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Document 61995TJ0096

    Leitsätze des Urteils

    URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

    5. März 1997

    Rechtssache T-96/95

    Sébastien Rozand-Lambiotte

    gegen

    Kommission der Europäischen Gemeinschaften

    „Beamte auf Probe — Nichternennung zum Beamten auf Lebenszeit bei Ablauf der Probezeit — Artikel 26, 34 und 43 des Statuts — Rechtliches Gehör — Unzureichende Begründung — Fürsorgepflicht — Offensichtlicher Beurteilungsfehler“

    Vollständiger Wortlaut in französischer Sprache   II-97

    Gegenstand:

    Aufhebung der Entscheidung der Kommission vom 12. Juli 1994, mit der der Kläger bei Ablauf seiner Probezeit entlassen wurde

    Ergebnis:

    Abweisung

    Zusammenfassung des Urteils

    Der Kläger wurde zum Beamten auf Probe des Europäischen Parlaments ernannt und zugleich durch die Kommission in das Referat 5 (Nichtregierungsorganisationen; soziale Anpassung; humanitäre Hilfe; Wissenschaft und Technologie; Gesundheitswesen) der Direktion L (Beziehungen zu den Ländern Mittel- und Osteuropas) der Generaldirektion I (Außenwirtschaftsbeziehungen) (GD I) (Referat I.L.5) übernommen, wo er seinen Dienst als Beamter auf Probe am 16. Juni 1993 antrat. Er wurde als Verwaltungsrat eingestellt und in die Laufbahngruppe A, Besoldungsgruppe 7, eingestuft.

    Durch Vermerk vom 3. September 1993 wies das Referat 5 (Personalstruktur Personal der Laufbahngruppe A und der Sonderlaufbahn LA - Abgeordnete nationale Sachverständige) der Direktion A (Personal) der Generaldirektion IX (Personal und Verwaltung) (GD IX) (Referat IX. A. 5) der Kommission die GD I daraufhin, daß der Kläger und fünf weitere Beamte auf Probe am 16. Oktober 1993 ihre Probezeit zur Hälfte abgeleistet haben würden. In diesem Vermerk hieß es: „Sollten Sie während dieses Zeitraums Anpassungsschwierigkeiten festgestellt haben, [so werden Sie gebeten] die erforderlichen Dispositionen zu treffen, um die Beamten hiervon in Kenntnis zu setzen oder gegebenenfalls ihre Fähigkeiten in einer anderen, in Ihrer Generaldirektion zu besetzenden Stelle zu testen, falls die Arbeitsorganisation dies zuläßt. “

    Am 28. September 1993 richtete der Leiter des Referats I.L.5 an den Assistenten des Generaldirektors der GD I einen Vermerk betreffend die Beurteilung der Tätigkeit und der dienstlichen Führung des Klägers in seinem Referat bei Ablauf der halben Probezeit. In diesem Vermerk stellte er fest: „Herr Rozand-Lambiotte ist zwar in intellektueller Hinsicht für die ihm übertragenen Aufgaben geeignet ..., doch scheinen ihm der verwaltungsmäßige und der hierarchische Aspekt seiner Tätigkeit Mühe zu machen. Er hat aber, insbesondere nach mehreren Gesprächen mit dem Leiter seines Sektors, deutliche Fortschritte gemacht.“

    Der Probezeitbericht des Klägers wurde vom Direktor der Direktion I.L. nach Anhörung des Leiters des Referats I.L.5 erstellt und am 18. Februar 1994 unterzeichnet. In diesem Bericht wurden die Auffassungsgabe des Klägers, seine Anpassungs- und Urteilsfähigkeit sowie seine Initiative, die Qualität seiner Arbeit, seine Schnelligkeit bei der Ausführung der Arbeit sowie seine Beziehungen zu den Kollegen und zu Dritten als ungenügend bewertet. Der Beurteilende empfahl die Entlassung zum Ablauf der Probezeit.

