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Document 61997TJ0288(01)

Leitsätze des Urteils

Schlüsselwörter
Leitsätze

Schlüsselwörter

1. Staatliche Beihilfen - Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten - Beeinträchtigung des Wettbewerbs - Beurteilungskriterien - Geringfügigkeit der Beihilfe - Bedeutung

(EG-Vertrag, Artikel 92 [nach Änderung jetzt Artikel 87 EG])

2. Staatliche Beihilfen - Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten - Beeinträchtigung des Wettbewerbs - Beurteilungskriterien - Beihilfebegünstigtes Unternehmen, das nicht selbst an den Ausfuhren beteiligt ist

(EG-Vertrag, Artikel 92 [nach Änderung jetzt Artikel 87 EG])

3. Staatliche Beihilfen - Verbot - Ausnahmen - Beihilfen, die als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können - Ermessen der Kommission - Bezugnahme auf die Gemeinschaft als Ganzes - Gerichtliche Nachprüfung - Grenzen

(EG-Vertrag, Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c [nach Änderung jetzt Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG])

4. Staatliche Beihilfen - Bestehende und neue Beihilfen - Beihilfen, die vor der Liberalisierung eines ursprünglich dem Wettbewerb entzogenen Marktes eingeführt wurden - Qualifizierung als bestehende Beihilfen

(EG-Vertrag, Artikel 92 Absatz 1 [nach Änderung jetzt Artikel 87 Absatz 1 EG])

5. Staatliche Beihilfen - Bestehende Beihilfen - Entscheidung der Kommission, mit der die Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt wird - Zeitliche Beschränkung der Wirkungen

(EG-Vertrag, Artikel 93 Absätze 1 und 2 [nach Änderung jetzt Artikel 88 Absätze 1 und 2 EG])

6. Staatliche Beihilfen - Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe - Kein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

(EG-Vertrag, Artikel 93 Absatz 2 Unterabsatz 1 [nach Änderung jetzt Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1 EG])

7. Staatliche Beihilfen - Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe - Unter Verstoß gegen die Verfahrensvorschriften des Artikels 93 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 EG) gewährte Beihilfe - Berechtigtes Vertrauen - Fehlen außergewöhnlicher Umstände

(EG-Vertrag, Artikel 93 [jetzt Artikel 88 EG])

Leitsätze

1. Auch eine verhältnismäßig geringfügige Beihilfe kann den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen, wenn in der Branche, in der das dadurch begünstigte Unternehmen tätig ist, ein lebhafter Wettbewerb herrscht. Überdies ist selbst eine verhältnismäßig geringe Beihilfe wegen der Struktur des Marktes - die im Güterkraftverkehrssektor durch das Vorhandensein vieler kleinerer Unternehmen gekennzeichnet ist - geeignet, die Stellung des begünstigten Unternehmens gegenüber derjenigen seiner Wettbewerber im innergemeinschaftlichen Handel zu stärken. In diesem Zusammenhang kann es daher vorkommen, dass die Auswirkungen einer verhältnismäßig geringen Beihilfe auf den Wettbewerb und den Handel spürbar sind. Eine solche Beihilfe kann daher nicht als geringfügig angesehen werden.

( vgl. Randnrn. 44, 46 )

2. Eine Beihilfe kann auch dann geeignet sein, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und den Wettbewerb zu verfälschen, wenn das begünstigte Unternehmen, das im Wettbewerb zu den Erzeugern anderer Mitgliedstaaten steht, selbst nicht an Ausfuhren beteiligt ist. Eine solche Situation kann auch vorliegen, wenn in dem betreffenden Sektor keine Überkapazität festzustellen ist. Wenn nämlich ein Mitgliedstaat einem Unternehmen eine Beihilfe gewährt, kann die inländische Erzeugung dadurch beibehalten oder erhöht werden, so dass sich die Aussichten der in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Unternehmen, ihre Erzeugnisse auf den Markt dieses Mitgliedstaats auszuführen, verringern.

( vgl. Randnr. 51 )

3. Die wirtschaftlichen Beurteilungen bei der Anwendung des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG) sind in einem Gemeinschaftskontext vorzunehmen, was bedeutet, dass die Kommission verpflichtet ist, die Auswirkung einer Beihilfe auf den Wettbewerb und den innergemeinschaftlichen Handel zu untersuchen. Bei dieser Untersuchung hat die Kommission die positiven Wirkungen der Beihilfe und ihre negativen Auswirkungen auf die Handelsbedingungen und die Aufrechterhaltung eines unverfälschten Wettbewerbs gegeneinander abzuwägen. Artikel 92 Absatz 3 EG-Vertrag räumt der Kommission indessen beim Erlass einer Entscheidung, mit der eine Ausnahme von dem in Absatz 1 dieses Artikels genannten Grundsatz der Unvereinbarkeit staatlicher Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt eingeführt wird, einen weiten Beurteilungsspielraum ein. Die der Kommission obliegende Untersuchung bringt die Berücksichtigung und Bewertung komplexer wirtschaftlicher Sachverhalte und Umstände mit sich. Da der Gemeinschaftsrichter seine Beurteilung insbesondere in wirtschaftlichen Dingen nicht an die Stelle derjenigen des Urhebers der Entscheidung setzen darf, hat sich die Kontrolle durch das Gericht darauf zu beschränken, ob die Verfahrensregeln und die Begründungspflicht eingehalten und die Tatsachen richtig festgestellt worden sind und ob nicht ein offensichtlicher Beurteilungsfehler oder ein Ermessensmissbrauch vorliegt.

( vgl. Randnrn. 73-74 )

4. Eine Beihilferegelung für einen Markt, der ursprünglich dem Wettbewerb entzogen war, ist bei der Liberalisierung dieses Marktes als bereits bestehende Beihilferegelung anzusehen, weil sie zum Zeitpunkt ihrer Einführung nicht in den Anwendungsbereich des Artikels 92 Absatz 1 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 87 Absatz 1 EG) fiel, der nur für die dem Wettbewerb geöffneten Wirtschaftszweige gilt.

( vgl. Randnr. 89 )

5. Bestehende Beihilfen im Sinne des Artikels 93 Absätze 1 und 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 Absätze 1 und 2 EG) können von der Kommission lediglich, soweit die Voraussetzungen gegeben sind, mit Wirkung für die Zukunft für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt werden.

( vgl. Randnr. 91 )

6. Die Rückforderungspflicht kann grundsätzlich nicht außer Verhältnis zu den mit den Artikeln 92 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 87 EG) sowie 93 und 94 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 EG und 89 EG) verfolgten Zielen stehen, weil die Beseitigung einer rechtswidrigen Beihilfe durch Rückforderung des gezahlten Beihilfebetrags nebst Zinsen die denknotwendige Folge der Feststellung der Unvereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt ist und lediglich die Wiederherstellung der früheren Wettbewerbssituation bezweckt.

( vgl. Randnr. 105 )

7. Nur außergewöhnliche Umstände können ein schutzwürdiges Vertrauen der Begünstigten auf die Rechtmäßigkeit einer Beihilfe begründen. Außerdem setzt die Anerkennung eines solchen schutzwürdigen Vertrauens grundsätzlich voraus, dass die Beihilfe unter Einhaltung des Verfahrens des Artikels 93 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 EG) gewährt worden ist. Ein umsichtiger Wirtschaftsteilnehmer muss sich nämlich normalerweise vergewissern können, ob dieses Verfahren beachtet worden ist.

( vgl. Randnr. 107 )

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