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Document 61995CJ0105

    Leitsätze des Urteils

    Schlüsselwörter
    Leitsätze

    Schlüsselwörter

    1 Landwirtschaft - Angleichung der gesundheitsrechtlichen Vorschriften - Innergemeinschaftlicher Handel mit frischem Fleisch - Richtlinie 64/433 - Nationale Regelung, die die Einfuhr von Separatorenfleisch verbietet, das im Herkunftsmitgliedstaat keiner Hitzebehandlung unterzogen wurde, ihr aber in einem im Einfuhrmitgliedstaat zugelassenen Betrieb unterzogen werden soll - Unzulässigkeit

    (Richtlinie 64/433 des Rates, Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben c und g)

    2 Landwirtschaft - Angleichung der gesundheitsrechtlichen Vorschriften - Gegenseitige Unterstützung der Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten und Zusammenarbeit mit der Kommission bei der Anwendung der tierärztlichen und tierzuchtrechtlichen Vorschriften - Richtlinie 89/608 - Möglichkeit der zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats, die zuständige Behörde eines anderen Mitgliedstaats um Unterstützung zu ersuchen - Befugnis des amtlichen Tierarztes des Herkunftsmitgliedstaats, mit der Hitzebehandlung von Separatorenfleisch einen zugelassenen Betrieb im Hoheitsgebiet des Einfuhrmitgliedstaats zu betrauen, wenn kein solches Ersuchen gestellt wurde

    (Richtlinie 89/608 des Rates, Artikel 1, 2, 4 und 8)

    Leitsätze

    3 Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben c und g der Richtlinie 64/433 über die gesundheitlichen Bedingungen für die Gewinnung und das Inverkehrbringen von frischem Fleisch in der durch die Richtlinie 91/497 geänderten und kodifizierten Fassung steht einer nationalen Regelung entgegen, die die Einfuhr von Separatorenfleisch verbietet, das im Herkunftsmitgliedstaat keiner Hitzebehandlung unterzogen wurde, wenn es in einem im Einfuhrmitgliedstaat zugelassenen und vom amtlichen Tierarzt des Herkunftsstaats bestimmten Betrieb einer solchen Behandlung unterzogen werden soll.

    Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat die Mitgliedstaaten nämlich im Bewusstsein der besonderen Empfindlichkeit und Verderblichkeit von Separatorenfleisch in Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c der genannten Richtlinie gerade dazu verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, daß dieses Fleisch vor seinem Verzehr einer Hitzebehandlung unterzogen wird. Diese Behandlung hat gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe g entweder im Herkunftsbetrieb oder in einem vom amtlichen Tierarzt des Herkunftsmitgliedstaats bestimmten sonstigen Betrieb zu erfolgen.

    Aus dem Sinn und Zweck dieser Bestimmung ergibt sich, daß die Hitzebehandlung aus gesundheitlichen Gründen so bald wie möglich, d. h. nach der maschinellen Trennung des Fleisches von den Knochen, erfolgen muß. Sie sollte deshalb am besten in dem Betrieb erfolgen, in dem die maschinelle Abtrennung des Fleisches stattgefunden hat. Ist es jedoch insbesondere aus wirtschaftlichen Gründen nicht zweckmässig, die Hitzebehandlung in diesem Betrieb vorzunehmen, so ist davon auszugehen, daß sie schnellstens erfolgen muß, d. h. in einem zugelassenen Betrieb, der sich so nah wie möglich am Herkunftsbetrieb befindet.

    Dieses Prinzip der sowohl zeitlichen als auch räumlichen Nähe zwischen der Gewinnung des Fleisches und seiner Hitzebehandlung besagt nicht, daß der amtliche Tierarzt des Herkunftsmitgliedstaats nur unter Betrieben wählen kann, die sich im Hoheitsgebiet dieses Staates befinden. Der nach dem Näheprinzip geeignetste Betrieb kann sich vielmehr durchaus im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats befinden; er muß allerdings über eine Gemeinschaftszulassung verfügen.

    Diese Auslegung wird durch den Wortlaut von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe g bestätigt, der den amtlichen Tierarzt des Herkunftsmitgliedstaats dazu ermächtigt, einen "sonstigen" Betrieb zu bestimmen; nur sie ist mit den tragenden Grundsätzen der Einheit des Gemeinschaftsmarktes und des freien Warenverkehrs vereinbar.

    Schließlich trägt diese Auslegung auch dem Erfordernis des Schutzes der Volksgesundheit hinreichend Rechnung. Der amtliche Tierarzt des Herkunftsmitgliedstaats, der durch die Richtlinie mit der Ausübung eines Amtes für die Gemeinschaft betraut wird, bei der er insbesondere die Grundsätze der Einheit des Gemeinschaftsmarktes und des freien Warenverkehrs anzuwenden hat, sorgt nämlich bei der Bestimmung eines Betriebes dafür, daß der Schutz der Volksgesundheit tatsächlich gewährleistet ist. Zu diesem Zweck gibt ihm die Richtlinie 89/608 die Möglichkeit, die Unterstützung der Behörden des Mitgliedstaats in Anspruch zu nehmen, in dessen Hoheitsgebiet sich der von ihm bestimmte Betrieb befindet.

    4 Nach den Artikeln 1 und 2 der Richtlinie 89/608 betreffend die gegenseitige Unterstützung der Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten und die Zusammenarbeit dieser Behörden mit der Kommission, um die ordnungsgemässe Anwendung der tierärztlichen und tierzuchtrechtlichen Vorschriften zu gewährleisten, hat jeder Mitgliedstaat den anderen Mitgliedstaaten und der Kommission mitzuteilen, welche seiner Zentralbehörden für die Kontrolle der Anwendung der tierärztlichen und tierzuchtrechtlichen Regelung zuständig ist. Gemäß den Artikeln 4 und 8 der Richtlinie erfolgt die gegenseitige Unterstützung der zuständigen Behörden entweder auf Antrag der Zentralbehörde eines Mitgliedstaats, der an die Zentralbehörde eines anderen Mitgliedstaats gerichtet wird, oder ohne vorhergehenden Antrag, sofern diese Behörden es als der Einhaltung der tierärztlichen oder tierzuchtrechtlichen Regelung dienlich erachten. In Artikel 6 ist darüber hinaus vorgesehen, daß eine zuständige Behörde die zuständige Behörde eines anderen Mitgliedstaats ersuchen kann, in einem bestimmten Bereich die Überwachung u. a. von Betrieben zu verstärken.

    Dieses System erlaubt es der zuständigen Veterinärbehörde eines Mitgliedstaats somit, im Bedarfsfall die zuständige Veterinärbehörde eines anderen Mitgliedstaats um Unterstützung bei der Vornahme von Kontrollen und der Verhinderung von Zuwiderhandlungen zu ersuchen; diese muß die Unterstützung gewähren. Die Befugnis des amtlichen Tierarztes des Herkunftsmitgliedstaats, mit der Hitzebehandlung von Separatorenfleisch einen Betrieb im Hoheitsgebiet des Einfuhrmitgliedstaats zu betrauen, hängt jedoch nicht davon ab, daß ein solches Ersuchen gestellt wird.

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