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Document 62004CJ0351
Leitsätze des Urteils
Leitsätze des Urteils
1. Vorabentscheidungsverfahren – Gültigkeitsprüfung – Keine Möglichkeit der Berufung auf die WTO-Übereinkünfte, um die Rechtswidrigkeit einer Gemeinschaftshandlung geltend zu machen
2. Gemeinsame Handelspolitik – Schutz gegen Dumpingpraktiken – Dumpingspanne
(Verordnung Nr. 384/96 des Rates, Art. 1 Abs. 2, Art. 2 Abs. 1 und 6 Buchst. a)
3. Gemeinsame Handelspolitik – Schutz gegen Dumpingpraktiken – Dumpingspanne
(Verordnung Nr. 384/96 des Rates, Art. 2 Abs. 10 und 11, und Verordnung Nr. 2398/97)
4. Gemeinsame Handelspolitik – Schutz gegen Dumpingpraktiken – Schaden
(Verordnung Nr. 384/96 des Rates, Art. 3 Abs. 5)
5. Vorabentscheidungsverfahren – Gültigkeitsprüfung – Ungültigerklärung einer Gemeinschaftsverordnung zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls – Wirkungen
(Verordnung Nr. 2913/92 des Rates, Art. 236 Abs. 1)
1. Die Übereinkünfte der Welthandelsorganisation (WTO) gehören wegen ihrer Natur und ihrer Systematik grundsätzlich nicht zu den Normen, an denen der Gerichtshof die Rechtmäßigkeit der Handlungen der Gemeinschaftsorgane misst. Nur wenn die Gemeinschaft eine bestimmte im Rahmen der WTO übernommene Verpflichtung erfüllen wollte oder wenn die Gemeinschaftshandlung ausdrücklich auf spezielle Bestimmungen der WTO-Übereinkünfte verweist, hat der Gerichtshof die Rechtmäßigkeit der fraglichen Gemeinschaftshandlung an den WTO-Regeln zu messen.
(vgl. Randnrn. 29-30)
2. In Bezug auf die Festsetzung von Antidumpingzöllen begeht der Rat im Rahmen der Bestimmung des „rechnerisch ermittelten“ Normalwerts einer Ware keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler, wenn er die Ansicht vertritt, dass Art. 2 Abs. 6 Buchst. a der Antidumping-Grundverordnung Nr. 384/96 bei der Bestimmung der Beträge für Vertriebs-, Verwaltungs- und Gemeinkosten sowie für Gewinne zum einen die Berücksichtigung der Zahlen eines einzigen Unternehmens, das als eines der untersuchten Unternehmen im Untersuchungszeitraum auf dem Inlandsmarkt des Ursprungsstaats repräsentative Verkäufe der gleichartigen Ware getätigt hat, und zum anderen die Nichtberücksichtigung der Verkäufe anderer Ausführer oder Hersteller, die nicht im normalen Handelsverkehr erfolgt sind, bei der Feststellung der Gewinnspanne nach dem in Art. 1 Abs. 2 und Art. 2 Abs. 1 dieser Verordnung aufgestellten Prinzip, dass der Normalwert grundsätzlich auf den Zahlen beruhen muss, die sich auf im normalen Handelsverkehr getätigte Verkäufe beziehen, nicht ausschließt.
(vgl. Randnrn. 46-48)
3. Da die Dumpingspanne anhand eines gerechten Vergleichs zwischen dem Normalwert der gleichartigen Ware und dem Ausfuhrpreis in die Gemeinschaft zu bestimmen ist, begeht der Rat einen offensichtlichen Beurteilungsfehler, wenn er bei der Feststellung der gesamten Dumpingspanne einer Ware, die Gegenstand einer Antidumpinguntersuchung ist, die Methode der Nullbewertung der negativen Dumpingspannen anwendet, da sich die Verwendung einer solchen Methode, auf die Art. 2 der Antidumping-Grundverordnung Nr. 384/96 im Übrigen keinen Hinweis enthält, beim Vergleich zwischen dem gewogenen durchschnittlichen Wert und dem gewogenen Durchschnitt der Preise aller Ausfuhrgeschäfte in die Gemeinschaft in einer Veränderung der Preise der Ausfuhrgeschäfte und somit in Vergleichen äußert, die nicht alle vergleichbaren Ausfuhrpreise voll und ganz widerspiegeln. Folglich ist Art. 1 der Verordnung Nr. 2398/97 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Bettwäsche aus Baumwolle mit Ursprung in Ägypten, Indien und Pakistan insoweit ungültig, als der Rat bei der Feststellung der gesamten Dumpingspanne bezüglich der Ware, auf die die Untersuchung, die zum Erlass dieser Verordnung geführt hat, abzielte, die Methode der Nullbewertung der negativen Dumpingspannen bei jedem der betroffenen Warenmodelle angewandt hat.
(vgl. Randnrn. 55-57, Tenor 1)
4. Art. 3 Abs. 5 der Antidumping-Grundverordnung Nr. 384/96, der die relevanten Schadensfaktoren aufführt, die eine Auswirkung auf die Lage des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft haben, räumt den Gemeinschaftsbehörden bei der Prüfung und Beurteilung der verschiedenen Faktoren einen Ermessensspielraum ein, der bei der Feststellung des Vorliegens einer Schädigung zum Tragen kommt.
Insbesondere verlangt diese Bestimmung nur die Prüfung derjenigen relevanten Wirtschaftsfaktoren und -indizes, die die Lage des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft beeinflussen, und stellt im Übrigen eine nicht erschöpfende Liste dieser Faktoren auf. Die Gemeinschaftsorgane überschreiten daher das ihnen bei der Bewertung komplexer wirtschaftlicher Sachverhalte eingeräumte Ermessen nicht, wenn sie bei der Prüfung der Auswirkungen der gedumpten Einfuhren auf die Lage des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft nur die relevanten Faktoren berücksichtigen, die Auswirkungen auf diesen Wirtschaftszweig haben.
(vgl. Randnrn. 61-63)
5. Ein Einführer, der bei einem nationalen Gericht Klage gegen eine Entscheidung erhoben hat, mit der von ihm Antidumpingzölle nach einer Gemeinschaftsverordnung zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf Einfuhren erhoben wurden, die vom Gemeinschaftsrichter im Rahmen eines Ersuchens um Vorabentscheidung über die Gültigkeit für ungültig erklärt wird, hat grundsätzlich das Recht, sich im Rahmen des Ausgangsverfahrens auf diese Ungültigkeit zu berufen, um die Erstattung dieser Zölle gemäß Art. 236 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2913/92 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften zu erlangen. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer solchen Erstattung erfüllt sind.
(vgl. Randnrn. 67, 69, Tenor 2)