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Document 61998TJ0087
Leitsätze des Urteils
Leitsätze des Urteils
1 Gemeinsame Handelspolitik - Schutz gegen Dumpingpraktiken - Dumpingspanne - Einführung eines festen Antidumpingzolls - Voraussetzungen
(Verordnungen des Rates Nr. 384/96, Artikel 2 Absätze 11 und 12, 9 Absatz 4 und 11 Absätze 3 und 8, und Nr. 449/98)
2 Gemeinsame Handelspolitik - Schutz gegen Dumpingpraktiken - Festsetzung von Antidumpingzöllen - Wahl des festzusetzenden Zolles - Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - Ermessen des Gemeinschaftsgesetzgebers - Gerichtliche Kontrolle - Grenzen
(EG-Vertrag, Artikel 3b [jetzt Artikel 5 EG]; Verordnung Nr. 384/96 des Rates, Artikel 9 Absatz 4, 14 Absatz 1 und 21 Absatz 1)
3 Handlungen der Organe - Begründung - Begründungspflicht - Umfang
(EG-Vertrag, Artikel 190 [jetzt Artikel 253 EG])
1 Die in Artikel 9 Absatz 4 der Antidumping-Grundverordnung Nr. 384/96 genannte festgestellte Dumpingspanne ist die, die im Verlauf des Untersuchungszeitraums ermittelt wurde. Nach Artikel 2 Absätze 11 und 12 dieser Verordnung wird dieser Zeitraum für die Bestimmung der Dumpingspanne zugrunde gelegt.
Nach der Antidumping-Grundverordnung Nr. 384/96 dürfen für die Bestimmung der Dumpingspanne keine anderen als die im Untersuchungszeitraum ermittelten Tatsachen, wie etwa die tatsächliche Dumpingspanne bei künftigen Ausfuhren, herangezogen werden. Denn eine Verordnung des Rates über die Festsetzung von Antidumpingzöllen muss auf einen Sachverhalt gestützt sein, der in einem kontradiktorischen Verfahren ermittelt wurde. Der Begriff der tatsächlichen Dumpingspanne ist deshalb nach der Antidumping-Grundverordnung Nr. 384/96 nur im Zusammenhang der Verfahren zur Überprüfung bestehender Zölle oder der Zollerstattung gemäß Artikel 11 Absätze 3 und 8 relevant.
Demnach kann ein Ausführer, dessen Waren mit einem festen Antidumpingzoll belegt worden sind, wenn er einräumt, dass der feste Zoll in Höhe der im Untersuchungszeitraum ermittelten Dumpingspanne festgesetzt wurde - und auch nicht bestreitet, dass die Dumpingspanne unter der Schadensspanne lag -, nicht geltend machen, dass mit der Einführung eines festen Zolles gegen Artikel 9 Absatz 4 der Grundverordnung verstoßen worden sei, und zwar selbst dann nicht, wenn der festgesetzte Antidumpingzoll höher als die "tatsächliche" Dumpingspanne sein sollte.
(vgl. Randnrn. 33-37)
2 Nach dem in Artikel 3b EG-Vertrag (jetzt Artikel 5 EG) niedergelegten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit setzt die Rechtmäßigkeit einer Gemeinschaftsregelung voraus, dass die gewählten Mittel zur Erreichung des mit der fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten Zieles geeignet sind und das Maß des hierzu Erforderlichen nicht übersteigen, wobei von mehreren geeigneten Maßnahmen grundsätzlich die am wenigsten belastende zu wählen ist.
Wie aus den Artikeln 9 Absatz 4 und 21 Absatz 1 der Antidumping-Grundverordnung Nr. 384/96 hervorgeht, verfolgen die Gemeinschaftsorgane mit der Einführung eines Antidumpingzolls den Zweck, die Dumpingspanne zu beseitigen, soweit sie den fraglichen Wirtschaftszweig der Gemeinschaft schädigt. Da jedoch Artikel 14 Absatz 1 dieser Grundverordnung den Gemeinschaftsorganen bei der Wahl der im Einzelfall angemessenen Zollart ein weites Ermessen einräumt, muss sich die Überprüfung durch den Gemeinschaftsrichter auf die Frage beschränken, ob die vom Gemeinschaftsgesetzgeber getroffenen Maßnahmen zur Erreichung des verfolgten Zieles offensichtlich ungeeignet sind.
Vor der Einführung von Antidumpingzöllen müssen die Gemeinschaftsorgane einen Ausgleich zwischen divergierenden Interessen vornehmen. Dabei berücksichtigen sie nicht nur die Interessen der von der Untersuchung betroffenen Aus- und Einführer, sondern auch die des fraglichen Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft und, wie aus Artikel 21 der Antidumping-Grundverordnung Nr. 384/96 hervorgeht, der Verwender und Verbraucher. Artikel 9 Absatz 4 dieser Grundverordnung selbst bringt diesen Ausgleich der verschiedenen Interessen durch die Festlegung zum Ausdruck, dass der Antidumpingzoll nicht höher sein darf als der Betrag, der erforderlich ist, um die Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft zu beseitigen.
Deshalb ist es sachgerecht, dass die Gemeinschaftsorgane bei der Wahl des festzusetzenden Zolles Gesichtspunkte der Wirksamkeit der von ihnen in Aussicht genommenen Maßnahme einbeziehen. Demgemäß dürfen die Gemeinschaftsorgane bei der Wahl des geeigneten Antidumpingzolls die Gefahr einer Umgehung des fraglichen Zolles berücksichtigen. Eine Zollart, deren mögliche Umgehung voraussehbar ist, wird nämlich ungeeignet sein, da ihre Anwendung die Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft nicht beseitigen wird.
(vgl. Randnrn. 39-40, 42, 52-53)
3 Die in Artikel 190 EG-Vertrag (jetzt Artikel 253 EG) vorgeschriebene Begründung muss die Überlegungen der Gemeinschaftsstelle, die den angefochtenen Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen die Gründe für die erlassene Maßnahme erkennen und damit ihre Rechte wahrnehmen können und der Gemeinschaftsrichter seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Der Umfang der Begründungspflicht ist nach dem Kontext und dem Verfahren, in deren Rahmen die angefochtene Verordnung erlassen wurde, und anhand aller für das fragliche Gebiet maßgebenden rechtlichen Regeln zu beurteilen.
(vgl. Randnr. 63)