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Document 61994CJ0333

    Leitsätze des Urteils

    Schlüsselwörter
    Leitsätze

    Schlüsselwörter

    1. Wettbewerb ° Beherrschende Stellung ° Relevanter Markt ° Abgrenzung ° Kriterien

    (EG-Vertrag, Artikel 86)

    2. Wettbewerb ° Beherrschende Stellung ° Verhalten auf einem dem beherrschten Markt benachbarten Markt ° Anwendung von Artikel 86 auch ohne beherrschende Stellung auf dem benachbarten Markt ° Voraussetzungen

    (EG-Vertrag, Artikel 86)

    3. Wettbewerb ° Beherrschende Stellung ° Mißbrauch ° System des Koppelungsverkaufs

    (EG-Vertrag, Artikel 86)

    4. Wettbewerb ° Beherrschende Stellung ° Mißbrauch ° Anwendung nicht kostendeckender Preise mit dem Ziel, einen Konkurrenten zu verdrängen

    (EG-Vertrag, Artikel 86)

    Leitsätze

    1. Im Rahmen der Umschreibung des relevanten Marktes im Hinblick auf die Anwendung von Artikel 86 des Vertrages sind die Wettbewerbsbedingungen und die Struktur der Nachfrage und des Angebots auf dem Markt maßgebliche Kriterien bei der Prüfung, ob bestimmte Erzeugnisse mit anderen austauschbar sind.

    2. Die Anwendung von Artikel 86 des Vertrages setzt einen Zusammenhang zwischen der beherrschenden Stellung und dem angeblich mißbräuchlichen Verhalten voraus, der in der Regel nicht gegeben ist, wenn sich ein Verhalten auf einem von dem beherrschten Markt verschiedenen Markt dort auswirkt. Handelt es sich um verschiedene, aber verbundene Märkte, so können nur besondere Umstände eine Anwendung von Artikel 86 auf ein Verhalten rechtfertigen, das auf dem verbundenen, nicht beherrschten Markt festgestellt wurde und sich dort auswirkt.

    Insoweit wird ein Unternehmen durch eine Quasimonopolstellung auf bestimmten Märkten und eine führende Stellung auf von diesen verschiedenen, aber eng mit ihnen verbundenen Märkten in eine Lage versetzt, die einer beherrschenden Stellung auf der Gesamtheit dieser Märkte gleichkommt. Ein angeblich mißbräuchliches Verhalten eines solchen Unternehmens auf diesen anderen Märkten kann daher unter Artikel 86 des Vertrages fallen, ohne daß nachgewiesen zu werden braucht, daß es dort eine beherrschende Stellung einnimmt.

    3. Die Aufzählung der mißbräuchlichen Verhaltensweisen in Artikel 86 Satz 2 des Vertrages ist nicht abschließend. Folglich kann der Koppelungsverkauf von zwei Erzeugnissen auch dann einen Mißbrauch im Sinne von Artikel 86 darstellen, wenn er dem Handelsbrauch entspricht oder wenn zwischen diesen beiden Erzeugnissen sachlich eine Beziehung besteht, es sei denn, daß er objektiv gerechtfertigt ist.

    4. Bei der ° im Hinblick auf die Anwendung von Artikel 86 des Vertrages erfolgenden ° Prüfung der Frage, ob ein Unternehmen auf Verdrängung ausgerichtete Preise angewandt hat, ist zwischen Preisen, die unter den durchschnittlichen variablen Kosten liegen und stets als mißbräuchlich anzusehen sind, und Preisen zu unterscheiden, die unter den durchschnittlichen Gesamtkosten, jedoch über den durchschnittlichen variablen Kosten liegen und nur dann als mißbräuchlich anzusehen sind, wenn nachgewiesen werden kann, daß die Konkurrenten ausgeschaltet werden sollten.

    Bei der Qualifizierung der von dem betreffenden Unternehmen angewandten Preise als auf Verdrängung ausgerichtet wäre es nicht angebracht, zusätzlich den Nachweis zu verlangen, daß es eine wirkliche Chance hatte, seine Verluste wieder auszugleichen. Die Anwendung auf Verdrängung ausgerichteter Preise muß nämlich geahndet werden können, sobald die Gefahr einer Ausschaltung der Konkurrenten besteht.

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