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Document 61997TJ0613
Leitsätze des Urteils
Leitsätze des Urteils
1 Staatliche Beihilfen - Begriff - Logistische und kommerzielle Unterstützung, die ein auf einem ihm vorbehaltenen Markt tätiges öffentliches Unternehmen seinen privatrechtlichen Tochtergesellschaften gewährt, die eine dem freien Wettbewerb offen stehende Tätigkeit ausüben - Einbeziehung - Voraussetzung - Vergütung, die geringer ist als die, die eine private Finanzgesellschaft oder eine private Unternehmensgruppe, die keine Monopolstellung hat, unter normalen Marktbedingungen gefordert hätte
(EG-Vertrag, Artikel 92 [nach Änderung jetzt Artikel 87 EG])
2 Staatliche Beihilfen - Prüfung durch die Kommission - Kontradiktorisches Verfahren - Beteiligungs- und Informationsrechte der Betroffenen - Beschränktheit - Begründungspflicht
(EG-Vertrag, Artikel 93 Absatz 2 und 190 [jetzt Artikel 88 Absatz 2 EG und 253 EG])
1 Eine logistische und kommerzielle Unterstützung, die ein öffentliches Unternehmen seinen privatrechtlichen Tochtergesellschaften, die eine dem freien Wettbewerb offen stehende Tätigkeit ausüben, gewährt, kann eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 92 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 87 EG) darstellen, wenn die als Gegenleistung erhaltene Vergütung niedriger als die Vergütung ist, die unter normalen Marktbedingungen gefordert worden wäre.
Für die Frage, ob die in Rede stehenden Maßnahmen staatliche Beihilfen sind, ist die Lage aus der Sicht des begünstigten Unternehmens zu untersuchen; dabei ist zu ermitteln, ob dieses Unternehmen die logistische und kommerzielle Unterstützung zu einem Preis erhalten hat, zu dem es sie unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte. Diese Bewertung setzt eine wirtschaftliche Analyse voraus, die allen Faktoren Rechnung trägt, die ein unter normalen Marktbedingungen tätiges Unternehmen bei der Festsetzung des Entgelts für die erbrachten Dienstleistungen hätte berücksichtigen müssen.
Selbst wenn man davon ausgeht, dass das begünstigte Unternehmen die vollständigen dem öffentlichen Unternehmen für die Gewährung der logistischen und kommerziellen Unterstützung entstandenen Kosten bezahlt hat, ergäbe sich daraus allein noch nicht, dass es sich nicht um staatliche Beihilfen im Sinne des Artikels 92 EG-Vertrag handelt. Denn da das öffentliche Unternehmen möglicherweise dank seiner Stellung als öffentliches Monopolunternehmen in der Lage war, einen Teil der logistischen und kommerziellen Unterstützung billiger zu gewähren als ein privates Unternehmen, das keine entsprechenden Rechte hat, kann die Beihilfequalität der fraglichen Maßnahmen nicht ohne weitere Begründung anhand einer Prüfung verneint werden, bei der nur die Kosten des öffentlichen Unternehmens berücksichtigt werden. Vielmehr führt gerade der Umstand, dass die Muttergesellschaft eine Monopolstellung hat und die Tätigkeit der Tochtergesellschaft dem Wettbewerb unterliegt, dazu, dass eine staatliche Beihilfe vorliegen kann.
Folglich hätte die Kommission prüfen müssen, ob diese vollständigen Kosten den Faktoren entsprachen, die ein unter normalen Marktbedingungen tätiges Unternehmen bei der Festsetzung der Vergütung für die von ihm erbrachten Dienstleistungen hätte berücksichtigen müssen. So hätte die Kommission zumindest untersuchen müssen, ob die von dem Unternehmen empfangene Gegenleistung mit derjenigen vergleichbar war, die eine private Finanzgesellschaft oder eine private Unternehmensgruppe gefordert hätte, die keine Monopolstellung hat und eine längerfristige globale oder sektorale Strukturpolitik verfolgt.
(vgl. Randnrn 68-70, 74-75)
2 Die Gewährung rechtlichen Gehörs in allen Verfahren, die zu einer den Betroffenen beschwerenden Maßnahme führen können, ist ein elementarer Grundsatz des Gemeinschaftsrechts, der auch dann zu beachten ist, wenn eine besondere Regelung fehlt. Die Beachtung dieses Grundsatzes erfordert es, dem betroffenen Unternehmen bereits im Verwaltungsverfahren Gelegenheit zu geben, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der von der Kommission angeführten Tatsachen, Beanstandungen und Umstände zweckdienlich Stellung zu nehmen. Das Verwaltungsverfahren in Beihilfesachen wird jedoch nur gegen den betroffenen Mitgliedstaat eröffnet. Die Konkurrenten des Beihilfebegünstigten, wie hier die Klägerinnen, werden lediglich als an diesem Verfahren Beteiligte angesehen. Weiter muss die Kommission den Beteiligten in der Prüfungsphase nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 Absatz 2 EG) Gelegenheit zur Äußerung geben.
Insbesondere zur Erfuellung der Verpflichtung der Kommission, die Beteiligten im Rahmen des Verwaltungsverfahrens nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag zu unterrichten, ist die Veröffentlichung einer Mitteilung im Amtsblatt ein angemessenes Mittel zur Unterrichtung aller Beteiligten über die Einleitung eines Verfahrens. Diese Mitteilung dient lediglich dem Zweck, von den Beteiligten alle Auskünfte zu erhalten, die dazu beitragen können, der Kommission Klarheit über ihr weiteres Vorgehen zu verschaffen. Die Rechtsprechung weist den Beteiligten im Wesentlichen die Rolle von Informationsquellen der Kommission im Rahmen des gemäß Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag eingeleiteten Verwaltungsverfahrens zu. Daraus folgt, dass die Beteiligten keinen Anspruch auf rechtliches Gehör geltend machen können, wie er denjenigen zusteht, gegen die ein Verfahren eingeleitet worden ist; sie haben lediglich das Recht, unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls angemessen am Verwaltungsverfahren beteiligt zu werden.
Dass die Rechte der Beteiligten beschränkt sind, ändert freilich nichts an der Verpflichtung der Kommission gemäß Artikel 190 EG-Vertrag (jetzt Artikel 253 EG), ihre endgültige Entscheidung mit ausreichenden Gründen zu versehen.
(vgl. Randnrn. 85-90)