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Document 62005CJ0273

    Leitsätze des Urteils

    Rechtssache C-273/05 P

    Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM)

    gegen

    Celltech R&D Ltd

    „Rechtsmittel — Gemeinschaftsmarke — Art. 7 Abs. 1 Buchst, b und c der Verordnung (EG) Nr. 40/94 — Anmeldung der Wortmarke CELLTECH — Absolute Eintragungshindernisse — Keine Unterscheidungskraft — Beschreibender Charakter“

    Schlussanträge der Generalanwältin E. Sharpston vom 14. Dezember 2006   I-2886

    Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 19. April 2007   I-2912

    Leitsätze des Urteils

    1. Rechtsmittel – Gründe – Angriffs- oder Verteidigungsmittel, das erstmals im Rechtsmittelverfahren geltend gemacht wird – Unzulässigkeit – Angriffs- oder Verteidigungsmittel, das allein darauf abzielt, die rechtliche Würdigung zu beanstanden, die das Gericht im angefochtenen Urteil vorgenommen hat – Zulässigkeit

    2. Gemeinschaftsmarke – Verfahrensvorschriften – Prüfung des Sachverhalts von Amts wegen – Umfang

      (Art. 225 EG; Satzung des Gerichtshofs, Art 58; Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Art 74)

    3. Gemeinschaftsmarke – Definition und Erwerb der Gemeinschaftsmarke – Absolute Eintragungshindernisse – Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die zur Bezeichnung der Merkmale einer Ware dienen können

      (Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Art. 7 Abs. 1 Buchst, c)

    1.  Wenn es einer Partei erlaubt wäre, vor dem Gerichtshof erstmals ein Angriffs -oder Verteidigungsmittel vorzubringen, das sie vor dem Gericht nicht vorgebracht hat, könnte sie den Gerichtshof, dessen Befugnisse im Rechtsmittelverfahren beschränkt sind, letztlich mit einem weiter reichenden Rechtsstreit befassen, als ihn das Gericht zu entscheiden hatte. Im Rahmen eines Rechtsmittels sind die Befugnisse des Gerichtshofs daher auf die Beurteilung der rechtlichen Entscheidung über das im ersten Rechtszug erörterte Vorbringen beschränkt.

      Hat jedoch zum einen die Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) die Eintragung einer angemeldeten Marke allein aufgrund des Art. 7 Abs. 1 Buchst, b der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke abgelehnt, und war zum anderen die gegen diese Entscheidung gerichtete Klage vor dem Gericht auf einen Verstoß gegen diese Bestimmung gestützt, so konnte die Auslegung des Art. 7 Abs. 1 Buchst, c, auf die das Gericht im angefochtenen Urteil die Aufhebung der streitigen Entscheidung gestützt hat, erst im Rechtsmittelverfahren beanstandet werden. Unter diesen Umständen und soweit die Klage allein darauf abzielt, die rechtliche Würdigung zu beanstanden, die das Gericht im angefochtenen Urteil vorgenommen hat, ist ein Rechtsmittel, das auf einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst, c der Verordnung Nr. 40/94 gestützt wird, zulässig.

      (vgl. Randnrn. 21-24)

    2.  Gemäß Art. 74 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke haben die Prüfer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) und, auf Beschwerde, seine Beschwerdekammern von Amts wegen den Sachverhalt zu ermitteln, um festzustellen, ob die angemeldete Marke unter eines der Eintragungshindernisse nach Art. 7 der Verordnung fällt. Infolgedessen können sich die zuständigen Stellen des Amts veranlasst sehen, ihre Entscheidungen auf Tatsachen zu stützen, die vom Anmelder nicht angeführt worden sind. Zwar müssen diese Stellen grundsätzlich in ihren Entscheidungen dartun, dass diese Tatsachen richtig sind, doch gilt dies nicht, soweit sie allgemein bekannte Tatsachen anführen. Die Feststellung durch das Gericht, ob es sich um allgemein bekannte Tatsachen handelt, stellt eine Würdigung der Tatsachen dar, die, außer bei deren Verfälschung, nicht der Kontrolle des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels unterliegt.

      (vgl. Randnrn. 38-39, 45)

    3.  Um eine Marke, die aus einem Wort mit mehreren Bestandteilen besteht, als beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst, c der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke ansehen zu können, genügt es nicht, dass ein beschreibender Charakter jedes einzelnen dieser Bestandteile festgestellt wird. Es muss vielmehr festgestellt werden, dass das Wort selbst beschreibenden Charakter hat. Im Allgemeinen ist die bloße Kombination von Bestandteilen, von denen jeder Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen beschreibt, für diese Merkmale selbst beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst, c.

      Einer solchen Kombination kann jedoch der beschreibende Charakter im Sinne dieser Bestimmung fehlen, sofern der von ihr erweckte Eindruck hinreichend weit von dem abweicht, der durch die bloße Zusammenfügung ihrer Bestandteile entsteht. Somit kann eine aus Wörtern zusammengesetzte Marke zwar partiell für jeden ihrer Begriffe oder Bestandteile getrennt geprüft werden, verlangt aber in jedem Fall eine Prüfung der durch diese gebildeten Gesamtheit. Dabei kann nicht geltend gemacht werden, dass zwangsläufig jeder Bestandteil, aus dem eine Marke besteht, vorab zu beurteilen ist. Vielmehr haben die Beschwerdekammern des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) und — im Falle einer Klage — das Gericht den beschreibenden Charakter der Marke in ihrer Gesamtheit zu beurteilen.

      (vgl. Randnrn. 76-80)

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