    Der Bericht wurde dem Kläger am 1. März 1994 mitgeteilt; er nahm am 4. März 1994 dazu Stellung. Mit Schreiben vom 16. März 1994 teilte der Generaldirektor der GD IX dem Kläger mit, daß er als Anstellungsbehörde nach Einholung der Stellungnahme des Beurteilungsausschusses eine förmliche Entscheidung in bezug auf den Kläger zu treffen habe. Er erwähnte, daß er sich bei der GD I über die Beanstandungen unterrichtet habe und verwies auf eine Reihe von Schriftstücken, die seinem Schreiben beigefügt waren. Der Generaldirektor forderte den Kläger auf, ihm zusätzliche Bemerkungen bis spätestens 25. März 1994 zu übermitteln, und wies ihn darauf hin, daß er in seiner Stellung als Beamter auf Probe verbleibe bis der Beurteilungsausschuß Stellung genommen habe und die abschließende Entscheidung erlassen sei. Mit Schreiben vom 18. März 1994 übermittelte der Kläger dem Generaldirektor der GD IX seine Bemerkungen.

    Der Beurteilungsausschuß beschloß in seiner Sitzung vom 2. Mai 1994, den Kläger und seine Vorgesetzten anzuhören. Da der Kläger am 5. Mai 1994 nicht anwesend sein konnte, fand die Anhörung in einer Sitzung am 17. Mai 1994 statt. Am 20. Mai 1994 gab der Beurteilungsausschuß seine Stellungnahme ab, in der er der Anstellungsbehörde mit einer Mehrheit von drei Stimmen gegen eine Stimme empfahl, „dem Vorschlag der GD I (Entlassung) zu folgen“.

    Am 5. Juli 1994 trat der Beurteilungsausschuß in einer anderen Besetzung, in der alle Mitglieder zumindest der Besoldungsgruppe A 7 angehörten und nicht zugleich Mitglieder des Paritätischen Ausschusses waren, zusammen. Er gab erneut mit einer Mehrheit von drei Stimmen gegen eine Stimme eine Stellungnahme ab, in der die Entlassung empfohlen wurde.

    Im Benehmen mit dem für Personalfragen und Verwaltung zuständigen Mitglied der Kommission entließ die Anstellungsbehörde den Kläger durch Entscheidung vom 12. Juli 1994 mit Wirkung zum 16. August 1994 (angefochtene Entscheidung).

    Begründetheit

    Erster Klagegrund: Verletzung des rechtlichen Gehörs und der Årtikel 26 und 43 des Statuts sowie unzureichende Begründung

    Verletzung des Artikels 26 des Statuts und des rechtlichen Gehörs

    Artikel 26 des Statuts gehört zu Titel II des Statuts - „Rechte und Pflichten der Beamten“. Aus dem Gegenstand und dem Inhalt der Bestimmungen dieses Titels ergibt sich, daß sie für alle Beamten, einschließlich der Beamten auf Probe, gelten. Artikel 26 gilt also auch für diese Beamten. Bereits in seinem Urteil Kupka-Floridi/WSA hat sich das Gericht, ohne den von keinem Beteiligten angeführten Artikel 26 ausdrücklich zu erwähnen, in der Frage, ob eine Entscheidung über die Nichternennung eines Beamten auf Probe rechtsfehlerhaft ist, auf die Rechtsprechung zu dieser Vorschrift gestützt (Randnr. 41).

    Verweisung auf: Gericht, 1. April 1992, Kupka-Floridi/WSA, T-26/91, Slg. 1992, II-1615, Randnr. 39

    Der Zweck des Artikels 26 des Statuts besteht darin, den Anspruch des Beamten auf rechtliches Gehör dadurch zu gewährleisten, daß verhindert wird, daß Entscheidungen der Anstellungsbehörde, die sein Dienstverhältnis oder seine Laufbahn berühren, auf Tatsachen in bezug auf seine Führung gestützt werden, die in seiner Personalakte nicht erwähnt sind. Aus dieser Bestimmung ergibt sich, daß eine auf solche Umstände gegründete Entscheidung gegen die Garantien des Statuts verstößt und aufzuheben ist, weil sie aufgrund eines rechtswidrigen Verfahrens ergangen ist (Randnr. 42).

