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Document 61994CJ0334

    Leitsätze des Urteils

    Schlüsselwörter
    Leitsätze

    Schlüsselwörter

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    1. Freizuegigkeit ° Niederlassungsfreiheit ° Registrierung eines Schiffes in einem Mitgliedstaat ° Voraussetzungen in bezug auf die Staatsangehörigkeit oder den Ort des Gesellschaftssitzes der Eigentümer ° Unzulässigkeit

    (EG-Vertrag, Artikel 6, 48, 52, 58 und 221; Verordnung Nr. 1251/70 der Kommission, Artikel 7; Richtlinie 75/34 des Rates, Artikel 7)

    2. Mitgliedstaaten ° Verpflichtungen ° Verstoß ° Beibehaltung einer mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbaren nationalen Vorschrift ° Rechtfertigung mit einer die Anwendung des Vertrages gewährleistenden Verwaltungspraxis ° Unzulässigkeit

    3. Vertragsverletzungsverfahren ° Urteil des Gerichtshofes, mit dem die Vertragsverletzung festgestellt wird ° Frist für die Durchführung

    (EG-Vertrag, Artikel 171)

    Leitsätze

    1. Ein Mitgliedstaat verstösst gegen seine Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsrecht, wenn er Rechts- oder Verwaltungsvorschriften beibehält, die das Recht auf Eintragung eines Schiffes in das nationale Register und auf Führung der nationalen Flagge Schiffen vorbehält, die

    ° zu mehr als der Hälfte natürlichen Personen mit der Staatsangehörigkeit des betreffenden Mitgliedstaats,

    ° juristischen Personen mit einem Gesellschaftssitz in diesem Mitgliedstaat,

    ° juristischen Personen, deren Leiter, Verwalter oder Geschäftsführer zu einem bestimmten Teil eigene Staatsangehörige sind, oder

    ° juristischen Personen, deren Gesellschaftskapital im Falle einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, einer Kommanditgesellschaft, einer offenen Handelsgesellschaft oder einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zu mehr als der Hälfte von eigenen Staatsangehörigen oder insgesamt von eigenen Staatsangehörigen gehalten wird, die bestimmte Voraussetzungen erfuellen,

    gehören.

    Insbesondere verstossen bei Schiffen, die im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit eingesetzt werden, zum einen der Umstand, daß das erwähnte Recht Schiffen vorbehalten wird, die zu mehr als der Hälfte natürlichen Personen mit der Staatsangehörigkeit des die Flagge stellenden Mitgliedstaats gehören, und zum anderen die Voraussetzung, daß die Kontrolle oder die Führung der juristischen Personen, die Eigentümer sind, tatsächlich von eigenen Staatsangehörigen ausgeuebt wird, sowie die Voraussetzung, daß das Kapital bestimmter juristischer Personen, die Eigentümer der Schiffe sind, zu einem bestimmten Anteil von eigenen Staatsangehörigen kontrolliert werden muß, gegen die Artikel 6 und 52 des Vertrages. Die zuletzt genannte Voraussetzung verstösst auch gegen Artikel 221 des Vertrages, da sie die Beteiligung von Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten am Kapital dieser juristischen Personen beschränkt. Soweit schließlich verlangt wird, daß juristische Personen, die Eigentümer von Schiffen sind, ihren Sitz im nationalen Hoheitsgebiet haben müssen, und daher die Registrierung oder die Führung eines Schiffes im Falle einer Zweitniederlassung wie einer Agentur, einer Zweigniederlassung oder Tochtergesellschaft ausgeschlossen ist, verstösst die fragliche Regelung gegen die Artikel 52 und 58 des Vertrages.

    Bei Schiffen, die nicht im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit eingesetzt werden, fällt ihre Registrierung im Aufnahmemitgliedstaat durch einen Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats unter die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts über die Freizuegigkeit, und die in Rede stehende Regelung verstösst gegen die Artikel 6, 48 und 52 des Vertrages sowie gegen Artikel 7 der Verordnung Nr. 1251/70 über das Recht der Arbeitnehmer, nach Beendigung einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zu verbleiben, und gegen Artikel 7 der Richtlinie 75/34 über das Recht der Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, nach Beendigung der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats zu verbleiben, wenn sie das Recht auf Registrierung eines Vergnügungsschiffs Inländern vorbehalt, die zu mehr als der Hälfte dessen Eigentümer sind.

    2. Die Unvereinbarkeit von nationalem Recht mit dem Vertrag lässt sich, auch soweit dieser unmittelbar anwendbar ist, letztlich nur mit Hilfe verbindlichen innerstaatlichen Rechts ausräumen, das denselben rechtlichen Rang hat wie die zu ändernden Bestimmungen. Eine blosse Verwaltungspraxis, die die Verwaltung naturgemäß beliebig ändern kann und die nur unzureichend bekannt ist, kann nicht als eine rechtswirksame Erfuellung der Verpflichtungen aus dem Vertrag angesehen werden.

    3. Auch wenn Artikel 171 des Vertrages keine Frist angibt, innerhalb deren ein Urteil durchgeführt sein muß, verlangt es das Interesse an einer sofortigen und einheitlichen Anwendung des Gemeinschaftsrechts, daß diese Durchführung sofort in Angriff genommen werden und innerhalb kürzestmöglicher Frist abgeschlossen sein muß.

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