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Document 62003CJ0291

    Leitsätze des Urteils

    Schlüsselwörter
    Leitsätze

    Schlüsselwörter

    1. Gemeinschaftsrecht – Unmittelbare Wirkung – Mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbare nationale Abgaben – Erstattung – Umstände – Anwendung des nationalen Rechts – Grenzen – Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität

    2. Vorabentscheidungsverfahren – Auslegung – Zeitliche Wirkung von Auslegungsurteilen – Rückwirkung – Begrenzung durch den Gerichtshof

    (Artikel 234 EG)

    3. Steuerrecht – Harmonisierung – Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem – Sonderregelung für Reisebüros – Neuberechnung der Mehrwertsteuerschuld nach der vom Gerichtshof als gemeinschaftsrechtskonform angesehenen Methode – Zulässigkeit – Voraussetzungen

    (Richtlinie 77/388 des Rates, Artikel 26)

    4. Steuerrecht – Harmonisierung – Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem – Sonderregelung für Reisebüros – Zum Teil aus eigenen Leistungen und zum Teil aus von Dritten erworbenen Leistungen bestehende Pauschalreisen – Berechnung der Abgabe – Anwendung des Kriteriums des Marktwertes auf die eigenen Leistungen – Voraussetzungen – Bestimmung des Marktwertes von Flugreisen durch das vorlegende Gericht

    (Richtlinie 77/388 des Rates, Artikel 26)

    Leitsätze

    1. In Ermangelung einer Gemeinschaftsregelung über die Erstattung von Abgaben ist es Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten, die Voraussetzungen zu regeln, unter denen eine solche Erstattung verlangt werden kann; diese Voraussetzungen müssen dem Äquivalenzprinzip und dem Effektivitätsprinzip entsprechen, d. h., sie dürfen nicht ungünstiger sein als bei ähnlichen Klagen, die auf Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts gestützt sind, und sie dürfen nicht so ausgestaltet sein, dass sie die Ausübung der Rechte, die die Gemeinschaftsrechtsordnung einräumt, praktisch unmöglich machen.

    (vgl. Randnr. 17)

    2. Wenn der Gerichtshof im Rahmen seiner Befugnisse nach Artikel 234 EG eine Vorschrift des Gemeinschaftsrechts auslegt, verdeutlicht er, in welchem Sinne und mit welcher Tragweite diese Vorschrift seit ihrem Inkrafttreten zu verstehen und anzuwenden gewesen wäre. Ein Vorabentscheidungsurteil ist daher geeignet, Wirkungen auf Rechtsbeziehungen zu entfalten, die vor seinem Erlass entstanden sind. Daraus folgt insbesondere, dass eine Bestimmung des Gemeinschaftsrechts in ihrer Auslegung durch ein solches Urteil von einer Verwaltungsbehörde im Rahmen ihrer Zuständigkeit auch auf Rechtsbeziehungen anzuwenden ist, die vor der Verkündung des Urteils des Gerichtshofes über die Vorabentscheidungsfrage entstanden sind. Etwas anderes gilt nur, wenn der Gerichtshof in seinem Urteil den Anwendungsbereich dieser Auslegung ausnahmsweise zeitlich beschränkt.

    (vgl. Randnrn. 16-17)

    3. Ein Reisebüro oder ein Reiseveranstalter, das bzw. der seine Mehrwertsteuererklärung für einen Besteuerungszeitraum unter Verwendung der Methode abgegeben hat, die in der nationalen Regelung zur Umsetzung der Sechsten Richtlinie 77/388 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern in das innerstaatliche Recht vorgesehen ist, kann seine Mehrwertsteuerschuld nach der vom Gerichtshof als gemeinschaftsrechtskonform angesehenen Methode unter den in seinem nationalen Recht vorgesehenen Bedingungen, die dem Äquivalenzprinzip und dem Effektivitätsprinzip entsprechen müssen, neu berechnen.

    (vgl. Randnr. 18, Tenor 1)

    4. Artikel 26 der Sechsten Richtlinie 77/388 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ist dahin auszulegen, dass ein Reisebüro oder ein Reiseveranstalter, das bzw. der gegen Zahlung eines Pauschalpreises dem Reisenden von Dritten erworbene sowie selbst erbrachte Leistungen liefert, grundsätzlich den seinen eigenen Leistungen entsprechenden Teil des Pauschalangebots auf der Grundlage des Marktwerts dieser Leistungen errechnen muss, sofern dieser Wert bestimmt werden kann. In einem solchen Fall kann ein Steuerpflichtiger jedoch das Kriterium der tatsächlichen Kosten verwenden, wenn er nachweist, dass dieses Kriterium der tatsächlichen Struktur des Pauschalangebots exakt Rechnung trägt. Die Anwendung des Kriteriums des Marktwerts ist weder davon, dass sie einfacher ist als die Anwendung der auf die tatsächlichen Kosten gestützten Methode, noch davon abhängig, dass sie zu einer Mehrwertsteuerschuld führt, die der Schuld gleich oder ähnlich ist, die sich bei der Verwendung der auf die tatsächlichen Kosten gestützten Methode ergeben würde. Daher

    – darf ein Reisebüro oder ein Reiseveranstalter die auf den Marktwert gestützte Methode nicht nach eigenem Ermessen anwenden und

    – gilt die letztgenannte Methode für die eigenen Leistungen, deren Marktwert bestimmt werden kann, auch wenn im Rahmen desselben Besteuerungszeitraums der Wert anderer eigener Bestandteile der Pauschalleistung nicht bestimmt werden kann, weil der Steuerpflichtige keine ähnlichen Leistungen außerhalb eines Pauschalangebots verkauft.

    Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung der Umstände des Ausgangsrechtsstreits den Marktwert der im Rahmen der Pauschalurlaubsreisen gelieferten Flugreisen zu bestimmen. Dieses Gericht kann diesen Marktwert ausgehend von Durchschnittswerten bestimmen. In diesem Zusammenhang kann der Markt, der auf den an andere Reiseveranstalter verkauften Sitzen basiert, den am besten geeigneten Markt darstellen.

    (vgl. Randnrn. 41, 45, Tenor 2-3)

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