    Verweisung auf: Gerichtshof, 3. Februar 1971, Rittweger/Kommission, 21/70, Slg. 1971, 7, Randnrn. 29 bis 41; Gerichtshof, 28. Juni 1972, Brasseur/Parlament, 88/71, Slg. 1972, 499, Randnr. 11; Gerichtshof, 12. Februar 1987, Bonino/Kommission, 233/85, Slg. 1987, 739, Randnr 11; Gericht, 5. Dezember 1990, Marcato/Kommission. T-82/89, Slg. 1990, II-735, Randnr 78

    Zwar ist das Organ gemäß Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe a des Statuts verpflichtet, in die Personalakte des Beamten sämtliche sein Dienstverhältnis betreffenden Schriftstücke sowie jede Beurteilung seiner Befähigung, Leistung und Führung aufzunehmen; doch kann der Umstand allein, daß Schriftstücke nicht in die Personalakte aufgenommen worden sind, die Aufhebung einer beschwerenden Verfügung nicht rechtfertigen, wenn diese Schriftstücke dem Betroffenen tatsächlich zur Kenntnis gebracht worden sind. Aus Artikel 26 Absatz 2 des Statuts ergibt sich nämlich, daß Schriftstücke, die die Befähigung, Leistung oder Führung eines Beamten betreffen, diesem nur dann nicht entgegengehalten werden können, wenn sie ihm vorher nicht mitgeteilt worden sind. Dagegen können ihm Schriftstücke entgegengehalten werden, die ihm zwar zur Kenntnis gebracht, jedoch noch nicht in seine Personalakte aufgenommen worden sind. Falls das Organ diese Schriftstücke nicht in die Personalakte des Beamten aufnimmt, steht es dem Beamten jederzeit frei, einen Antrag gemäß Artikel 90 Absatz 1 des Statuts einzureichen und im Fall der Ablehnung seines Antrags eine Verwaltungsbeschwerde einzulegen. Dem Organ darf es jedoch keinesfalls nur deshalb verwehrt sein, im dienstlichen Interesse eine Entscheidung aufgrund von Schriftstücken zu treffen, die dem Betroffenen vorher mitgeteilt worden sind, weil diese Schriftstücke nicht in seine Personalakte aufgenommen worden sind (Randnr. 43)

    Verweisung auf: Gerichtshof, 12. November 1996, Ojha/Kommission, C-294/95 P, Slg. 1996, I-5863, Randnr. 68

    Im vorliegenden Fall ist die angefochtene Entscheidung auf den Probezeitbericht des Klägers, auf die Stellungnahme des Beurteilungsausschusses und mittelbar, durch die Bezugnahme auf diese Stellungnahme, auf die Schriftstücke gestützt, die die GD I für die im Probezeitbericht enthaltenen Beurteilungen lieferte und die dem Schreiben vom 16. März 1994 beigefügt waren. Dem Kläger sind der Probezeitbericht und die von der GD I gelieferten Schriftstücke vor dem Erlaß der angefochtenen Entscheidung übermittelt worden. Er hat zu dem Probezeitbericht in seinem Schreiben vom 4. März 1994 und zu den genannten Schriftstücken in seinem Schreiben vom 18. März 1994 und bei seiner Anhörung vor dem Beurteilungsausschuß Stellung genommen. Es ist im übrigen unstreitig, daß ihm die Stellungnahme des Beurteilungsausschusses übermittelt worden ist (Randnr. 44).

