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Document 62001TO0195

    Leitsätze des Beschlusses

    Schlüsselwörter
    Leitsätze

    Schlüsselwörter

    1. Vorläufiger Rechtsschutz - Zulässigkeitsvoraussetzungen - Zulässigkeit der Klage - Klage auf Nichtigerklärung einer Entscheidung der Kommission über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens wegen einer in Durchführung begriffenen Beihilfe - Entscheidung, die Rechtswirkungen erzeugt - Klage, die nicht prima facie als unzulässig erscheint

    (Artikel 88 Absatz 2 EG, 242 EG und 243 EG; Verfahrensordnung des Gerichts, Artikel 104 § 1)

    2. Staatliche Beihilfen - Entscheidung der Kommission über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens wegen einer in Durchführung begriffenen Beihilfe - Entscheidung, die Gegenstand einer Nichtigkeitsklage und eines Antrags auf einstweilige Maßnahmen sein kann - Gerichtliche Nachprüfung - Erfordernis, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler nachzuweisen

    (Artikel 88 Absatz 2 EG; Verfahrensordnung des Gerichts, Artikel 104 § 2)

    3. Vorläufiger Rechtsschutz - Aussetzung des Vollzugs - Einstweilige Anordnungen - Voraussetzungen - Dringlichkeit - Beurteilungskriterien - Entscheidung, über die Hauptsache im beschleunigten Verfahren nach Artikel 76a der Verfahrensordnung des Gerichts zu entscheiden - Unbeachtlich

    (Verfahrensordnung des Gerichts, Artikel 76a und 104 § 2)

    4. Vorläufiger Rechtsschutz - Aussetzung des Vollzugs - Einstweilige Anordnungen - Voraussetzungen - Schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden - Beweislast - Abhängigkeit des Schadenseintritts von künftigen und ungewissen Ereignissen

    (Artikel 242 EG und 243 EG; Verfahrensordnung des Gerichts, Artikel 104 § 2)

    5. Vorläufiger Rechtsschutz - Aussetzung des Vollzugs - Einstweilige Anordnungen - Voraussetzungen - Abwägung sämtlicher betroffener Belange - Entscheidung der Kommission über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens wegen einer Beihilfe - Erfordernis außergewöhnlicher Umstände, um den Erlass einstweiliger Maßnahmen zu rechtfertigen

    (Artikel 88 Absatz 2 EG, 242 EG und 243 EG; Verfahrensordnung des Gerichts, Artikel 104 § 2; Verordnung Nr. 659/1999 des Rates)

    Leitsätze

    1. Eine von der Kommission erlassene Entscheidung über die Eröffnung eines förmlichen Prüfverfahrens wegen einer in Durchführung begriffenen Beihilfemaßnahme erzeugt spezifische rechtliche Wirkungen und kann deshalb sogleich bei den Gemeinschaftsgerichten angefochten werden, ohne dass die das Verfahren abschließende Entscheidung abgewartet werden müsste. Ein Betroffener, der eine solche Klage erhebt, kann beim Richter des vorläufigen Rechtsschutzes einstweilige Anordnungen beantragen.

    ( vgl. Randnr. 59 )

    2. Eine Entscheidung der Kommission über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens wegen einer staatlichen Beihilfemaßnahme, mit deren Durchführung bereits begonnen wurde und die der betroffene Mitgliedstaat bis zu dem Erlass einer endgültigen Entscheidung der Kommission auch weiterhin durchführen möchte, kann bei den Gemeinschaftsgerichten stets - und selbst wenn eine Aussetzung der Maßnahmen in der streitigen Entscheidung nicht angeordnet wurde - gleichzeitig angefochten und zum Gegenstand von Anträgen auf vorläufigen Rechtsschutz gemacht werden. Jedoch sind der von den Gemeinschaftsgerichten im Rahmen solcher Verfahren auszuübenden Kontrolle genaue Grenzen zu ziehen, um sicherzustellen, dass die Kommission nicht an der Ausübung der vom Vertrag vorgesehenen präventiven Kontrolle" gehindert wird. Diese Abgrenzung erscheint umso mehr angemessen, als die Kommission hinsichtlich der Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens, wenn sie bei der Beurteilung einer staatlichen Maßnahme und ihrer Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt ernsthaften Schwierigkeiten begegnet, über keinerlei Ermessen verfügt.

