Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 62002CJ0372

    Leitsätze des Urteils

    Schlüsselwörter
    Leitsätze

    Schlüsselwörter

    1. Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer und -selbständigen – Anwendbare Rechtsvorschriften – Arbeitnehmer, der im Wohnmitgliedstaat arbeitslos ist, nachdem er seinen Pflichtwehrdienst in einem anderen Mitgliedstaat abgeleistet hat – Zuständigkeit der Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats

    (Verordnung Nr. 1408/71 des Rates, Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe f)

    2. Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer und -selbständigen – Arbeitslosigkeit – Besondere Anknüpfungsregeln – Arbeitsloser, der während seiner letzten Beschäftigung im Gebiet eines anderen als des zuständigen Mitgliedstaats wohnte – Begriff „Beschäftigung“

    (Verordnung Nr. 1408/71 des Rates, Artikel 71 Absatz 1)

    3. Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer und -selbständigen – Arbeitslosigkeit – Rechtsvorschriften, die den Leistungsanspruch von der Zurücklegung von Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten abhängig machen – Zusammenrechnung der Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten – Bescheinigung, die die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats zurückgelegten Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten nennt – Beweiskraft gegenüber den Trägern der sozialen Sicherheit anderer Mitgliedstaaten – Grenzen

    (Artikel 10 EG; Verordnung Nr. 574/72 des Rates, Artikel 80)

    4. Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer und -selbständigen – Arbeitslosigkeit – Besondere Anknüpfungsregeln – Arbeitsloser, der während seiner letzten Beschäftigung im Gebiet eines anderen als des zuständigen Mitgliedstaats wohnte – Begriff „Wohnsitz“

    (Verordnung Nr. 1408/71 des Rates, Artikel 71 Absatz 1)

    5. Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer und -selbständigen – Arbeitslosigkeit – Besondere Anknüpfungsregeln – Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer ii der Verordnung Nr. 1408/71 – Geltungsbereich – Nichtanwendung der allgemeinen Anknüpfungsregeln – Voraussetzung – Prüfung Sache des nationalen Gerichts

    (Verordnung Nr. 1408/71 des Rates, Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer ii)

    6. Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer und -selbständigen – Gemeinschaftsregelung – Persönlicher Geltungsbereich – Arbeitnehmer im Sinne der Verordnung Nr. 1408/71 – Begriff – Person, die ihren Wehrdienst ableistet – Einbeziehung – Voraussetzung

    (Verordnung Nr. 1408/71 des Rates, Artikel 1 Buchstabe a)

    7. Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer und -selbständigen – Arbeitslosigkeit – Rechtsvorschriften, die den Leistungsanspruch von der Zurücklegung von Versicherungszeiten abhängig machen – Zusammenrechnung der Versicherungszeiten – Berücksichtigung von nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegten Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten – Beschäftigungszeiten – Begriff

    (Verordnung Nr. 1408/71 des Rates, Artikel 67 Absatz 1)

    8. Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer und -selbständigen – Arbeitslosigkeit – Rechtsvorschriften, die den Leistungsanspruch von der Zurücklegung von Versicherungszeiten abhängig machen – Zusammenrechnung der Versicherungszeiten – Berücksichtigung von nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegten Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten – Voraussetzungen – Versicherungszeiten, die zuletzt in dem Mitgliedstaat zurückgelegt wurden, in dem die Leistungen beantragt werden – Beurteilung Sache des nationalen Gerichts

    (Verordnung Nr. 1408/71 des Rates, Artikel 67 Absatz 3)

    9. Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer und -selbständigen – Gleichbehandlung – Unanwendbarkeit auf die durch die besonderen Bestimmungen der Verordnung Nr. 1408/71 geregelten Leistungen bei Arbeitslosigkeit

    (Verordnung Nr. 1408/71 des Rates, Artikel 3 und 67)

    Leitsätze

    1. Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe f der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 2001/83 aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung Nr. 2195/91, ist dahin auszulegen, dass eine Person, die in einem Mitgliedstaat wohnt und dort arbeitslos ist, nachdem sie ihren Pflichtwehrdienst in einem anderen Mitgliedstaat abgeleistet hat, den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats unterliegt.