    Der Kläger macht zu Unrecht geltend, daß die Kommission Artikel 26 des Statuts und seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt habe, indem sie den Vermerk vom 28. September 1993, der eine Beurteilung seiner Tätigkeit und seiner Führung nach der halben Probezeit enthalten habe, weder ihm übermittelt noch in seine Personalakte aufgenommen habe. Weder in der angefochtenen Entscheidung noch in der Stellungnahme des Beurteilungsausschusses wird nämlich in irgendeiner Weise auf diesen Vermerk Bezug genommen. Selbst wenn der Beurteilungsausschuß vor seiner Stellungnahme eine Abschrift des Vermerks erhalten haben sollte, was nicht feststeht, hat er diese Stellungnahme nicht auf diesen Vermerk gestützt. Daher beruht auch die angefochtene Entscheidung nicht auf diesem Vermerk. Jedenfalls ergeben sich die darin enthaltenen Beanstandungen auch aus dem Probezeitbericht. Durch die fehlende Übermittlung des Vermerks ist daher das Recht des Klägers, vor dem Erlaß der angefochtenen Entscheidung angehört zu werden, nicht verletzt worden (Randnr. 45).

    Verweisung auf: Kupka-Floridi/WSA, a. a. O., Randnr. 39

    Verletzung der Begründungspflicht

    Die Begründungspflicht ist in Artikel 25 Absatz 2 des Statuts geregelt. Die Begründungserfordernisse, die für die angefochtene Entscheidung gelten, müssen im Zusammenhang mit dem besonderen Charakter einer Entscheidung über die Nichternennung zum Beamten auf Lebenszeit bei Ablauf der Probezeit beurteilt werden. Insoweit ist der Wesensunterschied zwischen einer Entscheidung dieser Art und der eigentlichen Entlassung eines Beamten auf Lebenszeit hervorzuheben. Während im letzten Fall eine sorgfältige Prüfung der Gründe für die Beendigung eines auf Dauer angelegten Dienstverhältnisses erforderlich ist, erstreckt sich die Überprüfung der Entscheidungen über die Ernennung von Probezeitbeamten zu Beamten auf Lebenszeit auf das Vorliegen oder Fehlen einer Reihe positiver Tatsachen, die die Ernennung des Probezeitbeamten zum Beamten auf Lebenszeit als im dienstlichen Interesse liegend erscheinen lassen (Randnr. 48).

    Verweisung auf: Gerichtshof, 17. November 1983, Tréfois/Gerichtshof, 290/82, Sig. 1983, 3751, Randnr. 25; Gerichtshof, 15. Mai 1985, PatrinosAVSA, 3/84, Sig. 1985, 1421, Randnr. 13

    Die angefochtene Entscheidung verweist auf den Probezeitbericht des Klägers, auf die Stellungnahme des Beurteilungsausschusses und mittelbar, durch die Bezugnahme auf diese Stellungnahme, auf die Schriftstücke gestützt, die die GD I für die im Probezeitbericht enthaltenen Beurteilungen lieferte. Sie enthält demnach eine eingehende Begründung, der der Kläger klar entnehmen konnte, aus welchen Gründen die Kommission ihn nicht zum Beamten auf Lebenszeit ernannte (Randnr. 49).

    Verstoß gegen Artikel 43 des Statuts und den Leitfaden für die Beurteilung

    Ein vor dem Gemeinschaftsrichter geltend gemachter Klagegrund ist unzulässig, sofern er nicht bereits im Ralimén des Vorverfahrens vorgetragen worden ist, so daß die Anstellungsbehörde von den Rügen des Betroffenen gegen die angefochtene Entscheidung hinreichend genau Kenntnis nehmen konnte. Zwar können die in der Beschwerde enthaltenen Rügen vor dem Gemeinschaftsrichter durch das Vorbringen von Granden und Argumenten, die nicht notwendigerweise in der Beschwerde enthalten sind, sich aber eng an diese anlehnen, weiterentwickelt werden; doch ist das Vorbringen des Klägers im Ralimén dieses Teils des Klagegrandes an keine der in seiner Beschwerde enthaltenen Rügen angelehnt. Die Kommission konnte daher von diesem Vorbringen selbst bei aller Bemühung um eine großzügige Auslegung nicht Kenntnis nehmen (Randnr. 51).

