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Document 62001TJ0048

    Leitsätze des Urteils

    Zusammenfassung des Urteils (Beamtensache)

    Zusammenfassung des Urteils (Beamtensache)

    Entscheidung: Das Parlament wird verurteilt, an den Kläger 60 000 Euro zu zahlen. Das Parlament wird verurteilt, an den Kläger 8 244,94 GBP zur Erstattung der Beratungshonorare zu zahlen, die im Verfahren zur Anerkennung des ursächlichen Zusammenhangs seiner Krankheit mit der Berufstätigkeit angefallen sind. Das Parlament wird verurteilt, an den Kläger Ausgleichszinsen auf den Betrag von 617 617,94 Euro für die Zeit vom 29. November 1999 bis 9. Januar 2002 zu zahlen. Die Höhe dieser Zinsen ist auf der Grundlage des im betreffenden Zeitraum geltenden, um zwei Prozentpunkte erhöhten Zinssatzes zu berechnen, den die Europäische Zentralbank für Hauptrefinanzierungsgeschäfte festgesetzt hat. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Das Parlament trägt seine eigenen Kosten sowie zwei Drittel der Kosten der Kläger.

    Leitsätze

    1. Beamte – Außervertragliche Haftung der Organe – Voraussetzungen – Rechtswidrigkeit – Schaden – Kausalzusammenhang

    2. Beamte – Organisation der Dienststellen – Verwendung des Personals – Ermessen der Verwaltung – Grenzen – Dienstliches Interesse – Berücksichtigung der Gleichwertigkeit der Dienstposten – Gerichtliche Nachprüfung – Grenzen

    (Beamtenstatut, Artikel 7)

    3. Beamte – Fürsorgepflicht der Verwaltung – Bedeutung – Grenzen

    4. Beamte – Soziale Sicherheit – Versicherung gegen Unfälle und Berufskrankheiten – Feststellung des ursächlichen Zusammenhangs der Krankheit mit der Berufstätigkeit – Verfahren – Zurverfügungstellung sämtlicher sachdienlichen Unterlagen für den oder die von den Organen bestellten Ärzte – Keine vollständige Untersuchung nach Artikel 17 Absatz 2 der Regelung zur Sicherung bei Unfällen und Berufskrankheiten – Unregelmäßigkeit

    (Beamtenstatut, Artikel 73; Regelung zur Sicherung bei Unfällen und Berufskrankheiten, Artikel 17 Absatz 2 und 19)

    5. Beamte – Soziale Sicherheit – Versicherung gegen Unfälle und Berufskrankheiten – Feststellung des ursächlichen Zusammenhangs der Krankheit mit der Berufstätigkeit – Verfahren – Zugang des Beamten zu Schriftstücken der ärztlichen Akte – Mittelbarer Zugang

    (Beamtenstatut, Artikel 73; Regelung zur Sicherung bei Unfällen und Berufskrankheiten, Artikel 17)

    6. Beamte – Außervertragliche Haftung der Organe – Amtsfehler – Unzutreffende Auslegung einer Bestimmung des Statuts an sich kein Amtsfehler – Nachlässiges Verhalten gegenüber einem Beamten unter Verletzung der Fürsorgepflicht – Amtsfehler

    7. Verfahren – Klageschrift – Formerfordernisse – Kurze Darstellung der Klagegründe – Entsprechende Erfordernisse für die zur Stützung eines Klagegrundes vorgebrachten Rügen – Rügen, die in der Klageschrift nicht dargestellt sind – Bezugnahme auf sämtliche Anlagen – Unzulässigkeit

    (EG-Satzung des Gerichtshofes, Artikel 19 Absatz 1; Verfahrensordnung des Gerichts, Artikel 44 § 1)

    8. Beamte – Außervertragliche Haftung der Organe – Schaden – Ersatz – Verspäteter Erlass einer Entscheidung, mit der der ursächliche Zusammenhang der Krankheit eines Beamten mit der Berufstätigkeit anerkannt und der Invaliditätsgrad des Beamten festgesetzt wird – Anspruch auf Ausgleichszinsen auf den nach Artikel 73 des Statuts vorgesehenen Kapitalbetrag – Zeitraum für die Zahlung der Zinsen

    (EG-Vertrag, Artikel 179 [jetzt Artikel 236 EG]; Beamtenstatut, Artikel 73)

    9. Beamte – Außervertragliche Haftung der Organe – Dem Ehegatten infolge der Berufskrankheit des Beamten entstandene Schäden – Keine Haftung

    1. Die Haftung der Gemeinschaft ist an das Zusammentreffen mehrerer Voraussetzungen geknüpft, nämlich an die Rechtswidrigkeit des den Organen vorgeworfenen Verhaltens, das tatsächliche Vorliegen eines Schadens und das Bestehen eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen diesem Verhalten und dem behaupteten Schaden.