    (vgl. Randnrn. 26, 41, Tenor 1)

    2. Der Begriff „Beschäftigung“ im Sinne von Artikel 71 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 2001/83 aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung Nr. 2195/91 – Artikel 71 Absatz 1 bestimmt die Rechtsvorschriften, die im Bereich der Leistungen bei Arbeitslosigkeit auf Arbeitnehmer anzuwenden sind, die während ihrer letzten Beschäftigung im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats als des zuständigen Staates wohnten –, ist mit Bezug auf die vom nationalen Gesetzgeber im Bereich der sozialen Sicherheit vorgesehenen Definitionen auszulegen. Eine „Beschäftigung“ im Sinne von Artikel 71 Absatz 1 ist somit eine Beschäftigung, die nach den die soziale Sicherheit betreffenden Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sie ausgeübt wird, als solche angesehen wird.

    (vgl. Randnr. 33)

    3. Die gemäß Artikel 80 der Verordnung Nr. 574/72 vom zuständigen Träger eines Mitgliedstaats ausgestellte Bescheinigung, die die von einem Arbeitnehmer nach den Rechtsvorschriften dieses Staates zurückgelegten Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten nennt, ist, solange sie nicht zurückgezogen oder für ungültig erklärt wird, vom zuständigen Träger eines anderen Mitgliedstaats bei der Zusammenrechnung der Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten zu berücksichtigen. Der in Artikel 10 EG verankerte Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit verpflichtet jedoch die Träger der sozialen Sicherheit, die relevanten Tatsachen insbesondere im Rahmen der Anwendung der Regeln über die Bestimmung der anzuwendenden Rechtsvorschriften oder der Regeln über die Zusammenrechnung der Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten zutreffend zu beurteilen und damit die Richtigkeit der Angaben in den von ihnen ausgestellten Bescheinigungen zu garantieren. Somit müssen die Träger der sozialen Sicherheit die Berechtigung der Ausstellung dieser Bescheinigungen überprüfen und diese gegebenenfalls zurückziehen, wenn Zweifel an der Richtigkeit des ihnen zugrunde liegenden Sachverhalts und demnach der darin gemachten Angaben bestehen.

    (vgl. Randnrn. 34, 36)

    4. Der Wohnort eines Arbeitnehmers im Sinne von Artikel 71 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 2001/83 aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung Nr. 2195/91 – Artikel 71 Absatz 1 bestimmt die Rechtsvorschriften, die im Bereich der Leistungen bei Arbeitslosigkeit auf Arbeitnehmer anzuwenden sind, die während ihrer letzten Beschäftigung im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats als des zuständigen Staates wohnten –, bestimmt sich danach, wo sich der gewöhnliche Mittelpunkt der Interessen des Arbeitnehmers befindet. Insoweit sind die familiären Verhältnisse des Arbeitnehmers sowie die Gründe, die ihn zu der Abwanderung bewogen haben, und die Art seiner Tätigkeit zu berücksichtigen.

    (vgl. Randnr. 37)

    5. Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer ii der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 2001/83 aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung Nr. 2195/91, der die Rechtsvorschriften bestimmt, die im Bereich der Leistungen bei Arbeitslosigkeit auf vollarbeitslose Arbeitnehmer anzuwenden sind, die nicht Grenzgänger sind und die während ihrer letzten Beschäftigung im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats als des zuständigen Staates wohnten, ist dahin auszulegen, dass er eine Sondervorschrift darstellt, die die Bestimmung der im Bereich der Leistungen bei Arbeitslosigkeit anzuwendenden Rechtsvorschriften betrifft, so dass die in diesem Artikel bezeichneten Rechtsvorschriften anzuwenden sind, wenn die Voraussetzungen seiner Anwendung erfüllt sind, und nicht die in den allgemeinen Anknüpfungsregeln des Titels II bezeichneten Rechtsvorschriften. Dem nationalen Gericht obliegt es, festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Anwendung des Artikels 71 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer ii erfüllt sind.

