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Document 61995CJ0287

    Leitsätze des Urteils

    Schlüsselwörter
    Leitsätze

    Schlüsselwörter

    1 Nichtigkeitsklage - Klagegründe - Verletzung wesentlicher Formvorschriften - Verstoß gegen die Vorschriften der Geschäftsordnung der Kommission betreffend die Feststellung der Rechtsakte in den verbindlichen Sprachen - Keine Notwendigkeit, zusätzlich zur fehlenden Feststellung einen Schaden oder weitere Fehler geltend zu machen - Klagegrund, der vom Richter von Amts wegen zu berücksichtigen ist

    (EG-Vertrag, Artikel 173 [nach Änderung jetzt Artikel 230 EG]; Geschäftsordnung der Kommission, Artikel 12)

    2 Verfahren - Beweisaufnahme - Antrag auf Vorlage eines Schriftstücks - Festgestellter Rechtsakt - Keine Notwendigkeit, zusätzlich zur fehlenden ordnungsgemäßen Feststellung einen Beweis des ersten Anscheins für weitere Fehler zu erbringen

    (Verfahrensordnung des Gerichts, Artikel 49 und 65 Buchstabe b)

    3 Nichtigkeitsklage - Klagegründe - Verletzung wesentlicher Formvorschriften - Fehlende Feststellung einer Entscheidung vor ihrer Zustellung, unter Verstoß gegen die Geschäftsordnung der Kommission

    (EG-Vertrag, Artikel 173 [nach Änderung jetzt Artikel 230 EG]; Geschäftsordnung der Kommission, Artikel 12)

    Leitsätze

    1 Die in Artikel 12 Absatz 1 der Geschäftsordnung der Kommission vorgesehene Feststellung der Rechtsakte soll die Rechtssicherheit gewährleisten, indem sie den vom Kollegium angenommenen Wortlaut in allen verbindlichen Sprachen feststellt. Denn nach dem Grundsatz der Rechtssicherheit muß jede Handlung der Verwaltung, die Rechtswirkungen entfaltet, insbesondere in bezug auf ihren Urheber und ihren Inhalt bestimmt sein.

    Folglich stellt die Feststellung eine wesentliche Formvorschrift im Sinne von Artikel 173 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 EG) dar, wegen deren Verletzung die Nichtigkeitsklage gegeben ist. Der Tatbestand der Verletzung einer wesentlichen Formvorschrift wird allein durch die fehlende Feststellung eines Rechtsakts erfuellt, ohne daß darüber hinaus nachgewiesen werden muß, daß der Rechtsakt mit einem weiteren Fehler behaftet ist oder daß derjenige, der die fehlende Feststellung geltend macht, durch sie einen Schaden erlitten hat.

    Wenn der Gemeinschaftsrichter bei der Untersuchung des ihm vorgelegten Rechtsakts zu dem Ergebnis kommt, daß dieser nicht ordnungsgemäß festgestellt worden ist, hat er das Angriffsmittel der Verletzung einer wesentlichen Formvorschrift wegen fehlender ordnungsgemäßer Feststellung von Amts wegen zu berücksichtigen und folglich den mit einem solchen Fehler behafteten Rechtsakt für nichtig zu erklären. (vgl. Randnrn. 44-49, 55)

    2 Es ist Sache des Gemeinschaftsrichters, nach den Umständen des Rechtsstreits und gemäß den Bestimmungen der Verfahrensordnung über die Beweisaufnahme darüber zu befinden, ob die Vorlegung eines festgestellten Rechtsakts erforderlich ist. Es ist nicht erforderlich, zusätzlich zu der fehlenden ordnungsgemäßen Feststellung anhand verschiedener Anhaltspunkte einen Beweis des ersten Anscheins für einen weiteren Fehler des Rechtsakts zu erbringen. (vgl. Randnrn. 52-53)

    3 Aus einer wörtlichen und systematischen Auslegung des Artikels 12 der Geschäftsordnung der Kommission ergibt sich, daß die Feststellung eines von der Kommission erlassenen Rechtsakts zwangsläufig seiner Zustellung vorausgehen muß. Die Zielsetzung dieser Vorschrift über die Feststellung eines Rechtsakts bestätigt das.

    Die Verletzung einer wesentlichen Formvorschrift im Sinne von Artikel 173 EG-Vertrag (jetzt Artikel 230 EG) liegt vor, wenn die Feststellung einer Entscheidung zu einem unbestimmten Zeitpunkt nach der Zustellung des Rechtsakts erfolgt. (vgl. Randnrn. 65, 68)

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