Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 62000CJ0336

    Leitsätze des Urteils

    Schlüsselwörter
    Leitsätze

    Schlüsselwörter

    1. Handlungen der Organe - Wahl der Rechtsgrundlage - Kriterien - Rechtsakt mit doppelter Zielsetzung - Möglichkeit der Feststellung einer überwiegende Zielsetzung - Heranziehung nur derjenigen Rechtsgrundlage, die der wesentlichen Zielsetzung entspricht

    (EG-Vertrag, Artikel 42 [jetzt Artikel 36 EG] und Artikel 43 und 130s [nach Änderung jetzt Artikel 37 EG und 175 EG])

    2. Landwirtschaft - Gemeinsame Agrarpolitik - Förderung umweltgerechter Produktionsverfahren - Verordnung Nr. 2078/92 - Genehmigung eines nationalen Programms kofinanzierter Beihilfen durch die Kommission - Tragweite

    (Verordnung Nr. 2078/92 des Rates, Artikel 7 Absatz 2)

    3. Landwirtschaft - Gemeinsame Agrarpolitik - Förderung umweltgerechter Produktionsverfahren - Verordnung Nr. 2078/92 - Entscheidung der Kommission über die Genehmigung eines nationalen Programms kofinanzierter Beihilfen - Nur an den betreffenden Mitgliedstaat gerichtete Entscheidung - Verbindlichkeit gegenüber Wirtschaftsbeteiligten unter der Voraussetzung der Einhaltung der Anforderung des innerstaatlichen Rechts hinsichtlich der Bekanntmachung

    (Verordnung Nr. 2078/92 des Rates, Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe f und 7)

    4. Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften - Zu Unrecht gezahlte von der Gemeinschaft kofinanzierte Beihilfen - Absehen von einer Rückforderung - Zulässigkeit - Voraussetzungen

    5. Handlungen der Organe - Verordnungen - Durchführung durch die Mitgliedstaaten - Nationales Programm durch die Gemeinschaft kofinanzierter Beihilfen im Sinne der Verordnung Nr. 2078/92 - Fehlen gemeinsamer Vorschriften - Rückgriff auf die Form- und Verfahrensvorschriften des innerstaatlichen Rechts - Grenzen - Tragweite und Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts

    (Verordnung Nr. 2078/92 des Rates, Artikel 3 Absatz 1)

    Leitsätze

    1. Ergibt die Prüfung eines gemeinschaftlichen Rechtsakts, dass er zwei Zielsetzungen verfolgt oder zwei Komponenten hat, und lässt sich eine davon als wesentliche oder überwiegende ausmachen, während die andere nur von untergeordneter Bedeutung ist, so ist der Rechtsakt nur auf eine Rechtsgrundlage zu stützen, und zwar auf diejenige, die die wesentliche oder überwiegende Zielsetzung oder Komponente erfordert.

    Da das Hauptziel der in der Verordnung Nr. 2078/92 für umweltgerechte und den natürlichen Lebensraum schützende landwirtschaftliche Produktionsverfahren vorgesehenen Stützungsmaßnahmen in der Lenkung der Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte im Sinne von Anhang II des EG-Vertrags besteht, um den Übergang von einer intensiven auf eine extensivere und qualitativ hochwertigere Bewirtschaftung zu fördern, wobei die finanziellen Folgen für die Landwirte durch die Gewährung von Beihilfen ausgeglichen werden können, war die Verordnung allein auf der Grundlage der Artikel 42 EG-Vertrag (jetzt Artikel 36 EG) und 43 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 37 EG) zu erlassen; die Tatsache, dass mit der Verordnung auch umweltfreundlichere Produktionsformen gefördert werden sollten, was zwar zu den Zielen der gemeinschaftlichen Agrarpolitik gehört, jedoch nur untergeordnete Bedeutung hat, kann es als solche nicht rechtfertigen, auch Artikel 130s EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 175 EG) als Rechtsgrundlage heranzuziehen.