    (vgl. Randnrn. 41, Tenor2 )

    6. Der in der der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 2001/83 aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung Nr. 2195/91, verwendete Begriff „Arbeitnehmer“ umfasst jeden, der auch nur gegen ein einziges Risiko bei einem der in Artikel 1 Buchstabe a der Verordnung genannten allgemeinen oder besonderen Systeme der sozialen Sicherheit unabhängig vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses pflichtversichert oder freiwillig versichert ist.

    Eine Person, die ihren Wehrdienst ableistet, ist folglich als Arbeitnehmer im Sinne der Verordnung Nr. 1408/71 in der geänderten Fassung einzustufen, wenn sie im Sinne von Artikel 1 Buchstabe a dieser Verordnung bei einem System der sozialen Sicherheit versichert ist.

    (vgl. Randnrn. 46-47, 54, Tenor 2)

    7. Die Zeit eines Pflichtwehrdienstes in einem Mitgliedstaat stellt eine Beschäftigungszeit, die nach den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats zurückgelegt wurde, im Sinne von Artikel 67 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 2001/83 aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung Nr. 2195/91, dar, wenn sie nach diesen Rechtsvorschriften als solche bestimmt oder anerkannt oder nach ihnen als eine einer Beschäftigungszeit gleichwertige Zeit gleichgestellt und anerkannt ist. In einem solchen Fall muss der zuständige Träger eines anderen Mitgliedstaats, nach dessen Rechtsvorschriften die Gewährung von Leistungen bei Arbeitslosigkeit von der Zurücklegung von Versicherungszeiten abhängig ist, diese Zeit bei der Zusammenrechnung der Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten berücksichtigen.

    (vgl. Randnrn. 47, 54, Tenor 2)

    8. Es obliegt den nationalen Gerichten, zu prüfen, ob die in Artikel 67 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 2001/83 aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung Nr. 2195/91, aufgestellte Voraussetzung erfüllt ist, dass sich eine Person, die Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten in einem Mitgliedstaat zurückgelegt hat, nur dann auf diese Zeiten berufen kann, um in einem anderen Mitgliedstaat eine Leistung bei Arbeitslosigkeit zu erlangen, wenn sie unmittelbar zuvor Versicherungszeiten nach den Rechtsvorschriften des letztgenannten Staates zurückgelegt hat.

    Eine Versicherungszeit ist dabei dann als „unmittelbar zuvor“ in einem Mitgliedstaat zurückgelegt anzusehen, wenn unabhängig von der zwischen der Beendigung der letzten Versicherungszeit und dem Antrag auf Leistungen verstrichenen Zeit in der Zwischenzeit keine weitere Versicherungszeit in einem anderen Mitgliedstaat zurückgelegt wurde.

    (vgl. Randnrn. 52-53, Tenor 2)

    9. Artikel 3 der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 2001/83 aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung Nr. 2195/91, der den Grundsatz der Gleichbehandlung im Geltungsbereich dieser Verordnung festschreibt, schließt nicht aus, dass ein zuständiger Träger im Rahmen der Prüfung des Anspruchs eines Arbeitnehmers auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit bei der Berechnung der zurückgelegten Versicherungszeiten die Zeit eines in einem anderen Mitgliedstaat abgeleisteten Pflichtwehrdienstes unberücksichtigt lässt, obwohl die Berücksichtigung in den Rechtsvorschriften, nach denen die Leistungen beantragt werden, vorgesehen ist, wenn sich diese Lösung aus der Anwendung des Artikels 67 der Verordnung ergibt, einer besonderen Bestimmung, die den Anspruch eines Arbeitnehmers auf Leistungen wegen Arbeitslosigkeit regelt.

    (vgl. Randnrn. 57-58, Tenor 3)

    Top