    (Randnr. 52)

    Vgl. Gerichtshof, 1. Juli 1994, Kommission/Brazzelli Lualdi u. a., C‑136/92 P, Slg. 1994, I‑1981, Randnr. 42; Gericht, 14. Mai 1998, Lucaccioni/Kommission, T‑165/95, Slg. ÖD, I‑A‑203 und II‑627, Randnr. 56

    2. Die Organe verfügen bei der Organisation ihrer Dienststellen nach Maßgabe der ihnen übertragenen Aufgaben und bei der Verwendung des ihnen zur Verfügung stehenden Personals für diese Aufgaben über ein weites Ermessen, vorausgesetzt jedoch, dass diese Verwendung im dienstlichen Interesse geschieht und die Gleichwertigkeit der Dienstposten berücksichtigt wird.

    Außerdem sind etwaige Probleme, die das Ausscheiden eines Beamten seiner früheren Dienststelle bereiten kann, und der Vorteil, den seine neue Dienststelle möglicherweise aus der Umsetzung zieht, Erwägungen, die in das weite Ermessen der Organe bei der Organisation ihrer Dienststellen fallen. Unter diesen Umständen hat sich die gerichtliche Kontrolle auf die Frage zu beschränken, ob sich die Anstellungsbehörde innerhalb nicht zu beanstandender Grenzen gehalten und von ihrem Ermessen keinen offenkundig fehlerhaften Gebrauch gemacht hat.

    (Randnrn. 86 und 87)

    Vgl. Gericht, 28. Mai 1998, W./Kommission, T‑78/96 und T‑170/96, Slg. ÖD, I‑A‑239 und II‑745, Randnrn. 87 und 92 und die dort zitierte Rechtsprechung

    3. Die Fürsorgepflicht der Verwaltung gegenüber ihren Bediensteten spiegelt das Gleichgewicht zwischen den wechselseitigen Rechten und Pflichten wider, das das Statut in den Beziehungen zwischen der Behörde und den öffentlichen Bediensteten geschaffen hat. Sie gebietet es insbesondere, dass die Behörde bei der Entscheidung über die Stellung eines Beamten sämtliche Umstände berücksichtigt, die geeignet sind, ihre Entscheidung zu beeinflussen, und dass sie dabei nicht nur dem dienstlichen Interesse, sondern auch dem Interesse des betroffenen Beamten Rechnung trägt.

    (Randnr. 125)

    Vgl. Gerichtshof, 23. Oktober 1986, Schwiering/Rechnungshof, 321/85, Slg. 1986, 3199, Randnr. 18; Gericht, 20. Juni 1990, Burban/Parlament, T‑133/89, Slg. 1990, II‑245, Randnr. 27; Gericht, 16. März 1993, Blackman/Parlament, T‑33/89 und T‑74/89, Slg. 1990, II‑249, Randnr. 96

    4. Damit ein Ärzteausschuss ein ärztliches Gutachten ordnungsgemäß abgeben kann, muss er von allen Unterlagen Kenntnis nehmen können, die möglicherweise für seine Beurteilungen sachdienlich sind. Diese Überlegung hat entsprechend für die Stellungnahme des oder der von den Organen bestellten Ärzte nach Artikel 19 der Regelung zur Sicherung bei Unfällen und Berufskrankheiten zu gelten.

    Somit kann der vom Organ bestellte Arzt keine ordnungsgemäße Stellungnahme abgeben, wenn keine vollständige Untersuchung nach Artikel 17 Absatz 2 der Regelung mit dem Ziel durchgeführt wurde, alle Umstände zu ermitteln, anhand deren die Art der Krankheit, ihr ursächlicher Zusammenhang mit der Berufstätigkeit und die Umstände ihres Eintritts festgestellt werden können.

    Das Organ verhält sich daher nicht ordnungsgemäß, wenn es keinen Untersuchungsbericht auf der Grundlage einer objektiven und vollständigen Prüfung der Umstände erstellt, der den Anforderungen dieser Bestimmung entspricht.

    (Randnrn. 126 und 132 bis 134)

    Vgl. Gericht, 15. Juli 1997, R/Kommission, T‑187/95, Slg. ÖD, I‑A‑253 und II‑729, Randnr. 49; Gericht, 15. Dezember 1999, Nardone/Kommission, T‑27/98, Slg. ÖD, I‑A‑267 und II‑1293, Randnr. 68

    5. Im Verfahren zur Anerkennung des ursächlichen Zusammenhangs einer Krankheit mit der Berufstätigkeit werden die Rechte des Beamten angesichts des besonderen Charakters der betreffenden Unterlagen dadurch gewahrt, dass der betroffene Beamte die Möglichkeit hat, vom Inhalt der von der Anstellungsbehörde angelegten Akte über den Arzt seiner Wahl Kenntnis zu erhalten und einen Arzt zu benennen, um seine Interessen im Ärzteausschuss zu vertreten. Dadurch, dass die Regelung einen mittelbaren Zugang zu den medizinischen Unterlagen über einen vom Beamten benannten Vertrauensarzt vorsieht, bringt sie die Rechte des Beamten mit den Erfordernissen der ärztlichen Schweigepflicht in Einklang.