    ( vgl. Randnrn. 31, 35-36 )

    2. Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2078/92 für umweltgerechte und den natürlichen Lebensraum schützende landwirtschaftliche Produktionsverfahren ist so auszulegen, dass die Entscheidung der Kommission über die Genehmigung eines nationalen, von der Gemeinschaft kofinanzierten Beihilfeprogramms auch dessen Inhalt erfasst, ohne dass das Programm jedoch den Charakter eines Gemeinschaftsrechtsakts erhielte.

    Erweist sich ein Förderungsvertrag zwischen einem Landwirt und der zuständigen nationalen Behörde als mit dem genehmigten Programm unvereinbar, so ist es Sache der nationalen Gerichte, die sich hieraus ergebenden Folgerungen im Hinblick auf das nationale Recht zu ziehen, bei dessen Anwendung sie die einschlägigen Regeln des Gemeinschaftsrechts zu berücksichtigen haben.

    ( vgl. Randnrn. 40-41, Tenor 2 )

    3. Der betroffene Mitgliedstaat ist der alleinige Adressat einer Entscheidung der Kommission über die Genehmigung eines nationalen, von der Gemeinschaft kofinanzierten Beihilfeprogramms nach Artikel 7 der Verordnung Nr. 2078/92 für umweltgerechte und den natürlichen Lebensraum schützende landwirtschaftliche Produktionsverfahren. Es ist Sache der nationalen Gerichte, anhand des nationalen Rechts zu prüfen, ob die Bekanntmachung eines solchen Programms ausreicht, um diesem Verbindlichkeit gegenüber den landwirtschaftlichen und ländlichen Wirtschaftsbeteiligten zu verleihen, wobei insbesondere auf die Einhaltung der Voraussetzung einer angemessenen Unterrichtung nach Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe f dieser Verordnung zu achten ist.

    ( vgl. Randnr. 48, Tenor 3 )

    4. Zwar sieht Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung Nr. 729/70 über die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik vor, dass die Mitgliedstaaten gemäß den einzelstaatlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften die erforderlichen Maßnahmen treffen müssen, um die infolge von Unregelmäßigkeiten oder Versäumnissen abgeflossenen Beträge wieder einzuziehen, doch steht das Gemeinschaftsrecht der Anwendung der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit zum Ausschluss der Rückforderung zu Unrecht gezahlter von der Gemeinschaft kofinanzierter Beihilfen nicht entgegen, sofern dem Interesse der Gemeinschaft ebenfalls Rechnung getragen wird. Die Anwendung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes setzt voraus, dass der gute Glaube des durch die betreffende Beihilfe Begünstigten nachgewiesen ist.

    ( vgl. Randnrn. 54, 59, Tenor 4 )

    5. Soweit das Gemeinschaftsrecht einschließlich seiner allgemeinen Rechtsgrundsätze keine gemeinsamen Vorschriften enthält, sind beim Vollzug einer Gemeinschaftsregelung durch die zuständigen nationalen Behörden die im Recht des betreffenden Mitgliedstaats vorgesehenen Form- und Verfahrensvorschriften einzuhalten. Der Rückgriff auf die nationalen Vorschriften ist jedoch nur in dem zur Durchführung des Gemeinschaftsrechts erforderlichen Umfang und insoweit möglich, wie die Anwendung dieser nationalen Vorschriften die Tragweite und Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts einschließlich seiner allgemeinen Grundsätze nicht beeinträchtigt. Damit steht es den Mitgliedstaaten frei, nationale, von der Gemeinschaft kofinanzierte Beihilfeprogramme im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2078/92 für umweltgerechte und den natürlichen Lebensraum schützende landwirtschaftliche Produktionsverfahren durch privatrechtliche Maßnahmen oder durch hoheitliche Handlungsformen durchzuführen, sofern durch die betreffenden nationalen Maßnahmen nicht die Reichweite und Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts beeinträchtigt wird.

    ( vgl. Randnrn. 61, 64, Tenor 5 )

    Top