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Document 61998CJ0078

Leitsätze des Urteils

Schlüsselwörter
Leitsätze

Schlüsselwörter

1 Sozialpolitik - Männliche und weibliche Arbeitnehmer - Gleiches Entgelt - Klage auf Anschluß an ein Betriebsrentensystem - Ausschlußfrist von sechs Monaten nach Ende der betreffenden Beschäftigung - Zulässigkeit - Beachtung des Grundsatzes der Effektivität des Gemeinschaftsrechts - Weigerung, die Beschäftigungszeiten zu berücksichtigen, die mehr als zwei Jahre vor Klageerhebung zurückgelegt wurden - Unzulässigkeit - Verstoß gegen den Effektivitätsgrundsatz

(EWG-Vertrag, Artikel 119 [die Artikel 117 bis 120 EG-Vertrag sind durch die Artikel 136 EG bis 143 EG ersetzt worden])

2 Sozialpolitik - Männliche und weibliche Arbeitnehmer - Gleiches Entgelt - Klage vor den nationalen Gerichten - Grundsatz der Gleichwertigkeit der Verfahrensmodalitäten im Verhältnis zu denen für gleichartige Klagen nach innerstaatlichem Recht - Gleichartigkeit einer Klage nach innerstaatlichem Recht - Gleichwertigkeit der Verfahrensvorschriften - Kriterien

(EG-Vertrag, Artikel 119 [die Artikel 117 bis 120 EG-Vertrag sind durch die Artikel 136 EG bis 143 EG ersetzt worden]; Richtlinie 75/117 des Rates)

3 Sozialpolitik - Männliche und weibliche Arbeitnehmer - Gleiches Entgelt - Klage auf Anschluß an ein Betriebsrentensystem bei einer Kette befristeter Verträge - Ausschlußfrist - Anwendung auf jeden einzelnen Vertrag - Unzulässigkeit - Verletzung des Effektivitätsgrundsatzes

(EG-Vertrag, Artikel 119 [die Artikel 117 bis 120 EG-Vertrag sind durch die Artikel 136 EG bis 143 EG ersetzt worden])

Leitsätze

1 Das Gemeinschaftsrecht steht einer nationalen Verfahrensvorschrift, wonach der auf eine gegen Artikel 119 EG-Vertrag (die Artikel 117 bis 120 EG-Vertrag sind durch die Artikel 136 EG bis 143 EG ersetzt worden) verstoßende Diskriminierung aufgrund des Geschlechts gestützte Anspruch auf Anschluß an ein Betriebsrentensystem (aus dem Rentenansprüche hervorgehen), innerhalb einer Ausschlußfrist von sechs Monaten nach dem Ende der Beschäftigung, auf die sich die Klage bezieht, eingeklagt werden muß, nicht entgegen, sofern eine solche Frist nicht für Klagen aus dem Gemeinschaftsrecht weniger günstig ist als für Klagen aus dem innerstaatlichen Recht. Die Bestimmung dieser Frist genügt nämlich, da sie ein Anwendungsfall des grundlegenden Prinzips der Rechtssicherheit ist, dem Erfordernis des Grundsatzes der Effektivität des Gemeinschaftsrechts, wonach das Verfahren für die Klagen, die den Schutz der aus der unmittelbaren Wirkung des Gemeinschaftsrechts erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, nicht so ausgestaltet werden darf, daß hierdurch die Ausübung der Rechte, die die Gemeinschaftsrechtsordnung einräumt, praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird.

Dagegen steht der Grundsatz der Effektivität einer nationalen Verfahrensvorschrift entgegen, wonach für die Berechnung der rentenfähigen Beschäftigungszeiten einer Klägerin nur die Beschäftigung nach einem Zeitpunkt in Betracht kommt, der nicht mehr als zwei Jahre vor der Geltendmachung des Anspruchs liegt. Durch eine solche Verfahrensvorschrift wird zwar den Betroffenen der Anschluß nicht völlig verwehrt, sie verhindert es jedoch, daß alle Beschäftigungszeiten, die sie mehr als zwei Jahre vor Erhebung ihrer Klage zurückgelegt haben, für die Berechnung der Leistungen berücksichtigt werden, die ihnen noch nach dem Zeitpunkt der Klageerhebung geschuldet wären. (vgl. Randnrn. 31, 33-35, 37, 43-45, Tenor 1-2)