    Verweisung auf: Gericht, 6. Juni 1996, Baiwir/Kommission, T-262/94, Slg. ÖD 1996, II-739, Randnrn. 40 und 41

    Zweiter Klagegrund: Verstoß gegen Artikel 34 des Statuts

    Gemäß Artikel 34 Absatz 3 des Statuts ist der Probezeitbericht spätestens einen Monat vor Ablauf der Probezeit zu erstellen. Im vorliegenden Fall wurde der Probezeitbericht am 18. Februar 1994 vom Direktor und vom Referatsleiter des Klägers unterzeichnet und damit an diesem Tag erstellt. Er wurde demnach mit einer Verspätung von drei Tagen erstellt. Ferner wurde er dem Kläger erst elf Tage später mitgeteilt (Randnr. 67).

    Verweisung auf: Kupka-Floridi/WSA, a. a. O., Randnr. 19

    Die Verspätung bei Erstellung des Probezeitberichts stellt eine Verletzung im Statut ausdrücklich geregelter Anforderungen dar, die zwar zu bedauern ist, jedoch die Gültigkeit des Berichts nicht in Frage stellen kann. Da ferner dem Kläger die Möglichkeit eingeräumt worden war, seinen Standpunkt zu dem über ihn erstellten Bericht unter ordnungsgemäßen Bedingungen geltend zu machen, kann die angefochtene Entscheidung keinesfalls allein deswegen rechtswidrig sein, weil sie verspätet mitgeteilt wurde (Randnr. 68).

    Verweisung auf: Gerichtshof, 25. März 1982, Munk/Kommission, 98/81, Slg. 1982, 1155, Randnr. 8; Kupka-Floridi/WSA, a. a. O., Randnr. 20

    Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Abgabe der Stellungnahme des Beurteilungsausschusses ergibt sich aus den Akten, daß der Ausschuß am 21. April 1994 angerufen wurde. Gemäß Artikel 34 Absatz 3 des Statuts hatte er seine Stellungnahme binnen drei Wochen, also spätestens am 12. Mai 1994, abzugeben. Tatsächlich wurde die Stellungnahme am 5. Juli 1994 abgegeben. Diese Verspätung konnte dem Kläger jedoch keine Beschwer verursachen. Artikel 34 Absatz 3 des Statuts soll sicherstellen, daß die Entscheidung über die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit vor Ablauf der Probezeit erfolgen kann. Im Fall des Klägers ist die Entscheidung über die Nichternennung zum Beamten auf Lebenszeit am 12. Juli 1994 mit Wirkung zum 16. August 1994 erlassen worden. Aufgrund dessen hat er keinen Nachteil erlitten, da er in seiner Stellung belassen und während dieses Zeitraums als Beamter auf Probe besoldet wurde (Randnrn. 70 und 71).

    Verweisung auf: Trefois/Gerichtshof.a. a. O., Randnr. 16

    Im Hinblick auf die Zusammensetzung des Beurteilungsausschusses ist festzustellen, daß die beim Erlaß der endgültigen Stellungnahme am 5. Juli 1994 anwesenden Mitglieder sämtlich leitende Beamte der Kommission waren, wie in Artikel 10 des Anhangs II des Statuts vorgeschrieben (Randnr. 75).

    Weder die Anwesenheit eines Mitglieds des Paritätischen Ausschusses bei der Anhörung noch der Austausch eines Mitglieds zwischen dem Erlaß der Stellungnahme vom 20. Mai 1994 und dem Erlaß der Stellungnahme vom 5. Juli 1994 haben sich auf den Inhalt der vom Beurteilungsausschuß abgegebenen Stellungnahme ausgewirkt. Sie können daher nicht zur Fehlerhaftigkeit des Verfalirens vor dem Ausschuß führen (Randnr. 78).

