennen, dass eine nationale Rechtsvorschrift, die eine solche Wohnsitzpflicht begründet, mit der der Erwerb von landwirtschaftlichen Flächen aus rein spekulativen Gründen vermieden werden soll, und die damit darauf gerichtet ist, die Aneignung dieser Flächen vorrangig durch Personen, die sie bewirtschaften wollen, zu erleichtern, in einem Mitgliedstaat, dessen landwirtschaftliche Flächen eine knappe natürliche Ressource sind, ein Ziel des Allgemeininteresses verfolgt. Gleichwohl stellt die Wohnsitzpflicht eine Maßnahme dar, die über das hinausgeht, was zur Erreichung eines solchen Ziels erforderlich ist. Denn zum einen erweist sie sich als besonders belastend, da sie nicht nur die Kapitalverkehrsfreiheit, sondern auch das von der Europäischen Menschenrechtskonvention gewährleistete und in der Gemeinschaftsrechtsordnung geschützte Recht des Erwerbers, seinen Wohnsitz frei zu wählen, beschränkt und damit ein Grundrecht beeinträchtigt. Zum anderen kann nicht festgestellt werden, dass andere, weniger einschränkende Maßnahmen als diese Verpflichtung zur Erreichung des angestrebten Ziels nicht erlassen werden könnten. Eine solche Verpflichtung, erst recht wenn sie mit der Bedingung versehen ist, den Wohnsitz für mehrere Jahre beizubehalten, geht über das, was als erforderlich betrachtet werden könnte, hinaus.
(vgl. Randnrn. 33-37, 41-42, 50, Tenor 1)