2 Bei der Prüfung der Frage, ob nationale Rechtsvorschriften den Grundsatz der Gleichwertigkeit einhalten, wonach Verfahrensmodalitäten für Klagen, die den Schutz der aus der unmittelbaren Wirkung des Gemeinschaftsrechts erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, nicht ungünstiger sein dürfen als für gleichartige Klagen, die das innerstaatliche Recht betreffen, ist nicht davon auszugehen, daß eine Klage, die auf die Verletzung von Bestimmungen eines Gesetzes wie des im Vereinigten Königreich geltenden Equal Pay Act 1970 gestützt wird, eine das innerstaatliche Recht betreffende Klage darstellt, die einer auf die Verletzung von Artikel 119 EG-Vertrag (die Artikel 117 bis 120 EG-Vertrag sind durch die Artikel 136 EG bis 143 EG ersetzt worden) gestützten Klage gleichartig ist. Dieses Gesetz kann nämlich, da mit ihm das gemeinschaftsrechtliche Verbot der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts in bezug auf das Entgelt, wie es sich aus Artikel 119 des Vertrages und der Richtlinie 75/117 des Rates ergibt, gerade umgesetzt wird, nicht als geeignete Vergleichsgrundlage für die Verfahrensmodalitäten unterschiedlicher Anträge dienen, von denen der eine auf das Gemeinschaftsrecht und der andere auf nationales Recht gestützt ist.

Das nationale Gericht hat zur Klärung der Frage, ob es sich bei einem anderen innerstaatlichen Klagerecht um eine das innerstaatliche Recht betreffende Klagemöglichkeit handelt, die einer Klage wegen eines Anspruchs nach Artikel 119 des Vertrages gleichartig ist, die Gleichartigkeit der betreffenden Klagen unter dem Gesichtspunkt ihres Gegenstands, ihres Rechtsgrundes und ihrer wesentlichen Merkmale zu prüfen.

Das nationale Gericht hat bei der Entscheidung über die Gleichwertigkeit der Verfahrensvorschriften objektiv und abstrakt zu prüfen, ob die fraglichen Vorschriften unter dem Gesichtspunkt ihrer Stellung im gesamten Verfahren, des Ablaufs dieses Verfahrens und der Besonderheiten der Vorschriften gleichartig sind. (vgl. Randnrn. 31, 51-53, 57, 63, Tenor 3-5)

3 Das Gemeinschaftsrecht, speziell der Grundsatz der Effektivität des Gemeinschaftsrechts, steht einer nationalen Verfahrensvorschrift entgegen, wonach ein auf eine gegen Artikel 119 EG-Vertrag (die Artikel 117 bis 120 EG-Vertrag sind durch die Artikel 136 EG bis 143 EG ersetzt worden) verstoßende Diskriminierung aufgrund des Geschlechts gestützter Anspruch auf Anschluß an ein Betriebsrentensystem (aus dem Rentenansprüche hervorgehen) innerhalb von sechs Monaten nach dem Ende jedes einzelnen Arbeitsvertrags oder derjenigen Arbeitsverträge einzuklagen ist, auf den oder die sich der Anspruch bezieht, sofern es sich um ein beständiges Beschäftigungsverhältnis handelt, das sich aus einer Kette befristeter Verträge ergibt, die in regelmäßigen Abständen geschlossen wurden und dieselbe Beschäftigung betreffen, für die dasselbe Rentensystem gilt. Denn zwar gebietet es der Grundsatz der Rechtssicherheit auch, daß der Beginn einer Ausschlußfrist genau bestimmbar ist, doch wird die Ausübung des Rechts aus Artikel 119 des Vertrages bei derartigen Verträgen durch die Festsetzung des Beginns der Ausschlußfrist auf das Ende jedes einzelnen Vertrages übermäßig erschwert, auch wenn die Möglichkeit besteht, den Beginn der Ausschlußfrist genau zu bestimmen. (vgl. Randnrn. 68-69, 72, Tenor 6)

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