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Document 61994CJ0122

Leitsätze des Urteils

Schlüsselwörter
Leitsätze

Schlüsselwörter

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1. Landwirtschaft ° Wettbewerbsregeln ° Bestimmungen des Vertrages über staatliche Beihilfen ° Anwendbarkeit im Weinsektor ° Auswirkung ° Befugnis des Rates, ausnahmsweise angesichts aussergewöhnlicher Umstände eine Beihilfe zu genehmigen

(EG-Vertrag, Artikel 42 und 92 bis 94; Verordnung Nr. 822/87 des Rates, Artikel 76)

2. Landwirtschaft ° Wettbewerbsregeln ° Beihilfen ° Ausnahmsweise Genehmigung von Beihilfen durch den Rat ° Gerichtliche Nachprüfung ° Grenzen ° Entscheidung über die Genehmigung von Sonderbeihilfen für die Destillation bestimmter Weine des Wirtschaftsjahres 1993/94 in Italien und in Frankreich ° Kein offensichtlicher Beurteilungsfehler

(EG-Vertrag, Artikel 39 und 93 Absatz 2 Unterabsatz 3)

3. Handlungen der Organe ° Begründungspflicht ° Umfang

(EG-Vertrag, Artikel 190)

Leitsätze

1. Da der Rat gemäß Artikel 42 des Vertrages durch Artikel 76 der Verordnung Nr. 822/87 die Artikel 92 bis 94 des Vertrages, die staatliche Beihilfen betreffen, auf die Erzeugung von und den Handel mit Wein für anwendbar erklärt hat, kann er die ihm durch Artikel 93 Absatz 2 Unterabsatz 3 des Vertrages eingeräumte Befugnis, darüber zu entscheiden, ob aussergewöhnliche Umstände es rechtfertigen, daß eine staatliche Beihilfe in Abweichung von Artikel 92 oder von den nach Artikel 94 erlassenen Verordnungen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar gilt, im Weinsektor ausüben.

2. Das Ermessen, über das der Rat verfügt, wenn er bei der Durchführung der gemeinsamen Agrarpolitik einen komplexen wirtschaftlichen Sachverhalt beurteilen muß, bezieht sich nicht ausschließlich auf die Art und die Tragweite der zu erlassenden Bestimmungen, sondern in bestimmtem Umfang auch auf die Feststellung von Grunddaten insbesondere in dem Sinne, daß es ihm freisteht, sich gegebenenfalls auf globale Feststellungen zu stützen. Genau dies ist der Fall, wenn der Rat über die Frage zu befinden hat, ob gemäß der ihm durch Artikel 93 Absatz 2 Unterabsatz 3 des Vertrages eingeräumten Befugnis zu entscheiden ist, daß aussergewöhnliche Umstände es rechtfertigen, eine Beihilfe in Abweichung von Artikel 92 des Vertrages als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar anzusehen.

Die richterliche Kontrolle der Ausübung einer solchen Befugnis muß sich auf die Prüfung beschränken, ob kein offensichtlicher Fehler bei der Beurteilung der Daten des Einzelfalls oder ein Ermessensmißbrauch vorliegt oder ob der Rat die Grenzen seines Ermessens hinsichtlich der zu treffenden Maßnahmen nicht offensichtlich überschritten hat.

Angewandt auf die Entscheidung des Rates, nationale Sonderbeihilfen für die Destillation bestimmter im Wirtschaftsjahr 1993/94 in Frankreich und in Italien erzeugter Weine zu genehmigen, hat diese Kontrolle keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler in der von ihm vertretenen Ansicht erkennen lassen, daß das Ziel der Sicherstellung eines angemessenen Einkommens der Weinerzeuger besonders zu betonen sei, daß keine tatsächliche und dauerhafte Störung der Funktionsfähigkeit der gemeinsamen Marktorganisation zu befürchten sei und daß die genannten Beihilfen ausnahmsweise so weit und so lange mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar seien, wie es für die Behebung des festgestellten Ungleichgewichts unbedingt erforderlich sei.

3. Die nach Artikel 190 des Vertrages vorgeschriebene Begründung muß zwar die Überlegungen der Gemeinschaftsbehörde, die den angefochtenen Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, daß die Betroffenen ihr die Gründe für die getroffene Maßnahme entnehmen können und der Gerichtshof seine Kontrolle ausüben kann; sie braucht jedoch nicht sämtliche tatsächlich oder rechtlich erheblichen Gesichtspunkte zu enthalten. Die Frage, ob die Begründung einer Entscheidung diesen Erfordernissen genügt, ist nämlich nicht nur im Hinblick auf ihren Wortlaut zu beurteilen, sondern auch anhand ihres Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften, die das betreffende Gebiet regeln. Lässt sich also dem angegriffenen Rechtsakt der vom Gemeinschaftsorgan verfolgte Zweck in seinen wesentlichen Zuegen entnehmen, so wäre es unnötig, eine besondere Begründung für jede der fachlichen Entscheidungen zu verlangen, die das Organ getroffen hat.

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