    (Randnr. 137)

    Vgl. Gerichtshof, 7. Oktober 1987, Strack/Kommission, 140/86, Slg. 1987, 3939, Randnr. 12; Gerichtshof, 1. Oktober 1991, Vidrányi/Kommission, C‑283/90 P, Slg. 1991, I‑4339, Randnr. 23; Gericht, 12. Juli 1990, Vidrányi/Kommission, T‑154/89, Slg. 1990, II‑445, Randnr. 34

    6. Von Ausnahmen abgesehen, stellt eine unzutreffende Auslegung einer Bestimmung des Statuts durch die Verwaltung nicht zwangsläufig einen Amtsfehler dar.

    Ein Fehler liegt jedoch darin, wenn gegenüber einem Beamten, der Einwände gegen den Ablauf eines Verfahrens zur Feststellung des ursächlichen Zusammenhangs einer Krankheit mit der Berufstätigkeit erhebt, ein nachlässiges Verhalten an den Tag gelegt wird, das durch die Mitteilung falscher oder widersprüchlicher Informationen unter Verletzung der Fürsorgepflicht gekennzeichnet ist.

    (Randnrn. 142 und 149)

    Vgl. Gerichtshof, 13. Juli 1972, Heinemann/Kommission, 79/71, Slg. 1972, 579, Randnr. 11; Gericht, 9. Juni 1994, X/Kommission, T‑94/92, Slg. ÖD, I‑A‑149 und II‑481, Randnr. 52

    7. Nach Artikel 19 Absatz 1 der Satzung des Gerichtshofes und Artikel 44 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts muss die Klageschrift eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Klagegründe, die auf zwingendes Recht gestützt werden, können vom Gericht von Amts wegen geprüft werden. Die entsprechende Angabe einschließlich einer kurzen Darstellung der Klagegründe muss hinreichend klar und deutlich sein, damit der Beklagte seine Verteidigung vorbereiten und das Gericht, gegebenenfalls ohne weitere Informationen, über die Klage entscheiden kann. Entsprechende Erfordernisse gelten für eine zur Stützung eines Klagegrundes vorgebrachte Rüge. Im Übrigen ist es nicht Sache des Gerichts, die Klagegründe und Argumente, auf die sich die Klage möglicherweise stützen lässt, in den Anlagen zu suchen und zu bestimmen, denn die Anlagen haben nur Beweis- und Hilfsfunktion.

    (Randnr. 151)

    Vgl. Gericht, 21. März 2002, Joynson/Kommission, T‑231/99, Slg. 2002, II‑2085, Randnr. 154 und die dort zitierte Rechtsprechung

    8. Ergeht die Entscheidung, mit der der ursächliche Zusammenhang der Krankheit eines Beamten mit seiner Berufstätigkeit anerkannt und der Grad seiner Invalidität festgesetzt wird, aufgrund von Unregelmäßigkeiten oder Versäumnissen, die dem betreffenden Organ anzulasten sind, verspätet, so hat der betreffende Beamte als Schadensersatz nach der allgemeinen Regelung der außervertraglichen Haftung, die im Rahmen von Artikel 179 EG-Vertrag (jetzt Artikel 236 EG) anwendbar ist, Anspruch auf Zahlung von Ausgleichszinsen auf den ihm nach Artikel 73 des Statuts zustehenden Kapitalbetrag von dem Zeitpunkt, zu dem das Organ, wenn es mit aller wünschenswerten Sorgfalt vorgegangen wäre, vernünftigerweise in der Lage hätte sein müssen, die Entscheidung über die Anerkennung seiner Berufskrankheit zu erlassen, bis zum Zeitpunkt der Zahlung dieses Kapitalbetrags.

    (Randnr. 188)

    Vgl. Gericht, 15. Dezember 1999, Latino/Kommission, T‑300/97, Slg. ÖD, I‑A‑259 und II‑1263, Randnr. 99

    9. Ein Antrag, der vom Ehegatten eines an einer Berufskrankheit leidenden Beamten gestellt wird und auf den Ersatz von Schäden gerichtet ist, die eine Folge des diesem Beamten entstandenen Schadens sind und nicht zu den Schäden gehören, für die das Organ als Dienstherr haftbar gemacht werden kann, ist abzulehnen.

    (Randnrn. 210 und 212)

    Vgl. Gerichtshof, 8. Oktober 1986, Leussink und Brummelhuis/Kommission, 169/83 und 136/84, Slg. 1986, 2801, Randnr. 22

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