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Document 62002CJ0110

Leitsätze des Urteils

Schlüsselwörter
Leitsätze

Schlüsselwörter

Staatliche Beihilfen — Befugnis des Rates, ausnahmsweise angesichts außergewöhnlicher Umstände eine Beihilfe zu genehmigen — Voraussetzungen für die Ausübung — Anrufung des Rates durch den betroffenen Mitgliedstat vor Erlass einer Entscheidung der Kommission, die die Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt, sowie Erlass einer Entscheidung innerhalb von drei Monaten — Grenze — Neutralisierung einer früheren Entscheidung der Kommission — (Artikel 87 EG, 88 EG und 89 EG)

Leitsätze

Artikel 88 EG hat der Kommission die fortlaufende Überprüfung der Beihilfen übertragen und geht somit davon aus, dass die Feststellung der Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt in einem geeigneten Verfahren zu erfolgen hat, dessen Durchführung vorbehaltlich der Kontrolle durch das Gericht und den Gerichtshof Sache der Kommission ist. Die Artikel 87 EG und 88 EG verleihen dieser damit eine zentrale Rolle bei der Feststellung der etwaigen Unvereinbarkeit einer Beihilfe.

Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 3 EG regelt, wie sich aus seinem Wortlaut ergibt, einen Ausnahme‑ und Sonderfall. Der Rat kann nämlich einstimmig „auf Antrag eines Mitgliedstaats“ entscheiden, dass eine von diesem Staat gewährte oder geplante Beihilfe „in Abweichung von Artikel 87 oder von den nach Artikel 89 erlassenen Verordnungen“ als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar gilt, wenn „außergewöhnliche Umstände“ eine solche Entscheidung rechtfertigen.

Da die dem Rat durch Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 3 EG übertragene Befugnis somit offenkundig Ausnahmecharakter hat, ist festzustellen, dass die in Artikel 88 Absatz 2 Unterabsätze 3 und 4 EG getroffene Regelung, wonach zum einen die Anrufung des Rates durch einen Mitgliedstaat die bei der Kommission laufende Prüfung für drei Monate aussetzt und zum anderen, wenn der Rat innerhalb dieser Frist keine Entscheidung getroffen hat, die Kommission entscheidet, zeigt, dass der Rat nach Ablauf der fraglichen Frist nicht mehr befugt ist, nach diesem Unterabsatz 3 eine Entscheidung über die betreffende Beihilfe zu erlassen. Auf diese Weise wird der Erlass von Entscheidungen mit einem widersprüchlichen verfügenden Teil vermieden.

Der Rat ist daher nicht mehr ermächtigt, die ihm nach dem genannten Unterabsatz 3 übertragene Ausnahmebefugnis auszuüben, um eine Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu erklären, wenn der betroffene Mitgliedstaat keinen Antrag nach Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1 EG an ihn gerichtet hat, bevor die Kommission die betreffende Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt und so das Verfahren nach Unterabsatz 1 dieser Vorschrift abgeschlossen hat.

Er kann eine solche Entscheidung ebenso wenig dadurch ihrer Wirkung berauben, dass er nach der genannten Vorschrift eine Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt für vereinbar erklärt, die dazu bestimmt ist, die Empfänger der von der Kommission für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärten rechtswidrigen Beihilfe für die Rückzahlungen zu entschädigen, zu denen sie aufgrund dieser Entscheidung verpflichtet sind.

(vgl. Randnrn. 29-33, 45)

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