    Was schließlich den Umstand anlangt, daß zwei Mitglieder des Beurteilungsausschusses, die bei Erlaß der Stellungnahme vom 5. Juli 1994 anwesend waren, an der Anhörung nicht teilgenommen hatten, so wäre es gewiß wünschenswert, daß entsprechend einem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung alle beim Erlaß der Stellungnahme anwesenden Ausschußmitglieder auch bei der Anhörung anwesend gewesen wären, doch kann die Nichtbeachtung dieses Grundsatzes nur dann zur Aufhebung einer Entscheidung führen, wenn nachgewiesen wird, daß sie für die angefochtene Entscheidung möglicherweise von ausschlaggebender Bedeutung war. Keine dienstrechtliche Bestimmung schreibt nämlich vor, daß der Beurteilungsausschuß während des gesamten Verfalirens in gleicher Weise zusammengesetzt sein muß (Randnr. 79).

    Dritter Klagegrund: Verletzung der Fürsorgepflicht

    Zwar kann die Probezeit, die es ermöglichen soll, Eignung und dienstliche Führung des Beamten auf Probe zu beurteilen, einer Ausbildungszeit nicht gleichgestellt werden, doch muß der Betroffene während dieser Zeit in die Lage versetzt werden, seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Diese Notwendigkeit ist mit dem Begriff der Probezeit untrennbar verbunden und ergibt sich stillschweigend aus Artikel 34 Absatz 3 des Statuts. Sie entspricht außerdem den Erfordernissen der allgemeinen Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Gleichbehandlung sowie der Fürsorgepflicht, die das Gleichgewicht zwischen den wechselseitigen Rechten und Pflichten widerspiegelt, welches das Statut in den Beziehungen zwischen der Behörde und dem Beamten geschaffen hat. Sie bedeutet praktisch, daß dem Beamten auf Probe nicht nur angemessene materielle Arbeitsbedingungen zu gewähren sind, sondern daß ihm je nach Art der von ihm wahrgenommenen Aufgaben auch geeignete Anweisungen und Ratschläge erteilt werden müssen, damit er in die Lage versetzt wird, sich den Anforderungen anzupassen, die mit der von ihm ausgeübten Tätigkeit verbunden sind (Randnr. 95).

    Verweisung auf: Gerichtshof, 12. Dezember 1956, Mirossevich/HoheBehörde, 10/55, Slg. 1956, 381, 402 ff.; Patrinos/WSA, a. a. O., Randnrn. 20 und 21; Kupka-Floridi/WSA, a. a. O., Randnr. 44; Gericht, 30. November 1994, Correia/Kommission, T-568/93, Slg. ÖD 1994, II-857, Randnr. 34

    Im vorliegenden Fall lief die Probezeit unter normalen Bedingungen ab, und der Kläger erhielt eine den Anforderungen der ihm anvertrauten Aufgaben entsprechende Betreuung (Randnr. 96).

    Zwar haben die Vorgesetzten dem Beamten auf Probe geeignete Anweisungen und Ratschläge zu erteilen, doch muß jeder Beamte und jeder Beamte auf Probe, insbesondere ein Beamter der Laufbahngruppe A, fähig sein, in Zweifelsfällen z. B. seine Vorgesetzten und/oder seine Kollegen nach dem richtigen Vorgehen zu fragen oder ihnen seine Arbeit vorzulegen, bevor er sie weitergibt (Randnr. 100).

