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Document 62000TJ0170

    Leitsätze des Urteils

    Schlüsselwörter
    Leitsätze

    Schlüsselwörter

    1. Außervertragliche Haftung - Voraussetzungen - Rechtsetzungsakt, der wirtschaftspolitische Entscheidungen erfordert - Hinreichend qualifizierte Verletzung einer höherrangigen, den Einzelnen schützenden Rechtsnorm - Abschaffung der Regelung zur Steuerbefreiung von im Rahmen des Reiseverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten abgegebenen Waren durch den Gemeinschaftsgesetzgeber - Haftung der Gemeinschaft - Ausschluss

    (Artikel 288 Absatz 2 EG; Richtlinie 92/12 des Rates, Artikel 28)

    2. Außervertragliche Haftung - Voraussetzungen - Abschaffung der Regelung zur Steuerbefreiung von im Rahmen des Reiseverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten abgegebenen Waren durch den Gemeinschaftsgesetzgeber - Rechtmäßiges Handeln - Fehlen eines außergewöhnlichen und besonderen Schadens - Haftung der Gemeinschaft - Ausschluss

    (Artikel 288 Absatz 2 EG; Richtlinie 92/12 des Rates, Artikel 28)

    Leitsätze

    1. Die Umsetzung von Artikel 8a EWG-Vertrag (eingefügt durch die Einheitliche Europäische Akte, später zu Artikel 7a EG-Vertrag und nach Änderung zu Artikel 14 EG geworden), nach dem der Binnenmarkt ... einen Raum ohne Binnengrenzen" umfasst, durch Rechtsetzungsakte ist offenkundig eine wirtschaftspolitische Entscheidung und fällt in den weiten Entscheidungsspielraum der Gemeinschaftsorgane, so dass die Gemeinschaft insoweit nur bei einer qualifizierten, d. h. offenkundigen und erheblichen Verletzung einer höherrangigen, den Einzelnen schützenden Rechtsnorm außervertraglich haftet.

    Diese Haftung kann nicht dadurch als Haftung für rechtswidriges Handeln, durch das einem Unternehmen, das einen innergemeinschaftlichen Fährverkehr mit Bordverkauf von steuerfreien" Waren betreibt, ein Schaden entstanden ist, ausgelöst werden, dass der Rat die Regelung zur Steuerbefreiung von im Rahmen des Luft- oder des Seereiseverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten abgegebenen Waren nach Artikel 28 der Richtlinie 92/12 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren abgeschafft und die Kommission ihm keine Vorschläge zur Beibehaltung einer solchen Regelung vorgelegt hat. Die Abschaffung der fraglichen Steuerbefreiung wegen Verstoßes gegen den Grundsatz eines Raumes ohne Binnengrenzen kann nämlich nicht als Fehlverhalten, schon gar nicht als erhebliches und offenkundiges Fehlverhalten angesehen werden, da innerhalb des durch die Einheitliche Europäische Akte geschaffenen Raumes ohne Steuerbinnengrenzen, in dem alle Waren verbrauchsteuerpflichtig sind, der Gemeinschaftsgesetzgeber durch keine höherrangige Rechtsnorm verpflichtet ist, an die bloße Überschreitung einer nationalen Grenze mit einem Schiff eine Steuerbefreiung für die während der Überfahrt gekauften Waren zu knüpfen. Der Grundsatz der Einheitlichkeit dieses Raumes ermächtigt den Gesetzgeber vielmehr, diese Beförderung steuerlich ebenso zu behandeln wie z. B. eine Beförderung innerhalb eines einzigen Staates, bei der es auch weder Binnengrenzen noch Steuerbefreiungen allein aufgrund der Beförderung gibt, oder wie eine innergemeinschaftliche Beförderung mit Bus oder Zug, für die ebenfalls keine Steuerbefreiung gilt.

    ( vgl. Randnrn. 46-50, 53 )

    2. Eine Haftung der Gemeinschaft für rechtmäßiges Handeln setzte, sofern der Grundsatz einer solchen Haftung im Gemeinschaftsrecht anzuerkennen sein sollte, zumindest einen außergewöhnlichen" und besonderen" Schaden entsprechend der Definition voraus, dass ein besonderer Schaden eine besondere Gruppe von Wirtschaftsbeteiligten gegenüber den anderen Wirtschaftsbeteiligten unverhältnismäßig belastet und ein außergewöhnlicher Schaden die Grenzen der wirtschaftlichen Risiken überschreitet, die der Tätigkeit in dem betroffenen Sektor innewohnen, ohne dass die dem geltend gemachten Schaden zugrunde liegende Maßnahme durch ein allgemeines wirtschaftliches Interesse gerechtfertigt wäre.

    Was den Umstand anbelangt, dass der Rat die Regelung zur Steuerbefreiung von im Rahmen des Luft- oder des Seereiseverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten abgegebenen Waren nach Artikel 28 der Richtlinie 92/12 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren abgeschafft und die Kommission ihm keine Vorschläge zur Beibehaltung einer solchen Regelung vorgelegt hat, so sind diese beiden Voraussetzungen im Hinblick auf ein Unternehmen, das nach der Abschaffung der fraglichen Steuerbefreiung seine Geschäftstätigkeit eines innergemeinschaftlichen Fährbetriebs mit Bordverkauf steuerfreier" Waren eingestellt hat, offenkundig nicht erfuellt, da das Unternehmen zum einen wie alle anderen Wirtschaftsbeteiligten in der Gemeinschaft, die die gleiche Tätigkeit ausüben, von der Richtlinie nur in seiner objektiven Eigenschaft als Wirtschaftsbeteiligter betroffen ist, der nach dem Auslaufen der Übergangsregelung des Artikels 28 eine Geschäftstätigkeit ausüben konnte, für die die Richtlinie galt, und da zum anderen die mit der Tätigkeit verbundenen wirtschaftlichen und kaufmännischen Risiken nicht überschritten wurden, weil die auf einer Steuerbefreiung basierende Tätigkeit zwangsläufig dem Risiko etwaiger Änderungen des gemeinschaftlichen Steuerrechts ausgesetzt war.

    ( vgl. Randnrn. 56-59 )

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