    Angesichts des Beurteilungsspielraums, über den die Kommission bei ihrer vorläufigen Würdigung des Sachverhalts und der einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften verfügt, muss ein Kläger, um möglicherweise die Nichtigerklärung einer Entscheidung zu erwirken, in der hinsichtlich der Frage, ob eine staatliche Maßnahme nicht eine bestehende Beihilfe, sondern eine neue Beihilfe darstellt, ernsthafte Zweifel konstatiert werden, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler der Kommission nachweisen.

    ( vgl. Randnrn. 76-77, 79 )

    3. Ein vom Gericht gefasster Beschluss, in der Hauptsache im beschleunigten Verfahren zu entscheiden, vermag weder die Beurteilung der Dringlichkeit noch die gegebenenfalls erforderliche Abwägung der beteiligten Interessen durch den Richter der einstweiligen Anordnung zu beeinflussen. Die maßgebenden Kriterien dafür, ob die nach Artikel 76a § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts für eine Entscheidung im beschleunigten Verfahren erforderliche besondere Dringlichkeit" gegeben ist, sind nur partiell deckungsgleich mit den in der Rechtsprechung entwickelten Kriterien für die Beurteilung der Dringlichkeit, die eine Voraussetzung für den Erlass einstweiliger Anordnungen durch den Richter der einstweiligen Anordnung bildet.

    ( vgl. Randnr. 94 )

    4. Ob hinsichtlich eines Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz Dringlichkeit besteht, ist danach zu beurteilen, ob die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes erforderlich ist, um zu verhindern, dass dem Antragsteller ein schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden entsteht.

    Es ist Sache der Partei, die sich auf einen schweren und nicht wieder gutzumachenden Schaden beruft, dessen Vorliegen zu beweisen. Das unmittelbare Bevorstehen des Schadens braucht nicht mit absoluter Sicherheit nachgewiesen zu werden. Insbesondere wenn die Entstehung des Schadens vom Eintritt einer Reihe von Faktoren abhängt, genügt es, dass er mit einem hinreichenden Grad von Wahrscheinlichkeit vorhersehbar ist.

    Ein rein hypothetischer Schaden, der vom Eintritt künftiger und ungewisser Ereignisse abhängt, vermag die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht zu rechtfertigen.

    ( vgl. Randnrn. 95-96, 101 )

    5. Der Umstand allein, dass eine Entscheidung der Kommission über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens wegen einer Beihilfe Ungewissheit über die Rechtmäßigkeit der Durchführung einer nicht angemeldeten staatlichen Maßnahme hervorzurufen vermag, kann bei Abwägung der widerstreitenden Interessen nicht zu dem Ergebnis führen, dass die Entscheidung nicht in Kraft bleiben dürfe.

    Das gemeinschaftliche Interesse, in dessen Wahrnehmung die Kommission ihrer wesentlichen Aufgabe aus Artikel 88 EG nachkommt, Verfälschungen des Gemeinsamen Marktes durch nicht angemeldete und/oder mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfen vorzubeugen, geht im Stadium des Erlasses einer Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens - abgesehen von echten Ausnahmefällen - dem Interesse vor, das ein Mitgliedstaat an der Erwirkung einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung hat, mit der die Kommission an der Prüfung gemäß Artikel 88 Absatz 2 EG und der Verordnung Nr. 659/1999, ob eine bestimmte Maßnahme eine neue Beihilfe und gegebenenfalls eine rechtswidrige Beihilfe ist, gehindert würde.

    Es erscheinen schwerlich Umstände denkbar, die es, sofern ein besonders ernster Fumus boni iuris und offenkundige Dringlichkeit nicht vorliegen, rechtfertigen könnten, dass der Richter des vorläufigen Rechtsschutzes den Vollzug einer Entscheidung aussetzt, die sich darin erschöpft, dass eine bereits in Durchführung begriffene, aber nicht angemeldete staatliche Maßnahme zum Gegenstand eines förmlichen Prüfverfahrens gemacht wird.

    ( vgl. Randnrn. 109-110, 115 )

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