    Die Verwaltung ist nicht verpflichtet, einem Beamten auf Probe, dessen Leistungen nicht zufriedenstellend sind, zu irgendeinem Zeitpunkt einen entsprechenden Hinweis zu geben. Jedenfalls ist der Kläger mehrfach eindeutig auf die Unzulänglichkeit seiner Leistungen hingewiesen worden. Das Recht eines Beamten auf Probe, seine Probezeit unter ordnungsgemäßen Bedingungen ableisten zu können, wird hinreichend durch einen mündlichen Hinweis gewahrt, der es ihm ermöglicht, seine Leistungen den dienstlichen Erfordernissen anzupassen und entsprechend zu verbessern (Randnr. 102).

    Verweisung auf: Patrinos/WSA, a. a. O., Randnr. 19; Gerichtshof, 13. Dezember 1989, Patrinos/WSA, C-17/88, Slg. 1989, 4249, abgekürzte Veröffentlichung, Randnr. 32; Kupka-FIoridi/WSA.a. a. O., Randnr. 48

    Vierter Klagegrund: Offensichtlicher Beurteilungsfehler

    Die Verwaltung verfügt nach den für Einstellung und Probezeit geltenden dienstrechtlichen Grundsätzen über ein weites Ermessen, was die Beurteilung der Fähigkeiten und Leistungen von Beamten auf Probe nach Maßgabe des dienstlichen Interesses betrifft. Es ist daher nicht Sache des Gerichts, seine Beurteilung an die Stelle derjenigen der Gemeinschaftsorgane zu setzen, was die von diesen vorgenommene Bewertung des Ergebnisses einer Probezeit sowie der Eignung eines seine endgültige Ernennung im öffentlichen Dienst der Gemeinschaft anstrebenden Bewerbers betrifft, es sei denn, die Beurteilung ist offensichtlich irrig oder es liegt Ermessensmißbrauch vor (Randnr. 112).

    Verweisung auf: Munk/Kommission, a. a. O., Randnr. 16; Tréfois/Gerichtshof, a. a. O., Randnr. 29; Gerichtshof, 5. April 1984, Alvarez/Parlament, 347/82, Slg. 1984, 1847, Randnr. 16; Gerichtshof, 15. Mai 1985, Patrinos/WSA, a. a. 0., Randnr. 25; Gerichtshof, 13. Dezember l989, Patrinos/WSA, a. a. 0., Randnr. 33;Kupka-Floridi/WSA.a. a. O., Randnr. 52

    Es ist auf den Unterschied zwischen der Entscheidung über die Nichternennung eines Beamten auf Probe und der eigentlichen Entlassung eines Beamten auf Lebenszeit hinzuweisen. Während im letzten Fall eine sorgfältige Prüfung der Gründe für die Beendigung eines auf Dauer angelegten Dienstverhältnisses erforderlich ist, erstreckt sich die Prüfung der Entscheidungen über die Ernennung von Probezeitbeamten zu Beamten auf Lebenszeit auf das Vorliegen oder das Fehlen einer Reihe von positiven Tatsachen, die die Ernennung des Probezeitbeamten zum Beamten auf Lebenszeit als im dienstlichen Interesse liegend erscheinen lassen (Randnr. 113).

    Verweisung auf : Tréfois/Gerichtshof, a. a. O., Randnr. 25

    Im vorliegenden Fall hat der Kläger nicht nachgewiesen, daß der angefochtenen Entscheidung ein offensichtlicher Beurteilungsfehler anhaftet (Randnr. 119).

    Was den angeblichen Verstoß gegen die in Artikel 24 des Statuts vorgesehene Beistandspflicht der Kommission anlangt, so ist Gegenstand dieser Pflicht die Verteidigung des Beamten durch das Gemeinschaftsorgan gegen Angriffe Dritter und nicht gegen Handlungen des Organs selbst, für deren Überprüfung andere Bestimmungen des Statuts gelten (Randnr. 120).

    Verweisung auf: Munk/Kommission, a. a. O., Randnr. 21; Gericht, 23. November 1995, Benecos/Kommission, T-64/94, Slg. ÖD 1995, II-769, Randnr. 65

    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

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