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Document 62002TJ0093

    Leitsätze des Urteils

    Schlüsselwörter
    Leitsätze

    Schlüsselwörter

    1. Handlungen der Organe – Begründungspflicht – Umfang – Entscheidung der Kommission über staatliche Beihilfen – Gerichtliche Nachprüfung

    (Artikel 87 EG und 253 EG)

    2. Gemeinschaftsrecht – Auslegung – Handlungen der Organe – Begründung – Berücksichtigung

    3. Staatliche Beihilfen – Begriff – Verzicht eines Mitgliedstaats auf Steuereinnahmen – Verzicht, der zu einem mittelbaren Zufluss staatlicher Mittel an ein Unternehmen führt, das nicht mit dem von der Steuer befreiten Steuerpflichtigen identisch ist – Einbeziehung

    (Artikel 87 Absatz 1 EG)

    4. Kommission – Kollegialprinzip – Tragweite – Begründung von Entscheidungen – Änderung nach Erlass – Rechtswidrigkeit – Folge – Keine Heilung von Begründungsmängeln durch Erklärungen vor dem Gericht

    (Artikel 253 EG)

    Leitsätze

    1. Bei der Begründungspflicht handelt es sich um ein wesentliches Formerfordernis, das von der Frage der Stichhaltigkeit der Begründung zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört. Die nach Artikel 253 EG vorgeschriebene Begründung muss der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrolle wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere von dem Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung den Erfordernissen des Artikels 253 EG genügt, nicht nur anhand des Wortlauts des Rechtsakts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet.

    Zur Beantwortung der Frage, ob eine Entscheidung hinsichtlich der Feststellung der Beihilfe, deren Unvereinbarkeit mit dem EG-Vertrag sie feststellt, eine hinreichende Begründung enthält, ist somit zu prüfen, ob die Betroffenen der Entscheidung die staatliche Maßnahme oder die staatlichen Maßnahmen entnehmen können, die nach Ansicht der Kommission eine Beihilfe begründen, und ob das Gericht seine Kontrolle über die Beurteilung dieser Maßnahmen ausüben kann. Dagegen kommt es im Rahmen der Prüfung der Begründung nicht darauf an, ob die Qualifizierung dieser Maßnahmen als Beihilfe gerechtfertigt ist.

    (vgl. Randnrn. 67-69)

    2. Der verfügende Teil eines Rechtsakts ist untrennbar mit seiner Begründung verbunden und muss erforderlichenfalls unter Berücksichtigung der Gründe ausgelegt werden, die zu seinem Erlass geführt haben.

    (vgl. Randnr. 74)

    3. Die Feststellung des Vorliegens einer aus staatlichen Mitteln finanzierten Maßnahme zugunsten eines Unternehmens erfordert nicht, dass dieses Unternehmen der damit unmittelbar Begünstigte ist. Der Verzicht eines Mitgliedstaats auf Steuereinnahmen kann nämlich einen mittelbaren Zufluss staatlicher Mittel implizieren, der als Beihilfe zugunsten anderer Wirtschaftsbeteiligter als derjenigen, denen der Steuervorteil unmittelbar gewährt wird, qualifiziert werden kann.

    (vgl. Randnr. 95)

    4. Der verfügende Teil und die Begründung einer nach Artikel 253 EG zwingend mit Gründen zu versehenden Entscheidung stellen ein unteilbares Ganzes dar, so dass, wenn für den Erlass der Entscheidung das Kollegium der Mitglieder der Kommission zuständig ist, es nach dem Kollegialprinzip ausschließlich Sache dieses Kollegiums ist, beide zugleich anzunehmen, da jede Änderung der Begründung, die über eine rein orthografische oder grammatikalische Anpassung hinausgeht, in seine ausschließliche Zuständigkeit fällt. Folglich kann das Vorbringen der Bevollmächtigten der Kommission vor dem Gericht den Begründungsmangel der angefochtenen Entscheidung nicht heilen.

    (vgl. Randnrn. 124, 126)

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